Kleines Herz in Not
sah die Traurigkeit in ihrem Blick und konnte sich keinen Reim darauf machen.
„Körperliche Anziehungskraft gehorcht keinen Gesetzen", flüsterte Greeley. „Sie macht einem nur das Leben schwer."
Was meinte sie damit? Plötzlich verstand er, worauf sie hinauswollte. „Du denkst, es geht mir nur um Sex?"
„Wir kennen uns doch überhaupt nicht."
Er lachte und presste sie noch fester an sich. „Ist das alles? Das können wir ändern. Bleib einfach hier."
Am liebsten hätte er sie noch einmal geküsst, aber ein Geräusch lenkte ihn ab. Big Ed stand an der Tür. Mit hängenden Schultern und ganz langsam betrat er die Küche. Er sah aus wie ein Mann, der aufgegeben hatte.
Quint ließ Greeley los und überlegte, wie er seinen Großvater aufmuntern konnte. Vielleicht aß er ja doch etwas. „Hast du Hunger? Der Auflauf ist gleich fertig."
Edward Damian schüttelte den Kopf. „Ich konnte einfach nicht schlafen. Es gibt noch so viel zu erledigen. Deine Mom und Phil haben ihren Flug doch schon gebucht."
„Ich rufe sie gleich an." Der ausdruckslose Tonfall seines Großvaters bereitete Quint große Sorgen.
„Ich muss die Hochzeit absagen und die Gäste informieren."
„Ich kümmere mich darum, Granddad. Du kannst dich auf mich verlassen."
Big Ed machte eine hilflose Geste. „Fern hat alles arrangiert. Ich habe keine Ahnung, was sie geplant hat."
„Das finde ich heraus."
„Vielleicht weiß Quints Sekretärin Bescheid", sagte Greeley.
Big Ed blickte sie starr an. Es war fast so, als hätte er sie noch nie zuvor gesehen. Erschrocken atmete Quint tief durch. Sein Großvater hatte durch den Schock doch nicht etwa einen leichten Schlaganfall erlitten? Sollte er den Arzt rufen?
Greeley ging auf den alten Mann zu und berührte seinen Arm. „Kann ich Ihnen ein Glas Wasser holen?"
Big Ed tätschelte ihr die Hand. „Sie sind wirklich nett. Ich habe mich selbst bemitleidet und dabei völlig vergessen, dass auch Sie großen Kummer haben. Immerhin ist sie ja Ihre Mutter. Geht es Ihnen gut?"
Greeley blickte zu Boden. „Ich denke schon", antwortete sie leise. Es dauerte einen Augenblick, bis sie sich wieder gefasst hatte. „Ich bin es gewohnt, dass sie mich im Stich lässt."
Er betrachtete sie stirnrunzelnd. „Ich nehme schnell den Auflauf aus dem Ofen." Sie wandte sich ab und stolperte prompt über einen der Küchenstühle.
„Ist wirklich alles in Ordnung?" Schnell kam Quints Großvater zu ihr und nahm ihren Arm.
„Ich habe nur etwas im Auge." Tapfer lächelte sie ihn an und wischte sich mit dem Handrücken die Augen.
Quint verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich gegen den Küchenschrank. Sie ist eine hervorragende Schauspielerin, dachte er, das muss ich ihr lassen.
„Setzen Sie sich", befahl Big Ed energisch. „Möchten Sie etwas trinken?"
„Ich hätte gern ein Glas Wein", sagte Greeley leise. „Natürlich nur, wenn Sie so etwas im Haus haben."
„Selbstverständlich. Quint, hol eine Flasche Wein aus dem Keller."
„Würden Sie mir den Gefallen tun, Mr. Damian, und zusammen mit mir etwas trinken?" Big Ed setzte sich neben sie und tätschelte ihr wieder die Hand. „Gern."
Quint holte den Wein und zwei Gläser und schenkte ein. Dann deckte er den Tisch, nahm den Salat aus dem Kühlschrank und den Auflauf aus dem Ofen. Die ganze Zeit lauschte Edward Damian fasziniert Greeleys lebhaften Beschreibungen vom Leben auf der Double Nickel Ranch und aß mit Appetit.
Das ist genau die richtige Kur für Granddad, dachte Quint erfreut. Er mischte sich nicht ein, sondern begnügte sich mit der Rolle des Chefkochs und Obers. Nachdem er das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine gestellt hatte, folgte er Big Ed und Greeley ins Wohnzimmer und brachte seinem Großvater den obligatorischen Cognac. Greeley lehnte dankend ab. Inzwischen waren beide beim „Du" angelangt. Edward Damian erzählte von den Anfängen seiner Spedition. Die meisten Frauen hätte dieses Thema gelangweilt, aber nicht Greeley. Sie stellte interessiert Zwischenfragen und lauschte gebannt.
Als sein Großvater schließlich aufstand und ihnen eine gute Nacht wünschte, war es zu spät für Greeley, um die Reise nach Aspen anzutreten. Genau darauf hatte er, Quint, gehofft.
Er wartete, bis sein Großvater verschwunden war, und prostete ihr dann mit dem Cognacschwenker zu. „Du bist eine Meisterin der Verstellung." Vielleicht würde er sich ja doch noch in sie verlieben.
9. KAPITEL
Was unterstellte er ihr nun schon wieder?
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