Klonk!
anderen Arbeiten. Er zog dauernd um, weil er die Miete nicht zahlen konnte, und dabei musste er das riesige Gemälde mit sich schleppen. Stellt es euch vor! Auf der Straße musste er um Farbe betteln, was einen großen Teil seiner Zeit beanspruchte, da nicht viele Leute eine Tube gebrannte Umbra mit sich führen. Außerdem behauptete er, es spräche zu ihm. Es steht alles da drin. In recht dramatisierter Form, fürchte ich.«
»Das Gemälde
sprach
zu ihm?«
Sir Reynold schnitt eine Grimasse. »Wir glauben, dass er das meinte. Genau wissen wir es nicht. Er hatte keine Freunde und glaubte, dass er sich in ein Huhn verwandeln würde, wenn er abends schlafen ging. Er schrieb kleine Zettel für sich, auf denen geschrieben stand: ›Du bist kein Huhn.‹ Allerdings vermutete er manchmal, dass er log. Man nimmt allgemein an, dass er sich so sehr auf das Gemälde konzentrierte, dass er eine Art Hirnfieber bekam. Am Ende hwar er sicher, dass er den hVerstand verlor. Er meinte, er könnte die Schlacht
hören
.«
»Woher weißt du das?«, fragte Fred Colon. »Du hast doch gesagt, er hatte keine Freunde.«
»Ah, der scharfe Intellekt des Polizisten!«, sagte Sir Reynold und lächelte. »Er schrieb sich Zettel, Feldwebel. Die ganze Zeit über. Als die letzte Hauswirtin sein Zimmer hbetrat, fand sie hunderte davon in alten Hühnerfutterbeuteln. Zum Glück konnte sie nicht lesen, und da sie ihren Mieter für eine Art Genie hielt und glaubte, dass er deshalb vielleicht etwas hatte, das sie verkaufen konnte, rief sie ihre Nachbarin Fräulein Adelina Heiter, die Aquarelle malte, und Fräulein Heiter rief einen Freund, der Bilder rahmte, und der hwiederum verständigte rasch Ephraim Dowster, den bekannten Landschaftsmaler. Seitdem rätseln Gelehrte über die Zettel und versuchen, mit ihnen Einblick in den gequälten Geist des armen Mannes zu gewinnen. Die Zettel sind nicht geordnet. Und einige von ihnen sind sehr… seltsam.«
»Noch seltsamer als ›Du bist kein Huhn‹?«, fragte Fred.
»Ja«, bestätigte Sir Reynold. »Oh, es geht um Stimmen, Omen, Geister… Darüber hinaus schrieb er ein Tagebuch – auf anderen Zetteln, die ihm gerade zur Hand waren, und vermerkte dabei nie Datum und Aufenthaltsort, um zu verhindern, dass das Huhn ihn fand. Und er drückte sich sehr vorsichtig aus, um dem Huhn keine verräterischen Informationen zu geben.«
»Entschuldige, aber du hast doch gesagt, dass er glaubte,
er
wäre ein Huhn…«, sagte Colon.
»hWer kann schon die Überlegungen eines armen Geisteskranken ergründen, Feldwebel?«, erwiderte Sir Reynold matt.
»Äh…
hat
das Gemälde zu ihm gesprochen?«, fragte Nobby Nobbs. »Es sind schon seltsamere Dinge geschehen.«
»Ahah, nein«, antwortete Sir Reynold. »Zumindest nicht in meiner Zeit. Seit das Buch in einer neuen Auflage erschienen ist, hat hier während der Besuchszeit ein Wächter gestanden, und er meint, das Gemälde hätte nie einen Ton von sich gegeben. Natürlich hat es die Leute immer fasziniert, und man erzählt sich Geschichten über einen verborgenen Schatz. Deshalb gab es eine Neuauflage des Buches. Die Leute mögen das Mysteriöse.«
»Wir nicht«, sagte Fred Colon.
»Ich weiß nicht einmal, wie das Mysteriöse schmeckt«, sagte Nobby und blätterte im
Kodex.
»Ich habe von diesem Buch gehört. Mein Freund Dave vom Briefmarkenladen hat mir von einer Geschichte über einen Zwerg erzählt, der in einem Dorf unweit des Koomtals aufkreuzte, gut zwei Wochen nach der Schlacht, und er war ganz verletzt, weil ihm Trolle aufgelauert hatten, und er war halb verhungert obendrein, genau, und niemand sprach so richtig Zwergisch, aber die Leute glaubten, dass sie ihm folgen sollten, und er sprach immer wieder ein Wort, und wie sich herausstellte, war es das zwergische Wort für ›Schatz‹, tja, und als sie ihm zurück ins Tal folgten, starb er auf dem Weg dorthin, und die Leute fanden nie was, und dann entdeckte dieser Künstlertyp etwas im Koomtal und verbarg den Fundort in diesem Bild, aber es brachte ihn um den Verstand. Wie ein Spuk, meinte Dave. Die Regierung hat alles vertuscht, meinte er außerdem.«
»Ja, aber dein Kumpel Dave redet dauert davon, dass die Regierung Dinge vertuscht, Nobby«, wandte Fred ein.
»Das tut sie auch.«
»Aber er erfährt immer davon, und
ihn
bringt niemand zum Schweigen«, sagte Fred.
»Ich weiß, dass du gern spottest, Feldwebel, aber es geschehen viele Dinge, von denen wir nichts wissen.«
»Was denn, zum Beispiel?«, erwiderte
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