Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden
mit vielleicht vierzehn Jahren unerwartet und nicht von ihrem Verlobten schwanger wurde, zu einer solch einflussreichen und verehrten Lichtgestalt wurde?
Das Neue Testament berichtet nur sehr spärlich über die Mutter Jesu. Außerdem scheint Jesus ein recht distanziertes Verhältnis zu ihr gehabt zu haben, denn er spricht sie nie mit »Mutter«, sondern immer nur mit »Frau« an: »Was geht’s dich an, Frau, was ich tue?« (Johannes 2,4). Die legendären Berichte des Lukas-und Matthäusevangeliums über die Kindheit Jesu sind im Grunde die einzigen Informationsquellen. Danach verkündete der Erzengel Gabriel ihr, dass sie bald durch den Heiligen Geist schwanger werde. Als Josef von dieser Schwangerschaft erfährt, an der er ja nicht beteiligt war, will er sich am liebsten heimlich aus dem Staub machen, doch auch ihm erschien ein Engel, der ihm gebietet zu bleiben. Der Rest der Geschichte ist bekannt: Maria und Josef ziehen nach Bethlehem und Maria bringt Jesus dort in einem Stall zur Welt. Matthäus berichtet von einer weiteren Mutter-Sohn-Begegnung. Eines Tages standen Maria und Jesu Brüder vor dessen Tür. »Da sprach einer zu ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und wollen mit dir reden. Er antwortete aber und sprach zu dem, der es ihm ansagte: Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder?« (Matthäus 12,47f). Ein wirklich schwieriges Verhältnis offensichtlich. Von Geschwistern Jesu ist sowohl in den Evangelien als auch bei Paulus noch mehrmals, teilweise sogar namentlich die Rede. Mag sich jeder selbst überlegen, was er angesichts dessen von der Lehrmeinung
der katholischen Kirche hält, damit seien Neffen Josefs gemeint. Eine ewige Jungfrau darf halt keine normalen Kinder haben. Aber wie kann man sich nun die Sache mit dem Heiligen Geist und der jungfräulichen Zeugung vorstellen? Zunächst einmal ist festzuhalten, dass das Motiv der Jungfrauengeburt auch in anderen Religionen keine Seltenheit ist. Meist ging es dabei einfach darum, herauszustellen, dass etwas Göttliches in die Welt kam. Während Lukas nur sagt, dass Maria Jungfrau gewesen sei, betont Matthäus auch die jungfräuliche Zeugung durch den Heiligen Geist. Dabei beruft er sich auf ein Prophetenwort, in dem von einer schwangeren Jungfrau die Rede sei. Tatsächlich heißt es in diesem Text des Propheten Jesaja (7,14) allerdings nicht Jungfrau, sondern »alma«, Mädchen. Ins Griechische übertragen wird daraus »parthenos«, was sowohl Jungfrau als auch junge Frau heißen kann.
Das Christliche Bekenntnis zur Jungfrauengeburt möchte ursprünglich weniger etwas über Maria aussagen, sondern vor allem die besondere Bedeutung Jesu betonen. An seiner Geburt wirkten Gott und Maria mit: Jesus ist wahrer Mensch und wahrer Gott.
Über Maria lässt sich auf biblischer Grundlage nur sagen, sie war Jung-Frau, ein Mädchen, das unerwartet schwanger wurde.
K
Christen dürfen an KARFREITAG nicht tanzen
Wer glaubt, dies sei ein Irrtum, der irrt. Tatsächlich sind öffentliche Tanzveranstaltungen an Karfreitag in allen Bundesländern verboten. Aber auch Konzerte, Sportveranstaltungen oder sonstige öffentliche Unterhaltungsangebote fallen in vielen Bundesländern unter dieses Verbot. In einigen Ländern gelten ähnliche Bestimmungen auch für andere Feiertage, aber am striktesten betreffen sie den »stillen Feiertag« Karfreitag. Abgesehen davon, dass Veranstaltern wie auch vielen Glaubensfernen ein solcher Eingriff in ihre Interessen heute immer weniger gefällt und dass das Verbot mit mehr oder weniger angestrengter Spitzfindigkeit auch immer häufiger umgangen wird: Wozu soll ein solches Verbot überhaupt gut sein? Wie kommt man darauf, an einem Feiertag das Tanzen zu verbieten?
Das ergibt sich natürlich aus dem Anlass dieses Feiertages. Eigentlich ist es nämlich gar kein Feier-, sondern ein Trauertag. An diesem Tag erinnern sich Christen an die Kreuzigung und den Tod Jesu. »Kara« ist das althochdeutsche Wort für Sorge. Dieser Tag muss für die Jünger Jesu ein Tag der Verzweiflung gewesen sein. Jener Jesus, auf dessen Botschaft sie vertraut, den einige sogar für den Messias gehalten hatten, stirbt am Kreuz – die schmählichste Todesart für damalige Juden – und Gott greift nicht ein. Zu diesem Zeitpunkt wussten sie noch nichts von Ostern.
Für evangelische Christen ist Karfreitag der höchste Feiertag, denn wir glauben, was Markus dem Hauptmann unter dem Kreuz in den Mund gelegt hat: »Wahrlich, dieser Mensch ist
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