Kleines Herz in Not
Greeley betrachtete Quint argwöhnisch und versuchte herauszufinden, ob er sich über sie lustig machte. „Ich habe mich nicht verstellt. Alles, was ich gesagt habe, entspricht der Wahrheit."
„Die Wahrheit kann man verdrehen", erwiderte er spöttisch. „,Ich bin es gewohnt, dass sie mich im Stich lässt', ,Ich habe etwas im Auge' ,,Würden Sie mit mir trinken?"'
Seine Worte taten weh. Sie hatte nichts Böses getan, sie hatte nur seinem Großvater helfen wollen. Gerade er musste das doch verstehen! „Ich weiß nicht, was du hast. Wenigstens war dein Granddad etwas abgelenkt."
Quint stellte das Glas auf den Tisch und setzte sich neben sie aufs Sofa. Er nahm ihre Hand und küsste sie. „Ich danke dir."
Er hatte es also doch ernst gemeint. Erleichtert atmete sie durch. „Gern geschehen."
Quint lachte. Er lehnte sich zurück, streckte die Beine aus und zog sie an sich.
Greeley wehrte sich nicht, sondern legte dankbar den Kopf an seine Schulter. Schweigend saßen sie nebeneinander, bis er schließlich leise sagte: „Irgendwie werde ich nicht schlau aus dir, Greeley Lassiter. Ich kann deine Reaktionen nicht voraussagen. Du bist ein Rätsel, aber ich liebe Herausforderungen. Du auch?"
Sein verführerischer Tonfall ließ sie erschauern. Greeley verspürte Hoffnung, Vorfreude und ... noch etwas anderes, das sie schwindelig machte. „Als ich noch klein war, haben wir oft in einem Bach in der Nähe der Double Nickel Ranch gebadet. Eines Tages hat Beau uns von Piranhas erzählt, die dort angeblich lebten."
„Und du hast ihm geglaubt?" Quint blickte sie forschend an.
„Natürlich nicht. Jedenfalls nicht richtig. Um das zu beweisen, bin ich immer als Erste ins Wasser gesprungen. Ich wollte zeigen, dass ich keine Angst hatte." Er hatte begonnen, rhythmisch ihre Arme zu streicheln, und sie schloss die Augen. Es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren.
„Hältst du mich für einen Piranha?"
Seine Liebkosungen wurden intensiver. Noch nie hatte sie einen Mann getroffen, der so mit ihren Gefühlen spielen konnte. Und der so gefährlich war. „Keine Ahnung. Bist du einer?"
„Ich bin eher friedliebend. Glaubst du, dass wir nach diesem ganzen Dilemma noch Freunde werden können?"
Freunde! Sie hatte sich mehr erhofft. Wieso eigentlich? fragte sie sich verärgert. Sie war Fern Kellys Tochter. Quint und sie hatten keine gemeinsame Zukunft. Zu viel stand zwischen ihnen. Greeley rang sich ein Lächeln ab. „Ich denke schon."
„Das ist doch ein Anfang." Sein rauer Tonfall überraschte sie, und sie blickte auf. Die Leidenschaft in seinen Augen war nicht zu übersehen. Wie gern hätte sie nachgegeben und mit Quint geschlafen. In seinen Armen würde sie alles vergessen können.
Nein, sie durfte es nicht tun. Jedenfalls nicht sofort. Er war wie ein unbekanntes Wasser mit gefährlichen Untiefen. „Auf unsere Freundschaft." Greeley reichte ihm die Hand. „Schlag ein."
„Nein." Bevor sie reagieren konnte, hatte Quint sie an sich gepresst und ihr Gesicht umfasst. „Lass es uns mit einem Kuss besiegeln."
Warum nicht? Sie hatte ihn schon vorher geküsst. „In Ordnung." Ihre Lippen berührten einander, und nach kurzem Zögern öffnete sie den Mund und ließ Quint gewähren.
Quint stand am Fenster seines Büros und blickte nach draußen. Greeley reparierte zusammen mit seinem Vorarbeiter Jack den Motor eines großen Trucks. Es war, als würde sie schon jahrelang für „Damian Trucking" arbeiten.
Leider war es nur eine Illusion. Ihm war es zwar gelungen, Greeley noch drei Tage länger in Denver zu halten, aber sie würde nicht mehr lange bleiben. Sie musste zurück nach Aspen. Ihre Familie und ihr altes Leben warteten auf sie.
Er wollte Greeley nicht verlieren.
Dafür hatte er alles in die Waagschale geworfen, was ihm zur Verfügung stand. Die Skulptur und Big Eds schlechten Gesundheitszustand. Jetzt hatte er langsam keine Ausreden mehr. Bald würde sie abreisen.
Das musste er mit allen Mitteln verhindern. Er wollte sie. Noch nie hatte er sich etwas mehr gewünscht.
Greeley würde Ja sagen. Wenn sie so weit war.
Es lohnte sich, auf sie zu warten, da war Quint sich sicher.
Er musste seine Ungeduld zügeln, egal, wie schwer es ihm fiel. Am liebsten wäre er auf der Stelle mit ihr nach Hause gefahren und hätte sie so lange in seinem Schlafzimmer eingeschlossen, bis er alles über sie herausgefunden hatte. Wirklich alles.
„Warum stellst du deinen Schreibtisch nicht gleich ans Fenster?" fragte seine Sekretärin
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