Klickpfiff
daß er noch nicht alles erfaßt hatte. Es gab da noch eine weitere Dimension, die ihm fehlte, obwohl er spürte, wie die ersten Dimensionen an Komplexität gewannen, als er anfing, sich über die Nuancen von Klang, Gefühl und Geschmack klarzuwerden, die sich in ihrer Verflechtung zu einer fast grenzenlosen Variationsbreite ausweiteten. Dann aber wurde er sich des Elements bewußt, das die Variationsmöglichkeiten grenzenlos machte – es war die Zeit.
Die neue Dimension sprang ihm ins Bewußtsein, als wären in einem Zimmer, in dem vorher nur sehr trübe Kerzen gebrannt hatten, plötzlich die Lichter angegangen. Sie ließ ihn auf der einen Seite alles schärfer sehen, verwischte aber auf der anderen Seite alles mit allem anderen, sogar mit sich selbst. Jede Empfindung wurde zur ersten in einer langen Reihe, die in die Unendlichkeit reichte, wie eine reale Hand, die zwischen gegenüberliegende Spiegel gehalten wird. Die Zeit wiederholte Empfindungen nach allen Seiten in die Unendlichkeit.
Er untersuchte eine Empfindung wie eine reale Hand und ließ dann sein Bewußtsein an der unendlichen Reihe von Händen entlangwandern, die davon ausgehend durch die Zeit verlief. Er wanderte mit seinem Bewußtsein an der sich wiederholenden Kette von Ereignissen in der Zeit entlang, bis er die letzte Stufe erreichte.
Ebenso wie es der letzte Schritt ist, wenn man die reale Hand nicht mehr von der Reflexion unterscheiden kann, ließ sich Pearson in die Zeit gleiten und entdeckte eine weitere Wahrheit. Seine Gefühle verliefen nicht nur nach hinten in die unmittelbare Vergangenheit, sondern sie suchten eine Vergangenheit nach der anderen auf. Sie verliefen zurück, und das machte ihm Angst, in Lebenskreis um Lebenskreis, erreichten Inkarnation um Inkarnation, und jede einzelne von ihnen beeinflußte jede gegenwärtige Erfahrung und war ein Teil davon. Die Gegenwart war auf allen Ebenen mit der gesamten Vergangenheit verbunden.
Aber selbst darüber hinaus gab es noch etwas. Weit vor allen Sequenzen von John Pearson nämlich gab es noch eine Sequenz von Lebenskreisen, eine fremde Serie von Kreisen, die so weit außerhalb seines Erfahrungsbereichs lagen, daß er davor ängstlich zusammenzuckte. Noch furchterregender aber war es, daß hinter diesem Kreis ein weiterer lag, der noch fremder und ungewohnter war, der von ihm noch nicht einmal als Möglichkeit in Betracht gezogen werden konnte. Das Wissen darum war zuviel für ihn, und nur mit dem Gedanken daran allein riskierte er es, gegen seinen Willen in seinen Bann gezogen zu werden.
Er verfolgte die Ausformungen der Dinge in der Vergangenheit und kam zu einer Erkenntnis, die ihm so sehr Angst einjagte und die so weit über seine Verständnisfähigkeit hinausging, daß er von ihr für fast ein Jahr aus seinem seelischen Gleichgewicht gebracht wurde. Erst als er alle Spuren seiner Entdeckung sicher vor sich selbst versteckt hatte, indem er sie vergaß und in sein Unterbewußtsein verdrängte, war es ihm möglich, in die Welt zurückzukehren.
Und diese unerträgliche Wahrheit war es, die auf ihn zukam, die Wahrheit, die er so lange befürchtet und erwartet hatte, und er wußte, daß sie es war, die ihn zum Institut zurückgebracht hatte, damit er sie dort wiederfand.
Nach einem Jahr war er in der Lage gewesen, zu Burroughs zurückzukehren und ihn darum zu bitten, die Bänder abzuspielen, obwohl er wußte, daß er so die Wahrheit erfahren konnte, die zu wissen er nicht ertragen konnte. Der letzte Teil des Bands hätte ihn fast wieder in die Anstalt gebracht.
Der erste Teil war streng wissenschaftlich, aber dann wurde aus der Wissenschaft Poesie, darauf folgte Zusammenhanglosigkeit und schließlich Stille. Was ihn aber vollständig verängstigt hatte, was ihn dazu gebracht hatte, seinem Gebiet Delphinologie ganz und gar auszuweichen, war das letzte Drittel des Bands. Der Teil, von dem er geglaubt hatte, er würde die verblüffenden Erkenntnisse und sinnenverwirrenden Einsichten wiedergeben, die er erreicht hatte, enthielt nichts als eine halbe Stunde Klicken und hochtönige Pfiffe, und kurz vor Schluß war der steigende/fallende Pfiff eines Delphins in Not zu hören.
14
Pearson kam zu sich und bemerkte, daß er zitternd auf der Bettkante saß. Einen Augenblick lang wußte er, wo er war, aber dann nicht mehr.
Cathy wandte sich ihm zu und sagte: „Weißt du, er war menschlich. Er war besser als menschlich. Weißt du noch, wie er mir über die Angst vor seinen Zähnen
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