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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Er musste sich etwas einfallen lassen und zermarterte sich den Kopf, bis es draußen dämmerte.
    Als er hörte, wie ihre Tür sich öffnete, stand er ebenfalls auf und ging im Schankraum frühstücken, an einem anderen Tisch als sie. Jeder aß für sich, keiner von ihnen würdigte den anderen eines Blickes. Bei ihr mochte es Desinteresse sein, bei Stenrei war es Selbstbeherrschung.
    Danach ließ er sie vorausgehen, mit einer höflichen Geste, »Damen zuerst«, die sie mit einem spöttischen Lächeln quittierte.
    Der Weg hinter Tesderess spaltete sich schon bald nach Uknen und Baltreff. Erenis entschied sich für Uknen. Eine Viertelstunde später schloss Stenrei zu ihr auf und fragte: »Darf ich einen Vorschlag machen?«
    »Mach einen Vorschlag.«
    »Es gibt immer irgendwelche Leute, die sehen, welchen Weg du einschlägst. Feldarbeiter oder Kräuterweiblein, die in einem Graben kaum auszumachen sind. So konnte ich deiner Fährte folgen. Indem ich die Leute fragte.«
    »Und was schlägst du vor? Dass ich die Leute auch alle umbringe?«
    »Aber nicht doch! Sondern dass wir jetzt hinter der Gabelung doch wieder querfeldein nach Baltreff gehen. Die Büttel werden uns dann in Uknen suchen.«
    »Du gehst immer noch davon aus, dass ich Angst habe, diesen Bütteln wiederzubegegnen.«
    »Nein, Angst ist nicht das richtige Wort. Aber ihre Armbrustbolzen werden beenden, was du in den Dörfern machst. Und möchtest du, dass es jetzt schon endet?«
    Sie blieb plötzlich stehen und sah ihn genau an. »Warum möchtest du nicht, dass es jetzt schon endet? Immerhin habe ich auch in deinem Dorf einen Mann getötet.«
    »Den ich nie leiden konnte. Du tötest die Stärksten, nicht die Schwächsten. Und du gibst ihnen allen Gelegenheit, dich zu bezwingen. Ich kann daran nichts Unlauteres erkennen.«
    »Und die vielen Toten schrecken dich nicht?«
    »Nur in Kuntelt waren es viele. Ansonsten ist es ja immer nur einer pro Ort.«
    »Ja. In diesem einen Kaff ist etwas schiefgelaufen. Die Leute wollten mir nicht glauben, dass ich stärker bin als sie. Das war nicht gut.«
    Stenrei staunte. Dies war das erste Mal, dass sie so über sich sprach. Er hatte gar nicht damit gerechnet, sie heute schon in ein echtes Gespräch verwickeln zu können. Seine Gedanken, was er jetzt alles sagen konnte, überstürzten sich dermaßen, dass er gar nichts hervorbrachte, bis sie sagte: »Also gut. Geh voran, nach Baltreff.«
    Er ärgerte sich über diese verpasste Gelegenheit, ihre Offenheit zu nutzen, nickte aber und rannte fünfzig Schritt, um beinahe überdeutlich wieder Abstand zwischen sie beide zu bringen.
    In Baltreff war alles ruhig. Erenis wollte hier kämpfen und wurde von einem Fettsack, den alle seltsamerweise »Nichte« nannten, gefordert. Während Stenrei im Hintergrund auf alles ein Auge zu haben versuchte, begann der Kampf. »Nichte« erwies sich als erstaunlich schwerer Gegner. Einmal gelang es ihm mit seiner Waffe – einer Mischung aus Heugabel und Dreizack – sogar, Erenis ihr Schwert aus den Fingern zu hebeln. Sie tanzte seine zwei nachfolgenden Vorstöße jedoch aus, kam wieder an ihr Schwert und beendete den Kampf schließlich durch einen Rundumschlag in »Nichtes« Genick, der in Stenrei wieder übelste Erinnerungen an den Mann mit dem rutschendem Kopf wachrief.
    »Nichtes« Dreizack steckte noch immer im Boden des Dorfplatzes fest, als die Baltreffer ihren Favoriten schweigend forttrugen.
    Erenis sah aus, als würde sie noch nachdenken über diesen Kampf, diese Waffe und diesen Gegner, also schaute Stenrei sie fragend an. Als sie seinen Blick schließlich bemerkte, bedeutete sie ihm mit einer Geste voranzugehen.
    Zum ersten Mal durfte also er den Weg bestimmen. Es ging nach Lotern, Tessrich, Havelint und Kraind. Stenrei entschied sich – aus keinem besonderen Grund, keiner der Ortsnamen war ihm auch nur im Mindesten vertraut – für Tessrich, also schlug er den Weg nach Havelint ein und wechselte dann wieder querfeldein auf den Weg nach Tessrich.
    Zuerst fürchtete er, Erenis würde ihm gar nicht folgen. Doch dann sah er sie, verlässlich dreihundert Schritt hinter ihm, und war beruhigt.
    Auch in Tessrich war von Bütteln nichts zu sehen.
    Mittlerweile fürchtete Stenrei, dass es ihm nicht gelingen würde, Erenis von der Notwendigkeit seiner Gegenwart zu überzeugen, weil es nie einen Anlass gab, Ortschaften argwöhnisch auszuspionieren, bevor man sie betrat. Also nutzte er die Gelegenheit, dass Erenis so weit zurückgeblieben war,

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