Klingenfieber: Roman (German Edition)
von jenseits der Wand und hörte nichts, einfach überhaupt nichts.
Es war, als würde Erenis zwischen ihren Kämpfen überhaupt nicht lebendig sein.
Am Morgen ein karges Frühstück, beide am selben Tisch, aber schweigend. Stenrei hatte eine Frage gut, wollte sein Vermögen für den ganzen Tag aber nicht so früh schon verpulvern.
Sie ging hinaus und sprach auf dem Marktplatz ihre Herausforderung aus. Stenrei folgte ihr in sicherem Abstand.
Ein rauschebärtiger Mann namens Yelry Glocht nahm ihre Herausforderung an. Erenis umtanzte ihn, ihre Klinge auf dem Arm, dann vorstoßend, wegdrehend, Rundumschlag. Yelry Glocht starb fast vollkommen lautlos. Die Einwohner von Hilreden blieben beinahe ebenso still. Sie bahrten Yelry Glocht nicht auf. Sie trugen ihn bereits zu Grabe, als Stenrei deutlich hinter Erenis das Dorf verließ.
Am Wegweiser wartete sie auf ihn. Der Weg spaltete sich nach Ajusch, Treckett und Engening. Erenis überließ Stenrei die Entscheidung. Er entschied sich für Engening, also schlugen sie zuerst den Weg nach Treckett ein.
In Engening kämpfte sie noch einmal, zum zweiten Mal an diesem Tag. Dafür hatte sie ja am Tag zuvor nicht gekämpft. Ihr Gegner war ein Blondschopf, der keinen Tag älter aussah als Stenrei, der aber von den anderen Dörflern als »volljährig« bezeichnet wurde, und der mit großem Stolz die Hellebarde seines Vaters als Waffe führte. Der Vater sah seinen Sohn sterben, hielt ihn im Arm, während das Blut aus seiner Stichwunde außergewöhnlich weit und hell über den gesamten Platz hinströmte.
Irgendwie ging dieser Tod Stenrei näher als die anderen bisherigen. Er hätte selbst nicht zu erklären gewusst, wieso.
Auf dem Weg nach Laiheim überwand Stenrei die Distanz zwischen sich und Erenis und stellte ihr die Frage des Tages: » Warum tust du das? Warum nimmst du den Dörfern ihre stärksten Männer?«
»Weil es Männer sind, die immer behaupten, die Stärksten zu sein. Aber sie sind es nicht.«
» Das ist der Grund? Weil viele Männer solche … Angeber sind? Aber würde es dann nicht genügen, sie nur zu besiegen und dadurch öffentlich zu demütigen? Warum müssen sie gleich sterben?«
»Das sind ein bisschen viele Fragen auf einmal, findest du nicht auch?«
»Ja, tut mir leid. Das ist nur … weil meine eigentliche Frage, das Warum , mir immer noch nicht richtig klar ist.«
»Deine Frage ist dir nicht klar, oder meine Antwort?«
»Deine Antwort.«
»Und deine Frage lautet?« Sie duellierten sich jetzt, Stenrei konnte das deutlich spüren. Sie führte eine Klinge aus Worten, er musste dagegenhalten und ebenfalls eine Wortklinge anzubringen versuchen.
»Meine Frage lautet: Warum müssen sie sterben?«
Ihre Antwort war knapp und rätselhaft. »Weil es Männer waren, die kamen, um uns sterben zu sehen. Es waren immer nur Männer.« Mehr wollte sie nicht sagen, das war ihr deutlich anzusehen. Das Duell war beendet. Bestenfalls war es unentschieden ausgegangen. Unentschieden war nicht übel gegen eine Kontrahentin wie Erenis, aber es war unbefriedigend, wenn man sich Antworten erhoffte.
In Laiheim hatten sie zwei Zimmer, die im Gästetrakt weit voneinander entfernt waren. Ob das ein Zufall war, oder ob Erenis das so eingefädelt hatte, weil sie ihn gestern durch die Wand hatte aufstöhnen hören, erfuhr Stenrei nicht. Er kam erst nach ihr im Ort an und fand diesbezüglich vollendete Tatsachen vor.
An diesem Tag begab er sich erstmals nach dem Abendessen nach draußen und übte mit seinem Schwert.
Zwei struppige Kinder fanden sich ein und schauten ihm zu. Ein Junge und ein Mädchen.
Er vollführte einige der Bewegungen, die er bei der Klingentänzerin gesehen hatte, kam sich dabei aber klobig und tollpatschig vor. Ihm war schleierhaft, wie man sich mit einem so schweren Gegenstand wie einem Schwert in der Hand so bewegen konnte, als führte man allenfalls eine Weidenrute. Was er aber an diesem Abend schon begriff, war, dass man das Gewicht des Schwertes nutzen konnte, um während eines Schlages zusätzlichen Schwung zu holen. Manchmal riss es ihn regelrecht mit sich mit, und einmal kappte er Zweige in unmittelbarer Nähe der beiden Kinder, ohne das eigentlich beabsichtigt zu haben. Die Kinder jedoch erschraken nicht, schauten ihn nur staunend an und trotteten ihm dann auch ins Dorf hinterher.
Seine Frage für morgen wusste er bereits.
In Laiheim wollte Erenis morgens nicht kämpfen, also zogen sie weiter, nach Denklen.
Ihr Abstand beim Wandern betrug
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