Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kloster Northanger

Kloster Northanger

Titel: Kloster Northanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
Vom Netzwerk:
bloß sein? Aber verrate nichts, ich will es auf keinen Fall wissen. Ich wette, es ist ein Skelett – es ist bestimmt Laurentinas Skelett. Oh! Ich bin ganz hingerissen von dem Buch! Ich möchte am liebsten gar nicht wieder aufhören. Glaub mir, wenn wir nicht verabredet gewesen wären, hätte ich mich um nichts in der Welt davon getrennt.«
    »Meine liebste Freundin! Wie dankbar bin ich dir dafür; und wenn du
Udolpho
durchhast, lesen wir gemeinsam den
Italiener
13 , und ich habe schon eine Liste mit zehn oder zwölf ähnlichen Titeln für dich zusammengestellt.«
    »Wirklich! Wie mich das freut! Wie heißen sie denn alle?«
    »Ich lese dir die Titel gleich vor; hier sind sie, in meinem Notizbuch:
Burg Wolfenbach, Clermont, Geheimnisvolle Warnungen, Der Magier aus dem Schwarzwald, Mitternachtsglocke, Die Waise vom Rhein
und
Gruselige Geheimnisse
. 14 Die halten ein Weilchen vor.«
    »Ja, ganz bestimmt, aber sind sie auch alle gruselig, weißt du bestimmt, dass sie so richtig gruselig sind?«
    »Ja, ganz bestimmt, denn eine gute Freundin von mir, eine Miss Andrews, ein reizendes Mädchen, eins der reizendsten Geschöpfe der Welt, hat sie einen nach dem anderen gelesen. Wenn du Miss Andrews kennen würdest, du wärest entzückt von ihr. Sie knüpft sich gerade den süßesten Umhang, den du dir vorstellen kannst. Ich finde sie schön wie einen Engel und ärgere mich so, dass die Männer nicht auf sie fliegen! Ich mache ihnen deshalb immer eine unheimliche Szene.«
    »Eine Szene! Du machst ihnen eine Szene, weil sie sie nicht genug bewundern?«
    »Ja, natürlich. Es gibt nichts, was ich für meine wahren Freundinnen nicht täte. Ich kann nicht begreifen, wie man Menschen nur halbherzig liebt, das liegt mir einfach nicht. Wenn ich Freundschaft schließe, dann ganz oder gar nicht. Hauptmann Hunt habe ich letzten Winter auf einem unserer Bälle auch gesagt, selbst wenn er mir den ganzen Abend nachstellt, ich würde nicht mit ihm tanzen, außer er gibt zu, dass Miss Andrews schön wie ein Engel ist. Die Männer glauben nämlich immer, wir sind zu echter Freundschaft nicht fähig, und ich bin entschlossen, sie darüber aufzuklären. Also, wenn ich jemanden verächtlich von dir reden hörte, ich würde sofort explodieren. Aber das ist nicht sehr wahrscheinlich, denn du bist genau der Typ, um den sich die Männer reißen.«
    »Ach, du liebe Güte«, rief Catherine und wurde rot, »wie kommst du denn darauf?«
    »Ich kenne dich genau. Du steckst so voller Leben, und das ist genau das, was Miss Andrews fehlt, denn ich muss gestehen, sie macht einen unheimlich stumpfsinnigen Eindruck. Oh! Ich muss dir noch erzählen, gerade als wir uns gestern getrennt hatten, sah ich, wie ein junger Mann dich ganz ernsthaft ansah – er ist bestimmt in dich verliebt.« Catherine errötete und protestierte wieder. Isabella lachte: »Es ist wahr, Ehrenwort, aber ich durchschaue dich, dir sind die Männer alle ganz egal, außer der eine, und der bleibt ungenannt. Nein, ich kann dir keine Vorwürfe machen« (sie sprach ernsthafter), »deine Gefühle sind leicht zu erraten. Ich weiß genau, wie wenig einem an den Aufmerksamkeiten anderer liegt, wenn das Herz wirklich gesprochen hat. Alles, was nicht mit dem Geliebten zu tun hat, kommt einem so stumpfsinnig, so uninteressant vor. Ich weiß genau, wie dir ums Herz ist.«
    »Aber du sollst mich nicht dazu bringen, so viel an Mr. Tilney zu denken, denn vielleicht sehe ich ihn nie wieder.«
    »Ihn nicht wiedersehen! Meine liebste Freundin, sei still. Mit solchen Gedanken machst du dich nur unglücklich.«
    »Nein, durchaus nicht. Ich will nicht so tun, als ob er mir nicht sehr gut gefallen hat. Aber solange ich
Udolpho
habe, kommt es mir vor, als ob mich niemand unglücklich machen könnte. Oh! Der furchtbare schwarze Vorhang! Meine liebe Isabella, dahinter ist doch bestimmt Laurentinas Skelett.«
    »Es ist mir unbegreiflich, dass du
Udolpho
nie gelesen hast, aber ich nehme an, Mrs. Morland hat etwas gegen Romane?«
    »Nein, das stimmt nicht. Sie liest selbst
Sir Charles Grandison
15 immer wieder; aber neue Bücher kommen uns nie in die Hände.«
    »
Sir Charles Grandison
! Das ist ein unheimlich gruseliges Buch, oder? Ich erinnere mich, Miss Andrews konnte nicht einmal den ersten Band durchkriegen.«
    »Es ist ganz anders als
Udolpho
, aber ich finde es trotzdem ganz unterhaltsam.«
    »Wirklich! Das wundert mich; ich dachte, es wäre unlesbar. Aber, liebste Catherine, bist du dir schon im Klaren, was du

Weitere Kostenlose Bücher