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Klemperer, Viktor

Klemperer, Viktor

Titel: Klemperer, Viktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Tagebücher
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Kirche vor – Verhaftungen, kein Ende der Konkordatsverhandlungen – vielleicht könne das zu einem entschiedeneren Widerstand der Kirche führen. Er, Baum, glaube es nicht. Er glaube nicht, daß das Ende der Regierung nahe sei, sie habe zuviel Macht, das Volk sei allzu versklavt u. von Lügen idealistisch-nationaler Art betäubt – u. wenn das Ende einmal komme, dann mit vielem Blut. – Auch B., der [ Darin ?] als Geistlicher hinkomt, berichtete wie Gusti W. von ungemein überfüllten Gefängnissen.
    Inzwischen mußte ich Montag d. 1. April mein Kolleg beginnen, obschon die Leute vom P. I. erst am 24. 4 anfangen. Es kam zum Französischen ein Student, der nach 8 Leipziger Semestern vor dem Staatsexamen ein Semester hier bei seinen Eltern sein will. Für ihn die ganzen 4 Montagsstunden.
     

 
    17. April .
    * Der eine Hörer im Französischen, die zwei * * Hörerinnen im Italienischen, die entsetzliche Geldnot u. Unsicherheit, die steten Herzbeschwerden, trotzdem * Dr Dressel in Heidenau wieder normales Befinden festgestellt hat, die ewigen rheumatischen u. Augenbeschwerden, das Kriechen meines 18. Jh s – jetzt bei * Lesage 2 – nichts ändert sich.
    Nach dem * Peking-Picnic las ich das sehr oberflächliche oesterreichische Kriegsbuch von * Bruno Brehm Apis u. Este 3 vor. ([]Illustrationen zu denen man den Text kennen muß, sagt * E. sehr zutreffend; untiefe, losgelöste Skizzen im ewigen Praesens ohne Epik, einiges – die Ermordung * Franz Ferdinands 1 vor allem – gut geschildert, vieles ganz ohne Tiefe u. dennoch ganz unverständlich dunkel.) Jetzt seit Tagen: Drei Lieben von * Cronin , 2 im tiefsten ein Gegenstück zum Tyrannen. Eigentümlich der kühne Gebrauch des Zufalls: er exteriorisiert in äußerster Consequenz das seelisch Gegebene. Durch ihren Besitzerinstinkt bei reiner Liebe würgt Lucy ihren Mann ab: sie ihr Motorboot drückt ihm im Nebel die Brust ein u. tötet sie. – –
    Am 12. 4 bei * * Kühns. Es waren noch dort * Bollert, der Director der Landesbibliothek u. * * Frau Robert Wilbrandt, die die hiesige Villa verkaufen will. W. war der erste, der gehen mußte, sie leben in Oberbayern. Frau W. erzählt: es werde in München laut geschimpft, wenn * Hitler oder * Goebbels im Film erscheinen. Aber auch sie – Nationalökonomin! der Sozialdemokratie nahe! – sagt: Komt nicht noch Schlimmeres, wenn H. gestürzt wird, noch schlimmerer Bolschewismus? ( Das hält ihn immer wieder). Bollert berichtete von der neuen Tyrannei des * Statthalters u. seines komissarischen Ministers der Volksbildung, des Lehrers * Goepfert: Auch die leitenden u. geistigen Beamten müssen jetzt ihre Büreauzeit ½ 8–4 Uhr absitzen. Goepfert kontrolliert oft am frühen Morgen u. schnauzt wie ein Feldwebel. Er soll aber den gleichen Ton auch den kleinen Leuten gegenüber anschlagen u. brutal mit dem Garderobendiener der Bibl. herumgeschrieen haben. (Der sagt mir: Von dem Minister kann man Bildung lernen). Ein anderer Gast, ein * Studienrat Manitius, * Sohn des Mittellateiners, 3 erzählte, er sei mit Göpfert beim Stahlhelm zusamengewesen: ein weicher, sentimentaler Idealist, kein bösartiger Heuchler, aber viel Rancune des kleinen Mannes. Das alles sei auch von * Robespierre 4 zu sagen, bemerkte Kühn. – es gehen übrigens nur noch Personalsachen von hier aus; alle Rundschreiben des Rectorates bringen seit langen Wochen Verordnungen des Reichsministers in Berlin. * Rust betont in jeder Verordnung für höhere u. Hochschule[n], in jeder Rede die Überwindung des faden Intellektualismus, den Vorrang der körperlichen u. charakterlichen Fähigkeiten, das Verbot, sie durch rein verstandesmäßige Leistungen zu compensieren, die rassische Auswahl. – Auf dem Congreß der Psychiater ist neulich gesagt worden, daß jetzt erst das nordische Kind zu seinem Recht kome, das früher dem geistig rascher entwickelten jüdischen Kind gegenüber benachteiligt war. –
    An den verschiedensten Straßenecken B hängt der Stürmer 1 aus; er hat besondere Anschlagtafeln u. jede trägt eine große Inschrift: Die Juden sind unser Unglück. 2 Oder: Wer den Juden kennt, kennt den Teufel. Usw. – Als neulich in Kowno deutsche Fehmemörder zum Tode verurteilt wurden, gab es überall Protestversammlungen. Der Dölzschener Gruppen-Aufruf hieß: Die Welt muß sehen, daß uns die internationale Juden-Canaille nicht zum Krieg provozieren kann, wohl aber, daß wir sind [‹]ein einzig (sic!) Volk von Brüdern 3 [›]! – – Man schickt mir

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