Klex in der Landschaft
ihnen hat, das ist das Wichtigste. Sobald sie Angst wittern, werden sie gefährlich.«
»Für mich wäre das ganz sicher nicht das richtige«, gestand Miss Percival. General Burnett nickte.
»Ich kann mich an ein Erlebnis im Pandschab erinnern ...«, setzte er an.
»Wir sollten uns, glaube ich, auf die vorliegende Angelegenheit beschränken«, sagte Lady Maud. »So sehr ich bedaure, was dem armen Mr. Bullett-Finch und ganz Guildstead Carbonell widerfahren ist, ein Gutes hat es doch: Gegenüber dem Umweltministerium und dieser gräßlichen Autobahn sind wir dadurch in einer viel stärkeren Position. Sie, General, erwähnten doch wohl, die Polizei verhöre diesen Dundridge.« General Burnett schüttelte den Kopf. »Der Polizeipräsident hat mich auf dem laufenden gehalten«, sagte er. »In dieser Richtung wird leider nicht mehr ermittelt. Offenbar gab es gestern abend im Royal George so was wie eine wilde Fete. Anscheinend geht man von der Theorie aus, daß einige der Malocher ein paar Biere zuviel getrunken haben und ...«
»Bier?« sagte Lady Maud mit einem seltsamen Gesichtsausdruck. »Habe ich richtig verstanden, Sie sagten ›Bier‹?«
»Meine liebe Lady«, sagte der General begütigend, »ich sprach lediglich von Bier, weil das diese Kerls meines Wissens trinken. Ich wollte damit keineswegs unterstellen ...«
»Ich glaube sogar, daß es Wodka war«, meinte Oberst Chapman taktvoll. »Ich bin da ganz sicher. Man hat eine Flasche gefunden.« Doch es war schon zu spät. Lady Maud machte einen recht aufgewühlten Eindruck.
*
In der Schonung versuchte Sir Giles verzweifelt, eine Entscheidung zu fällen. Von seinem Baum aus hatte er das Eintreffen von General Burnett, Oberst Chapman und Miss Percival beobachtet. Sie waren alle in einem Auto gekommen – Miss Percival hatte ihren Wagen vor dem Haupttor stehenlassen und war beim General eingestiegen –, und mit ihrer Anwesenheit schien sich für Sir Giles eine Fluchtmöglichkeit zu eröffnen, falls er bis zum Haus kam. Maud würde ihn kaum vor den Augen ihrer Nachbarn kaltblütig niederschießen. Vielleicht würde es zu einer unangenehmen Szene kommen. Vielleicht würde sie ihn der Brandstiftung, der Erpressung und Bestechung bezichtigen. Vielleicht würde sie ihn der Lächerlichkeit preisgeben, aber er war bereit, diese Risiken einzugehen, um den Park lebend zu verlassen. Andererseits hatte er seine Zweifel, ob er in der Verfassung sei, einen Spießrutenlauf durch die Löwen anzutreten, die von ihrem letzten Mahl fortgeschlendert waren und auf dem Rasen vor der Terrasse herumlagen. Hinzu kam, daß er inzwischen extrem hungrig war, im Gegensatz zu den Löwen. Die hatten sich gerade an Giraffe satt gefressen.
Wenigstens hoffte Sir Giles das. Dieses Risiko mußte er eben eingehen. Blieb er im Baum, würde er Hunger leiden und früher oder später ohnehin runterkommen müssen. Besser früher, dachte er, als später. Sir Giles kletterte vom Baum und stieg über das Geländer. Wenn er selbstbewußt auftrat, vielleicht ... Sir Giles war alles andere als selbstbewußt zumute. Er zögerte, ehe er vorsichtig weiterstapfte. Wenn er nur die Terrasse erreichen könnte! Als er den Rasen überquerte, wurde ihm klar, daß er die Entfernung zwischen sich und den schützenden Bäumen vergrößerte, während die zwischen ihm und den Löwen abnahm. Er hatte den Punkt erreicht, von dem aus es kein Zurück mehr gab.
*
Im Wohnzimmer beschwerte sich General Burnett über Sir Giles’ Abwesenheit. »Ich habe versucht, ihn in seiner Londoner Wohnung und in seinem Büro anzurufen, aber anscheinend wußte keiner, wo er steckt«, sagte er. »Ich bin überzeugt, daß wir den Minister dazu bewegen könnten, die Autobahnbauarbeiten einzustellen, wenn wir Sir Giles erreichten. Ich bin wirklich der letzte, der sich beschwert, aber in einer Zeit wie dieser braucht ein Wahlkreis seinen Abgeordneten.«
»Leider neigt mein Mann dazu, sich in seinen parlamentarischen Pflichten von seinen Geschäftsinteressen stören zu lassen«, stimmte ihm Lady Maud zu. »Natürlich, natürlich«, sagte Oberst Chapman. »Er muß eben jede Menge Eisen im Feuer haben. Hätte es nicht so weit gebracht, wenn das anders wäre.«
»Ich glaube ...«, sagte Miss Percival nervös und starrte aus dem Fenster. »Ich meine damit lediglich, es ist an der Zeit, daß er sich bemerkbar macht«, sagte der General. »Ich finde, Sie sollten wirklich ...«, fing Miss Percival an. »In einer Zeit wie dieser sollte er seine Stimme
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