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Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden

Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden

Titel: Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gütersloher Verlagshaus
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Menschen, mit seinen Jüngern ein letztes Mal zusammen gegessen. Offensichtlich ahnte er schon, dass er nicht mehr lange leben würde, denn diesmal sprach er, als er Brot und Wein verteilte, ganz besondere Worte, die sowohl in den Evangelien als auch durch Paulus überliefert sind. Bei Markus ist zum Beispiel zu lesen, als Jesus den Kelch mit dem Wein herumreichte, habe er gesagt: »Das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird« (Markus 14,24). Haben die Jünger damals also tatsächlich Jesu Blut getrunken und tun Christen das beim Abendmahl auch heute noch? Es war doch Wein im Kelch, wie soll der sich denn in Jesu Blut verwandelt haben? Über diese Fragen wurde und wird immer wieder diskutiert. In der Frühzeit des Christentums jedoch gab es noch keine so großen Irritationen, denn dem Denken der damaligen Zeit war eine strikte Unterscheidung zwischen Symbol und Wirklichkeit fremd. Wer symbolisch etwas tat, hatte zugleich auch teil an der durch das Symbol repräsentierten Wirklichkeit. Dass weder die Jünger noch die ersten Christen Jesu Worte so verstanden haben, dass es hier tatsächlich um das reale Trinken von Blut gehen könnte, wird schon deutlich, wenn man sich bewusst macht, dass
Jesus Jude war. Juden glauben, dass im Blut die Lebenskraft der Menschen und Tiere steckt, über die ausschließlich Gott verfügen darf. Deswegen ist im Judentum auch bis heute der Verzehr von blutigem Fleisch tabu. Auch in Jesu Ausspruch, wie ihn Markus festhält, scheint es nur auf den ersten Blick tatsächlich um das Trinken von Blut zu gehen. Auf den zweiten Blick stellt man fest, dass das Blut ja erst noch »vergossen wird«, also beim letzten Abendmahl nicht im Kelch gewesen sein kann. Jesus weist mit seinen Worten vielmehr schon auf seinen bevorstehenden Kreuzestod hin. Da die Abendmahlsworte Jesu zunächst mündlich überliefert wurden und die Menschen dabei wohl mehr auf das inhaltlich Gemeinte und weniger auf den genauen Wortlaut achteten, sind heute in den Evangelien und bei Paulus unterschiedliche Formulierungen zu finden. Schaut man sich die Formulierung an, die Paulus im Brief an die Korinther festhält, wird noch deutlicher, dass Jesus und auch den ersten Christen hier gar nicht in den Sinn kam, es könne um den tatsächlichen Genuss von Blut gehen. Hier geht es eindeutig um den Kelch, der herumgereicht wird, um den neuen Bund, den Gott durch Jesu blutigen Kreuzestod mit den Menschen schließen wird, und um die Aufforderung, solche Mahlgemeinschaften, in denen Brot und Wein geteilt werden, im Gedächtnis an Jesus auch in Zukunft gemeinsam zu wiederholen.
    Brot und Wein stehen also symbolisch für Jesus, der, wenn Menschen das Abendmahl feiern, auch nach seinem Tod an diesen Mahlgemeinschaften in besonderer Weise teilhat. Für die ersten Christen war eine solche Vorstellung selbstverständlich. Der Streit darüber, wie man sich das denn nun genau vorzustellen habe, begann erst im Mittelalter, als Symbol und Wirklichkeit langsam ihre enge Verbindung verloren.

C
Jesus war der erste CHRIST
    Dieser Irrtum hält sich besonders hartnäckig. Es klingt ja so plausibel: Wer Christus genannt wird und die Religion des Christentums begründet hat, muss doch der erste Christ gewesen sein! Falsch gedacht, denn Jesus war und blieb bis zu seinem Tod Jude; und ob er tatsächlich eine neue Religion begründen wollte, muss stark bezweifelt werden. Wie aber kam es dann dazu, dass sich das Christentum entwickelte? Und wer war der erste Christ, wenn nicht Jesus?
    In den Evangelien wird deutlich: Jesus war Jude, genau wie seine Eltern. Er wuchs in der jüdischen Tradition auf und befolgte deren Sitten und Gebote. Er kannte die Heiligen Schriften der Juden genau und feierte wie alle Juden das Passafest. Er stellte sich nicht gegen das Judentum, sondern glaubte an den Gott, von dem in der Tora die Rede ist, und er wollte die alten jüdischen Gesetze auch nicht aufheben, sondern sagte: »Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen« (Matthäus 5,17). Jesu Botschaft ist nur vor dem Hintergrund der jüdischen Vorgeschichte und den schon im Alten Testament anklingenden Vorstellungen richtig zu verstehen. Jesus rechnete, wie viele andere Juden damals, zum Beispiel auch sein Vorgänger Johannes der Täufer, mit dem baldigen Untergang der Welt und dem Anbrechen des Reiches Gottes. Von diesem Gottesreich wollte er den Menschen

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