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Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden

Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden

Titel: Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gütersloher Verlagshaus
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23,46). Und bei Johannes ist zu lesen: »Als nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht!, und neigte das Haupt und verschied« (Johannes 19,30). Welcher der Evangelisten hat Recht? Auch bleibt unklar, wen die Frauen an Jesu Grab eigentlich trafen. War es ein Mann oder waren es zwei oder doch eher Engel? Und erzählten die Frauen den anderen Jüngern hinterher von ihrem Erlebnis? »Und sie
gingen wieder weg vom Grab und verkündigten das alles den elf Jüngern und den andern allen« (Lukas 24,9). Oder: »Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemandem etwas; denn sie fürchteten sich«? (Markus 16,8). Auch wenn es um Gottes eigene Einstellung zum Lügen geht, scheint er beim Diktieren ein wenig undeutlich gesprochen zu haben, oder wie soll man sich sonst erklären, dass er zwar nicht lügen kann, »denn es ist unmöglich, dass Gott lügt« (Hebräer 6,1), und den Menschen gebietet: »Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten« (2. Mose 20,16), dann aber Menschen zum Lügen anstiftet : »Nun siehe, der Herr hat einen Lügengeist gegeben in den Mund aller deiner Propheten« (1. Könige 22,23)? Und auch Jesus scheint sich seiner selbst nicht sicher zu sein, denn zunächst sagt er: »Wenn ich von mir selbst zeuge, so ist mein Zeugnis nicht wahr« (Johannes 5,31), nur wenig später aber: »Auch wenn ich von mir selbst zeuge, ist mein Zeugnis wahr« (Johannes 8,14). In der Bibel ist von Dinosauriern, vom Urknall, vom Weltraum und von Evolution keine Rede, stattdessen spricht sie davon, dass Gott die Erde in sechs Tagen geschaffen hat, dass sich über der Himmelsfeste und unter der Erde Wasser befindet, dass Noah bei der Sintflut von allen Tierarten mindestens ein Paar auf einer Arche unterbringen konnte. Lauter Lügen? Die Verfechter der Irrtumslosigkeit bleiben dabei: Nicht die Bibel irrt, sondern die moderne Wissenschaft. Aber kann das die Lösung sein? Macht man sie in den Augen vernünftig denkender Menschen damit nicht erst zu einem Buch voller Lügen?
    Ja, die Bibel enthält Unklarheiten und lässt sich nicht vollständig mit dem modernen Weltverständnis vereinbaren. Im Gegensatz zu jenen allerdings, die so gerne eine verlässliche und einfache Richtschnur hätten, um ohne Anstrengung entscheiden zu können, was für richtig oder für falsch gehalten werden muss, traut Gott den Menschen deutlich mehr zu. Er verkündet keine bequeme, unverrückbare Wahrheit, sondern er lässt die Menschen Erfahrungen machen und traut ihnen zu, etwas von ihm auch in
der Fülle an Erfahrungen, von denen die Bibel berichtet, zu erkennen. Sie verliert nicht, wie so viele befürchten, dadurch an Relevanz, dass man sie für von Menschen überliefert und nicht für irrtumsfrei hält. Die Widersprüchlichkeiten und unterschiedlichen Sichtweisen fordern vielmehr dazu auf, den überlieferten persönlichen Glauben mit der heutigen Lebenswelt neu in Bezug zu setzen, nachzudenken, selbst verantwortlich zu werden, statt Glaubenssätze unhinterfragt zu übernehmen. Gerade diese Offenheit macht die Bibel zu etwas Besonderem. In der Fülle an überlieferten Erfahrungen können sich Gläubige selbst wiederfinden oder sich durch ungewöhnliche Sichtweisen zum Nachdenken anregen lassen. Die Bibel ist gerade deshalb zu einem so reichen Buch geworden, weil sie für neue Erfahrungen und Interpretationen offen geblieben ist. Wer versucht, sie zur unverrückbaren, diktatorischen Wahrheit zu erheben, läuft Gefahr, ihren wirklichen Wert und ihre Lebendigkeit zu zerstören.
    LUTHER ist der Heilige der Protestanten
    Ob Martin Luther das gefallen hätte, als Heiliger bezeichnet zu werden? Es kommt sicher darauf an, was man darunter versteht. Die Auswüchse der katholischen Heiligenverehrung zu seiner Zeit haben Luther jedenfalls gar nicht gefallen. »Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus« (1. Timotheus 2,5), zitiert er und kritisiert damit die Vorstellung, man könne sich durch Fürbittgebete zu den Heiligen einen besseren Ruf bei Gott verschaffen. Außerdem sieht er die Gefahr, dass die Heiligen wie kleine Götter für bestimmte Lebensbereiche angebetet werden und dass man sich von ihnen, statt von Gott selbst Hilfe erhofft. Der einzige Fürsprecher vor Gott sei Jesus, betont er, andere Fürsprecher
seien überflüssig, jeder könne genauso gut auch direkt zu Gott beten. Damit verloren

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