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Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden

Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden

Titel: Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gütersloher Verlagshaus
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Augenaufschlag, oft mit einem Salbentöpfchen in der Hand, so wird Maria Magdalena auf Gemälden aus unterschiedlichsten Jahrhunderten meist dargestellt. Eine Frau im Jüngerkreis Jesu, die eine so bedeutende Rolle gespielt hat, dass man sie in der späteren Überlieferung nicht einfach übergehen konnte, hat die Fantasien der Männer im Laufe der Zeit immer wieder beflügelt. Erzählungen von namenlosen Sünderinnen und Ehebrecherinnen wurden schon früh mit ihrem Namen verknüpft, und auch heute noch kursieren Legenden, die besagen, Maria habe ein intimes Verhältnis zu Jesus gehabt und nach seinem Tod ein Kind von ihm bekommen.

    Was aber wissen wir wirklich über Maria Magdalena? In welchem Verhältnis stand sie zu Jesus und seinen Jüngern? Und war sie wirklich Prostituierte? Maria aus Magdala gehörte zu den Frauen, die durch Jesus »von bösen Geistern und Krankheiten« (Lukas 8,2) geheilt wurden. Sie schloss sich den Nachfolgern Jesu an, sorgte, wie andere Frauen auch, für den Lebensunterhalt Jesu und seiner Gruppe und war Zeugin seiner Kreuzigung und Grablegung. Der Evangelist Johannes berichtet, Maria Magdalena sei der erste Mensch gewesen, dem der Auferstandene erschienen ist. Sie war wohl nicht verheiratet, und Vermutungen darüber, dass sie eine erotische Beziehung zu Jesus gehabt haben könnte, kamen schon früh auf und wurden in Legenden und in der Kunstgeschichte immer weiter ausgemalt, obwohl es weder dazu noch zu ihrem weiteren Schicksal zuverlässige Hinweise gibt. Und die Prostituierte? Im sechsten Jahrhundert setzte Papst Gregor der Große Maria Magdalena mit der später als Prostituierte angesehenen Sünderin gleich, die Jesus mit ihren Tränen die Füße wusch, mit ihren Haaren trocknete und mit kostbarem Öl salbte und der Jesus ihre Schuld vergab. Obwohl es in der Bibel keine Anhaltspunkte für diese Gleichsetzung gibt, greifen spätere Legenden – und die Fantasien der Autoren – diese Vorstellung gerne auf und schmücken sie immer weiter aus. Aus purem Wohlergehen sei Maria Magdalena zur Sünderin geworden, heißt es zum Beispiel in einer Legende aus dem 13. Jahrhundert: »Eine Burg Magdala ist ihr Besitz, und weil es ihr so wohl ist, wird sie zur Sünderin.« Maria Magdalena als Prostituierte oder Mutter eines Kindes Jesu – wohl eher ein Produkt männlicher Fantasie, die Frauen ungern als gleichberechtigte Jüngerinnen und wichtige Zeuginnen der Auferstehung Jesu, sondern lieber als sündige Verführerinnen sehen will.
    MYSTIK ist eine vergangene Epoche der Kirchengeschichte
    »Es gibt hier viele, die Licht und Wahrheit gesucht haben, immer aber nur außen, wo sie nicht war. Denn die Wahrheit ist innen in dem Grund und nicht außen« (Meister Eckhart).
    Nein, eine Epoche der Kirchengeschichte ist Mystik nicht, auch keine Besonderheit des christlichen Glaubens. In allen Religionen suchen Menschen immer wieder nach einer unmittelbaren Erfahrung göttlicher Gegenwart, einer Erfahrung, die über Alltagsbewusstsein und Verstand hinausgeht. Das Zitat des Mystikers Meister Eckhart (1260 – 1328) macht es so deutlich wie der vom griechischen Verb myein – »die Augen schließen« – abgeleitete Begriff selbst: Hier geht es nicht um die intellektuelle oder wissenschaftliche Auseinandersetzung mit äußeren Dingen oder Gedanken, sondern um ein individuelles religiöses Erleben. Es kann sowohl ganz spontan als auch hervorgerufen durch Versenkung, Meditation oder Tanz und Ekstase erfahrbar werden. Die Mystikerin Teresa von Avila (1515 – 1582) formulierte das so: »Die Vernunft ist gut, aber besser ist die Liebe, die uns der Vernunft entreißt. Es kommt nicht darauf an, viel zu denken, sondern viel zu lieben.« Ziel ist es, für Augenblicke die Grenze zwischen Menschlichem und Göttlichem aufzuheben, achtsam zu werden und sich zu öffnen für das, was hinter den Dingen aufscheint. Auch Luther war offen für Gedanken der Mystik, die im Mittelalter besonderen Einfluss auf das Glaubensleben gewonnen hatte. »Gleichwie die Sonne in einem stillen Wasser gut zu sehen ist und es kräftig erwärmt, kann sie in einem bewegten, rauschenden Wasser nicht deutlich gesehen werden. Darum, willst du auch erleuchtet und warm werden durch das Evangelium, so gehe hin, wo du still sein und das Bild dir tief ins Herz fassen kannst, da wirst du finden Wunder über Wunder«, meinte er und weist damit gleichzeitig darauf hin, dass es in der christlichen Mystik immer auch um eine Rückbindung der Gotteserfahrung
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