Kleines Lexikon christlicher Irrtümer - von Abendmahl bis Zungenreden
die Heiligen im Protestantismus an Bedeutung. Jahrhunderte lang betrachteten Protestanten die katholische Heiligenverehrung mit großer Skepsis und dem Verdacht, dass die Katholiken neben Gott auch noch die Heiligen anbeteten. Dennoch ist in den letzten Jahren auch unter Protestanten wieder vermehrt von »Heiligen« die Rede. Neben traditionellen Heiligen werden da unter anderem auch Dietrich Bonhoeffer genannt, Martin Luther King oder Dorothee Sölle. Natürlich käme kein Protestant auf die Idee, Fürbittgebete an sie zu richten. Es wird auch niemand offiziell nach kirchlichen Kriterien zum Kreis einiger weniger Heiliger hinzugezählt. Sie gelten vielmehr als Glaubensvorbilder. Schon Luther hatte ja nur den äußeren Kult kritisiert, den die Gläubigen um Heilige und ihre Reliquien praktizierten. »Dass man den Heiligen gedenken soll, damit wir unseren Glauben stärken, wenn wir sehen, wie ihnen Gnade widerfahren und auch wie ihnen durch den Glauben geholfen worden ist«, und dass man sich »an ihren guten Werken ein Beispiel nehmen« könne, hielt er durchaus für sinnvoll.
Solche Glaubensvorbilder können zum Beispiel zeigen, wie man für seinen Glauben einstehen kann, selbst wenn es unbequem oder gefährlich wird. Wie man im Vertrauen auf seinen Glauben an Gottes liebende, befreiende Gegenwart besonders da Einspruch erheben kann, wo andere schweigend wegschauen. Da, wo Menschen ihren Glauben kompromisslos, aber nicht rücksichtslos leben, kann Gott erfahrbar werden. Es lohnt sich auch für evangelische Christen, dieses Verständnis von Heiligkeit wiederzuentdecken.
Ob man als Lutheraner Luther für einen Heiligen, ein Vorbild halten sollte? Angesichts seiner Einstellung zum Bauernkrieg und vor allem seiner unhaltbaren Äußerungen den Juden gegenüber sollte man sich das heute gründlich überlegen.
M
Das frühe Christentum hat sich unter Anwendung von MACHT ausgebreitet.
Wahrhaft atemberaubend ist der Weg des Christentums in den ersten Jahrhunderten. Grundlegende theologische Entscheidungen werden getroffen. Die Kirche trennt sich von Irrlehre(r)n, formuliert Dogmen, die bis heute gelten. Theologen schaffen Denksysteme, die wegen ihrer kühnen Zusammenschau von Philosophie und Glaube, von Kirche und Kultur, von Wahrhaftigkeit und Wissenschaft ungebrochen Faszination ausüben.
Ausgerechnet einer der eifrigsten Christenverfolger, der pharisäische Jude Paulus, wird aufgrund einer visionären Christusoffenbarung zum Katapult des Christentums in die gesamte heidnische Mittelmeerwelt hinein. Die Abgrenzung vom jüdischen Glauben führte zum »Sieg« des Christentums.
Was machte den christlichen Glauben zum Sieger auf dem römischen multireligiösen Markt der Weltanschauungen? Vier Eigenschaften: Wandlungsfähigkeit . Die Urkirche behielt das eigene Glaubensprofil bei, nahm aber Elemente aus anderen populären Kulten auf, zum Beispiel mystische Sehnsüchte und asketische Übungen. Wahrhaftigkeit . Diejenigen Theologen setzten sich durch, die die heiligen Schriften des Judentums und die Jesusgeschichten nicht ergänzen, sondern redlich auslegen wollten. In einem leidenschaftlichen Prozess hat sich jener Glaube als orthodox herausgebildet, der weder unbequeme Texte der Bibel ausmerzte noch die Überlieferung durch eigene »Offenbarungen« ergänzte. Leidensbereitschaft . Für ihre Überzeugung ertrugen die Gläubigen schwerstes Leiden. Im Blick auf den Gekreuzigten
schmolz die Angst vorm Tod dahin. Erlösungsgewiss ertrugen viele Christen das ihnen auferlegte Martyrium. Im Nachhinein erwiesen sich die grausamen Christenverfolgungen sogar als hilfreich für die Ausbreitung des christlichen Glaubens. Gottesbild . Der Gott der Christen ist keine mythische Gestalt (wie die römischen Götter), er erschöpft sich nicht in zeitloser Wahrheit (wie die Philosophen behaupteten) und lässt sich nicht durch Opfer oder geheime Rituale beschwören (wie die Mysterienkulte es praktizierten). Dass Gott in Christus als Person zu den Menschen in die Geschichte eingetreten ist – dieser Gedanke war faszinierender als die kultische Anbetung weltabgewandter Gottheiten.
Das distanzierte, selbstbewusste Verhältnis zur römischen Staatsmacht hat schließlich – paradoxerweise! – zum Bündnis von Kaiser und Christentum geführt: Im Jahr 381 erklärt Kaiser Theodosius den christlichen Glauben zur Staatsreligion.
MARIA MAGDALENA war Prostituierte
Als freizügig gekleidete Schönheit mit langem, offenem Haar und sinnlichem
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