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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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und erkundigte sich bei einem Tessricher nach der nächstgelegenen Ortschaft mit einer Büttelgarnison.
    »Im übernächsten Ort sind zehn Mann stationiert«, gab der Tessricher Auskunft. »Der Ort heißt Leschun.«
    Leschun. Stenrei dankte. Da der Tag sich bereits dem Ende neigte, ging er Erenis entgegen, sagte, in Tessrich sei alles ruhig, und es böte sich an, hier zu übernachten.
    Erenis nickte wie zerstreut.
    Also bezogen sie zwei getrennte Zimmer in einem Wirtshaus namens »Baumkrone«. Schliefen. Und frühstückten abermals gleichzeitig, aber nicht am selben Tisch.
    Stenrei bekam kaum einen Bissen herunter, so aufgeregt war er. Jetzt begann der letzte halbe Tag seiner zweitägigen Bewährungsfrist. Und das Problem war: Gestern hatte er Erenis den Vortritt gelassen beim Verlassen ihrer Herberge. Diesmal aber musste er vorangehen, um sicherzustellen, dass sie den Weg nach Leschun einschlug. Er musste also seinen gestern nach dem Kampf gegen »Nichte« erlangten Status, ihr Wegführer zu sein, weiterhin behaupten. Und er fürchtete diesen kleinen Machtkampf, denn an ihm würde sich alles entscheiden.
    Zweimal wollte er schon aufstehen und vorangehen, beide Male traute er sich nicht. Das Zucken seiner Beine jedoch kam ihm so verräterisch vor, dass er sich wunderte, warum nicht alle Anwesenden auf ihn aufmerksam wurden.
    Ihm brach Schweiß aus. Dann gab er sich einen Ruck, sprang beinahe auf, riss dabei ein Messer vom Tisch, es klapperte laut auf den Boden, er hob es auf, murmelte etwas, legte es auf den Tisch und ging raus, mit einem kaum wahrnehmbaren Nicken in Richtung Erenis.
    Draußen verschnaufte er, die Luft kam ihm kühl vor, er ging voran, aus dem Dorf hinaus, auf die Wegweiser zu. Leschun. Backte. Hilreden.
    Er wandte sich um. Keine Erenis. Folgte sie ihm schon nicht mehr? Zählte sie diesen Tag schon gar nicht mehr zur Probezeit hinzu? Zwei Nächte, hatte sie gesagt. Die waren jetzt vorüber.
    Stenrei hatte ein Gefühl in sich, als würde ihm sein Bauchraum zu den Knien durchsacken.
    Aber dann sah er sie. Sie verließ den Schankraum der »Baumkrone« und kam in seine Richtung, lässig, gemächlich.
    Er atmete durch. Ging weiter Richtung Backte. Verließ dann den Weg, stapfte durch feuchten Klee und fand den Weg nach Leschun. Die Klingentänzerin folgte ihm. Folgte ihm in die Falle, die er vorbereitet hatte. Aber er wollte ihr ja nichts Böses. Wollte sie unbedingt rechtzeitig warnen.
    Während des Marsches fiel ihm erst auf, in welche Gefahr er sich eigentlich begab. Wegen seines Schwertes. Leschun hatte eine Besatzung von zehn Bütteln. Das war viel. In Drutau hatte es lediglich eine Sechserbesatzung gegeben. Was, wenn die Büttel Leschun dermaßen gut unter Kontrolle hatten, dass er dort auffiel? Ein Sechzehnjähriger, der aufgrund seiner Körpergröße auch keinen Tag älter aussah als sechzehn, mit einem Schwert? Was, wenn man ihn festhielt? Er Erenis dann nicht mehr warnen konnte? Und sie tatsächlich seinetwegen umkam?
    Erneut brach ihm der Schweiß aus.
    Er hätte ihr das Schwert aushändigen können, um ungefährdet in das Dorf zu gehen. Aber das konnte er nicht, weil sie ja nicht wissen durfte, was er über Leschun wusste. Genauso unmöglich war es, das Schwert einfach auf einem Feld vor Leschun zu verstecken. Auch das würde ihr auffallen, weil sie am Rande der Sichtweite hinter ihm war.
    Er manövrierte sich gerade in eine absurde Situation hinein: Weil er ihr etwas verheimlichte, um sie beeindrucken zu können, ging er ein erhebliches Wagnis ein und gefährdete dadurch sie beide.
    Er spürte Schweiß auch auf der Oberlippe und in den Handinnenflächen.
    In Leschun würde er sehr schnell agieren müssen. Er musste die Garnison gesehen haben und zu Erenis zurückrennen, bevor sie den Ort betrat. Und das, ohne aufzufallen. Ein rennender, ortsfremder Schwertträger.
    Er nahm sich vor, sich niemals wieder in eine solche Lage zu bringen. Aber diesmal hatte er einfach etwas riskieren müssen, wollte er Erenis nicht verlieren. Es war der letzte Tag, den sie ihm gab.
    Er ging und litt, während sie nichts von alledem ahnte, noch ahnen durfte.
    Leschun.
    Da war es und kam näher. Im Schritttempo. Stenrei musste dagegen ankämpfen hinzurennen, damit alles rascher vorbei war. Doch das ging nicht. Sie war hinter ihm. Beobachtete. Argwöhnte vielleicht. Prüfte an diesem zweiten der beiden Probetage, ob sie ihn weiterhin in ihrer Nähe dulden würde oder nicht.
    Er wünschte sich, dass die Garnison

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