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Klickpfiff

Klickpfiff

Titel: Klickpfiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Jon Watkins
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hinweggeholfen hat?“
    Er nickte. Er konnte sich daran erinnern, wie Sonny sie daran gewöhnt hatte. Wie er einen Ball zwischen den Zähnen hielt, damit er nicht zubeißen konnte, und wie er dann mit seinen Zähnen an ihrem Bein entlanggestrichen war. Er erinnerte sich daran, wie der Delphin den Ball Tag für Tag weiter in seinem Maul zurückgerollt hatte, bis nur noch sein Wille die Kiefer vom Zuschnappen abhielt, und an die Tatsache, daß sie sich daran gewöhnt hatte, es sogar gemocht hatte, wenn die Zähne wie eine Liebkosung über sie hinwegstrichen.
    „Welcher Mensch hätte wohl dazu die Geduld gehabt?“ fragte sie.
    Pearson nickte. Es war wie eine Lobeshymne. Was konnte man gegen Tote schon sagen. Und außerdem hatte er ebenfalls gespürt, daß da etwas war, was sich von der Beziehung zwischen Haustier und Herr weit unterschied. Es war vielmehr etwas wie Freundschaft, wie eine gleichwertige Freundschaft zwischen Angehörigen von zwei verschiedenen Arten. Er fragte sich, ob es nicht möglich sei, jemanden zu lieben, der nicht menschlich war.
    „Es gab da Dinge, die nicht in dem Bericht gestanden haben“, sagte sie. „Was ich für ihn empfunden habe. Ich hätte mich albern gefühlt, wenn ich sie hingeschrieben hätte. Er verstand es, weißt du. Er hat es gewußt.“
    Pearson nickte; was blieb ihm anderes übrig, als zuzustimmen? Sie hatte recht, Sonny war etwas Besonderes gewesen.
    „Ich habe ihn geliebt wie einen kleinen Bruder“, sagte sie.
    „Ich weiß“, sagte er. Er sagte nichts davon, daß er eines Abends noch spät unerwartet heruntergekommen war und gesehen hatte, wie sie nackt mit dem Delphin schwamm, Seite an Seite, beide frei und unschuldig wie Kinder. Sie trug den Badeanzug sowieso nur dann, wenn jemand kam und bei einem Experiment zuschaute, und ohne ihn sah sie aus wie eine Meerjungfrau. Er sah sie noch vor sich, wie sie ihre schlanken Finger um die Flosse des Delphins gelegt und ihren Arm über seinen Rücken geworfen hatte, als seien sie Kinder, die über einen Spielplatz gingen.
    „Macht dir das nichts aus?“ fragte sie.
    Es war vielleicht komisch, aber es machte ihm nichts aus. Es war einfach unmöglich, auf ihn eifersüchtig zu sein. Er nahm an, daß es möglich war, zwei Menschen auf verschiedene Art zu lieben, und er hatte sich schon fast daran gewöhnt, Sonny als Menschen zu sehen. Er hielt es nicht für rational vertretbar, von jemandem die ganze Zuneigung zu verlangen, und daher überraschte es ihn, daß sie offensichtlich erwartete, er würde alles von der ihrigen verlangen.
    Für ihn reichte es, wenn sie gut miteinander auskamen, gut zusammenarbeiteten und obendrein noch kommunizierten. Für ihn war es eine Ehe, die auf gegenseitiger Bewunderung und einem gemeinsamen, verzehrenden Interesse aufgebaut war, und das konnte durch nichts beschädigt werden.
    „Würde es denn an deinen Gefühlen etwas ändern, wenn dies der Fall sein würde?“ fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf, und er zuckte die Achseln. Eine Woche später war sie auf und davon, ohne auf Wiedersehen zu sagen. Als er schließlich nach ihr suchte, war sie nicht mehr da. „Was würde es denn ausmachen?“ hatte er sie gefragt. „Jeder muß das tun, was ihm seine Gefühle vorschreiben.“
    Er erwähnte nicht, daß er sie in der Nacht, bevor Sonny sich auf die Felsen gestürzt hatte, wie üblich nackt neben dem Delphin hatte herschwimmen sehen. Sie sagte ihm nichts von ihrer Vorahnung oder daß sie sich verabschiedet, daß sie geweint hatte. Sie sagte ihm nicht einmal, daß sie ihn auf dem Balkon gesehen hatte. Sie sagte: „Ich wollte das nur loswerden, verstehst du. Ich weiß nicht, ich hätte es nie in einen Bericht geschrieben, und ich habe mich dabei immer so gefühlt, als würde ich ihn auf irgendeine Art betrügen.“
    Pearson nickte; er verstand sie auf seine Weise.
    „Die Nacht, bevor er sich umgebracht hat …“ sagte sie. Er nickte. Sie hatten sich oft schweigend verstanden; es war eine Beziehung ohne Zwänge, fast eine Freundschaft gewesen.
    „Ich wußte es …“ sagte sie.
    Einen Moment lang fühlte er das Wasser an seiner Rückenflosse, und er spürte ihre Brüste, wie sie im Wasser gegen ihn stießen, spürte die Rauhheit ihres Arms, der beim Schwimmen über ihn glitt. Er schmeckte den seltsamen Geschmack ihrer Tränen im Wasser, und er hörte, wie die seltsam dröhnende menschliche Stimme etwas von Felsen murmelte, und beinahe verstand er es.
    Er sah an die Decke. Der Raum schien sich wieder

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