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Klex in der Landschaft

Klex in der Landschaft

Titel: Klex in der Landschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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etwas fehlte. Sie rollte sich im Bett auf die andere Seite, knipste die Lampe an und schaute auf den Wecker. Der zeigte elf Uhr achtundvierzig, und da es dunkel war, mußte es kurz vor Mitternacht sein. Andererseits war ihr nicht nach Mitternacht zumute. Sie fühlte sich, als hätte sie viel länger als vier Stunden geschlafen, und wo steckte überhaupt Giles? Sie stand auf und suchte in der Küche und im Bad, aber er war nicht in der Wohnung. Auch gut, dann war er wohl weggegangen. Sie ging zurück in die Küche und machte sich einen Tee. Außerdem war sie sehr hungrig; merkwürdig, schließlich hatte sie ein großes Abendessen vertilgt. Sie toastete etwas Weißbrot und kochte sich ein Ei. Und die ganze Zeit über wurde sie dieses dumpfe Gefühl nicht los, daß irgend etwas nicht stimmte. Um acht Uhr abends war sie zu Bett gegangen, und jetzt, um Mitternacht, war sie hellwach und am Verhungern. Um sich die Zeit zu vertreiben, griff sie nach einem Buch, doch ihr war nicht nach Lesen. Sie stellte das Radio an und bekam den Nachrichtenüberblick mit: »... Lynchwood, Unterhausabgeordneter für South Worfordshire, der auf seinem Anwesen in der Nähe von Worford von einem Löwen getötet wurde. In Arizona zerstörte ein wildgewordener Wirbelsturm ...« Mrs. Forthby machte das Radio aus und goß sich noch eine Tasse Tee nach, ehe ihr aufging, was der Sprecher gerade gesagt hatte. »Oje«, sagte sie, »heute nachmittag? Aber ...« Sie ging ins Wohnzimmer und warf einen Blick auf die Datumsanzeige der Uhr. Dort stand Freitag, der 20. Dabei war gestern Mittwoch gewesen. Das hatte Giles gesagt. Sie hatte gesagt, es sei Dienstag, und er hatte gesagt, es sei Mittwoch. Und jetzt war es auf einmal Freitagmorgen, und Giles war von einem Löwen getötet worden. Was hatte ein Löwe auf dem Handymanschen Anwesen zu suchen? Und was hatte Sir Giles eigentlich dort zu suchen? Sie wollten doch am Wochenende gemeinsam nach Brighton fahren. Das war alles viel zu verwirrend und entsetzlich. Es konnte nicht wahr sein. Mrs. Forthby rief die nette Dame an, die einem die Uhrzeit sagt. »Beim nächsten Ton ist es null Uhr, zehn Minuten und zwanzig Sekunden.«
    »Aber welches Datum? Welcher Tag ist heute?« fragte Mrs. Forthby.
    »Beim nächsten Ton ist es null Uhr, zehn Minuten und dreißig Sekunden.«
    »Du liebe Güte, Sie sind wirklich keine große Hilfe«, sagte Mrs. Forthby und fing an zu weinen. Ein besonders liebenswürdiger Mensch war Giles nicht gewesen, aber sie hatte ihn gemocht, und sie war an allem schuld. »Wäre ich nicht so vergeßlich und hätte dran gedacht, aufzuwachen, dann wäre er jetzt noch am Leben«, murmelte sie. *
    Am nächsten Morgen begrüßte Dundridge in seinem mobilen Hauptquartier die Neuigkeit mit Schadenfreude. »Geschieht der blöden Vettel recht, was baut sie auch so einen Scheiß Großwildpark«, meinte er zu Hoskins. »Wie können Sie nur so etwas sagen«, widersprach Hoskins. »Dadurch ist lediglich wieder ein Sitz im Unterhaus freigeworden. Es gibt wieder eine Nachwahl, und Sie wissen ja, was beim letzten Mal passierte.«
    »Um so mehr spricht dafür, daß wir so schnell wie möglich weiterarbeiten.«
    »Was? Wo Maud Lynchwood trauert? Die arme Frau hat gerade unter tragischen Umständen ihren Ehemann verloren, und Sie –«
    »Verschonen Sie mich mit diesem Quark«, sagte Dundridge. »Ich würde meinen, daß sie wahrscheinlich hocherfreut ist. Würde mich nicht wundern, wenn sie die ganze Geschichte bloß inszeniert hat, um uns aufzuhalten.«
    »Das ist eine schlimme Verleumdung, jawoll«, sagte Hoskins. »Sie mag zwar ein ziemlich übler Besen sein, aber ...«
    »Hören Sie zu«, sagte Dundridge, »ihr Mann war ihr scheißegal, das weiß ich.«
    »Das wissen Sie?«
    »Ja, das weiß ich allerdings. Ich verrate Ihnen mal was. Diese alte Kuh hat eines Nachts versucht, mich zu verführen, und als ich nicht mitmachen wollte, hat sie mit ’ner Flinte vom Kaliber zwölf nach mir geschossen. Also verschonen Sie mich mit diesem Stuß, von wegen trauernde Witwe. Wir bauen weiter, und zwar schnell.«
    »Also, ich kann nur sagen, daß Sie damit der öffentlichen Meinung ins Gesicht spucken«, sagte Hoskins, der sich Dundridges Geschichte von der versuchten Verführung einigermaßen fassungslos angehört hatte. »Erst stirbt Bullett- Finch, und jetzt Sir Giles. Es wird eine öffentliche Welle der Empörung geben. Ich würde meinen, gerade jetzt sollte man sich bedeckt halten.«
    »Gerade jetzt werden wir den

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