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Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden

Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden

Titel: Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gütersloher Verlagshaus
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zeigt der »Fall« Martin Luther. Seine Kritik galt nicht nur dem Ablasswesen, sondern auch genau dieser Selbstdefinition der katholischen Kirche als alleinige Heilsvermittlerin. Nicht auf das Für-wahr-Halten kirchlicher Lehren und das Befolgen von Riten komme es an, sondern allein auf das Wort Gottes und den Glauben des einzelnen Menschen, meinte er. Dennoch hielten auch die Reformatoren die Kirche nicht für überflüssig. Luthers Freund Melanchthon bezeichnet die Kirche im »Augsburger Bekenntnis« als »Versammlung aller Gläubigen, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente dem Evangelium gemäß dargereicht werden«. Von Menschen gemachte und nicht biblisch begründbare Rituale und Dogmen jedoch hielt er für überflüssig. Die Kirche erscheint also als Gemeinschaft, in der der Glaube geteilt und in Predigt und Sakramenten Gemeinschaft auch mit Gott gesucht wird. Brauchen Christen das für ihr Christsein, wenn es doch letztlich »nur« auf den Glauben und die eigene Hinwendung zu Gott ankommt? Nein, werden viele darauf antworten, glauben kann ich auch ohne Kirche. Und die Kirchen? Angesichts des Mitgliederschwundes in Zugzwang, versteigen sie sich im Kleinen wie im Großen allzu oft in möchtegernaktuelle Aktionen, die alles in den Vordergrund zu stellen scheinen, nur nicht ihre eigentliche Botschaft. Die Botschaft vom auferstandenen Christus, die zu Beginn des Christentums so viele Menschen zu faszinieren vermochte, gerät aus Angst, an Einfluss zu verlieren oder nicht »up to date« zu sein, immer weiter in den Hintergrund. Während in lutherischen Gemeinden zu Halloween Köpfe des Reformators aus Kürbissen geschnitzt werden, ertönen aus konservativer und freikirchlicher Richtung Rufe nach einem sittsameren »bibeltreuen«
Leben, um die Welt vor ihrem endgültigen Versinken in Sünde und Chaos zu bewahren. Gemischt mit den oft welt-und lebensfremd erscheinenden Auftritten und Äußerungen offizieller Kirchenvertreter in den Medien ergibt das kein besonders anziehendes Bild von Kirche, das sich in den Köpfen der Menschen festsetzt. Nachvollziehbar, dass sich Sinnsuchende doch lieber alleine auf den Weg machen, den Glauben zu finden.
    Wer allerdings lange genug auf der Suche war, mag zwischen den unzähligen Angeboten spiritueller Erfahrungsmöglichkeiten der heutigen Zeit vielleicht irgendwann wieder auf eine Kirchengemeinde treffen. Vielleicht ist es dann eine, in der er sich heimisch fühlen kann, eine, die sich statt auf Aktionismus oder Schwarzweißmalerei auf ihre eigentlichen Wurzeln besinnt: auf die Gemeinschaft zwischen den Gläubigen und mit Gott, für die das Abendmahl ein schönes Symbol ist, die die alten Erzählungen der Bibel über Erfahrungen ganz normaler Menschen mit Gott und mit Jesus ohne moralischen Zeigefinger weitererzählt. Vielleicht kann der Suchende dann entdecken, was Kirche wirklich ausmacht. Kirche ist weder nur ein »heiliges« Gebäude noch eine weltentfremdete Institution. Kirche ist tatsächlich vor allem Gemeinschaft der Gläubigen. Glaube ist nicht nur Privatsache. Wenn jeder nur denkt und glaubt, was er für richtig hält, wird das, was den Glauben ausmacht, plötzlich austauschbar und löst sich in Beliebigkeiten auf. Glaube ist auch kaum lehr- und lernbar ohne glaubende Vorbilder und Erfahrungsaustausch.
    Es gibt sicher viele Christen, die sich aufgrund nachvollziehbarer Argumente von einer der institutionalisierten Kirchen trennen und dennoch weiter Christen bleiben. Nein, Kirchenmitglied muss man nicht sein, um Christ zu sein. Aber zum Christsein und zum Glauben gehören auch Gemeinschaft und Austausch, nicht in Gehorsam und unbedingtem Einverständnis mit allen Lehren und Riten, sondern in Freiheit und fruchtbarer Auseinandersetzung mit den Traditionen und Glaubenserfahrungen von heute und zu biblischen Zeiten. Kirche kann – wenn sie in
der Schnelllebigkeit und Unübersichtlichkeit unserer Zeit weder ihre Wurzeln noch ihre Offenheit für sinnvolle neue Gedanken verliert – hierfür den Rahmen bieten und ein Bollwerk gegen die Beliebigkeit sein.
    Es ist leicht zu definieren, wer ein CHRIST ist
    Vom christlichen Abendland ist viel die Rede, in deren Unterton die Botschaft mitschwingt: Der Islam passe eigentlich nicht in diese Region. Oder habe sich gefälligst der christlichen Prägung des Abendlandes anzupassen. Die aggressive Variante dieser Haltung war in Österreich zu sehen: »Abendland in Christenhand« lautete dort ein Wahlspruch

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