Klex in der Landschaft
Brückenkopf direkt im Park errichten«, sagte Dundridge. »Ich werde zwei Bulldozer und ein Basislager an ihrem Torbogen aufbauen. Soll sie doch meckern, wenn sie unbedingt will.«
*
Aber Lady Maud meckerte nicht. Sir Giles’ Tod hatte sie schwerer getroffen, als sie erwartet hatte, und für das, was Mr.
Bullett-Finch zugestoßen war, fühlte sie sich persönlich verantwortlich. Sie ging ihren Pflichten automatisch, aber irgendwie geistesabwesend nach, verstrickt in die moralische Zwangslage, in der sie sich nun befand. Ihr stand die Zerstörung von allem, was ihr lieb und wert war, bevor – das Herrenhaus, die Schlucht, die wilde Landschaft, der Garten, die Welt, für die ihre Vorfahren gekämpft und die sie geschaffen hatten. All dies sollte verschwinden und durch eine Autobahn ersetzt werden, die in fünfzig Jahren, nach dem Verbrauch der fossilen Brennstoffe, nur noch ein unnützer, veralteter Schandfleck wäre. Ausgeheckt hatte das Ganze Giles, der auf ein armseliges Geldsümmchen aus gewesen war, eine gemeine und grausame Geste, um ihr weh zu tun. Nun ja, Giles hatte seine wohlverdiente Strafe bekommen, doch sein Vermächtnis, die Autobahn, blieb, und die Methoden, derer sie sich hatte bedienen müssen, hatten sie korrumpiert. Sie hatte Öl ins Feuer gegossen, und andere waren verbrannt, nämlich Bertie Bullett- Finch und – im wahrsten Sinne des Wortes – der arme Mensch, der die Paraffinlampe vor Mr. Dugdales Garage plaziert hatte. Derart selbstanklägerisch gestimmt nahm sie an der gerichtsmedizinischen Anhörung teil, bei der auf Unfalltod von Sir Giles Lynchwood erkannt wurde; man lobte seine Witwe wegen ihrer Tapferkeit, wies aber gleichzeitig auf die unvorhergesehenen Gefahren hin, die das Halten von wilden Tieren auf Privatgrundstücken mit sich brächte. In derselben Stimmung überwachte sie den Abtransport der Löwen, der letzten Giraffe und der Strauße, ehe sie in der Abtei von Worford am Trauergottesdienst teilnahm. Die ganze Zeit über ging sie Klex aus dem Weg, der sich im Küchengarten herumdrückte und grollte. Erst als sie aus der Abtei zurückkehrte und gegenüber vom Pförtnerhaus die neben der eisernen Hängebrücke abgestellten Bulldozer sah, empfand sie Gewissensbisse wegen der Vorhaltungen, die sie ihm gemacht hatte. Sie fand den schmollenden Klex zwischen den schwarzen Johannisbeeren.
»Klex, es tut mir leid«, sagte sie. »Ich muß mich wohl bei Ihnen entschuldigen. Wir alle machen dann und wann Fehler, und ich bin gekommen, um Ihnen zu sagen, wie sehr ich Ihnen für all die Opfer danke, die Sie mir gebracht haben.« Klex errötete unter seinem sonnengebräunten Teint. »Nicht der Rede wert«, nuschelte er.
»Das stimmt einfach nicht«, widersprach Lady Maud huldvoll, »ich weiß wirklich nicht, wie ich ohne Sie zu Rande gekommen wäre.«
»Sie brauchen mir nicht zu danken«, sagte Klex. »Sie sollten einfach wissen, wie dankbar ich Ihnen bin«, sagte Lady Maud. »Als ich kam, sind mir übrigens die Bulldozer in der Nähe des Pförtnerhauses aufgefallen ...«
»Sie möchten wohl, daß sie aufgehalten werden?«
»Tja, wo Sie es gerade erwähnen ...«, fing Lady Maud an. »Überlassen Sie das mir«, sagte Klex, »ich werde sie aufhalten.«
Lady Maud zögerte. Der Zeitpunkt war gekommen, einen Entschluß zu fassen. Sie wählte ihre Worte vorsichtig. »Ich würde nur ungern vermuten müssen, daß Sie irgend etwas Gewalttätiges unternehmen.«
»Gewalttätig? Ich?« fragte Klex, dessen gekränkter Tonfall angesichts dieser Anspielung beinahe glaubwürdig klang. »Ja, Sie«, sagte Lady Maud. »Also, ich habe nichts dagegen, nötigenfalls Geld auszugeben. Sie können haben, soviel Sie wollen, aber ich dulde nicht, daß irgendwer verletzt wird. Von solchen Geschichten hatten wir schon mehr als genug.«
»Ihre Vorfahren haben gekämpft, um ...«
»Was die Taten, meiner Ahnen betrifft, bin ich wohl etwas sachkundiger als Sie«, sagte Lady Maud. »Auf Belehrungen kann ich verzichten. Das war etwas ganz anderes. Erstens vertraten sie die Krone und hielten sich an den gesetzlichen Rahmen, und zweitens ging es bloß gegen die Waliser, und die waren Barbaren. Außerdem bin ich Friedensrichterin und darf nichts Illegales dulden. Was Sie auch unternehmen, es muß rechtmäßig sein.«
»Aber ...«, begann Klex.
Lady Maud unterbrach ihn. »Ich will nichts mehr hören. Was Sie unternehmen, ist Ihre Sache. Ich will nichts davon wissen.« Sie stolzierte davon, und Klex blieb zurück, um
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