Kloster Northanger
heute Abend aufsetzt? Ich bestehe darauf, haargenau dasselbe anzuziehen wie du. Manchmal fällt wenigstens das ja den Männern auf.«
»Aber darauf kommt es doch nicht an«, sagte Catherine in aller Unschuld.
»Kommt es nicht an! Du lieber Himmel! Ich habe es mir zur Regel gemacht, mich gar nicht um das zu kümmern, was sie sagen. Sie sind oft so unheimlich impertinent, wenn man nicht selbstbewusst auftritt und sie auf Abstand hält.«
»Wirklich? Das ist mir noch nicht aufgefallen. Mir gegenüber benehmen sie sich immer sehr anständig.«
»Was! Sie sind so eingebildet! So grenzenlos von sich selbst überzeugt und nehmen sich so schrecklich wichtig! Nebenbei bemerkt, obwohl ich schon hundertmal daran gedacht habe, habe ich immer vergessen, dich zu fragen, welcher Typ von Mann dir besser gefällt, dunkel oder blond?«
»Ich weiß nicht recht. Ich habe darüber noch nicht richtig nachgedacht. Irgendwo dazwischen, glaube ich. Brünett – nicht blond und auch nicht richtig dunkel.«
»Na bitte, Catherine, genau so sieht er aus. Ich erinnere mich genau an deine Beschreibung von Mr. Tilney: ›braune Haut mit dunklen Augen und ziemlich dunklem Haar‹. Na ja, mein Geschmack ist das nicht. Ich bin mehr für blaue Augen, und was die Hautfarbe angeht – ob du es glaubst oder nicht, ich ziehe helle Haut vor. Du darfst mich nicht verraten, wenn du in deiner Bekanntschaft mal jemandem begegnest, der dieser Beschreibung entspricht.«
»Dich verraten? Wie meinst du das?«
»Ach lass, bring mich nicht in Verlegenheit. Ich habe sicher schon zu viel gesagt. Wir wollen lieber das Thema wechseln.«
Catherine war es recht, obwohl sie einigermaßen überrascht war, und sie war nach einem kurzen Schweigen im Begriff, zu dem Thema zurückzukehren, das sie im Moment am allermeisten interessierte, Laurentinas Skelett, als ihre Freundin sie mit der Bemerkung davon abhielt: »Um Gottes willen! Wir wollen uns woanders hinsetzen. Siehst du die beiden unausstehlichen jungen Männer, die mich schon eine halbe Stunde lang anstarren? Sie machen mich ganz verlegen. Wir wollen sehen, wer neu angekommen ist. Dahin kommen sie uns bestimmt nicht nach.«
Also gingen sie zum Gästebuch, und während Isabella die Namen durchging, hatte Catherine die Aufgabe, die Bewegungen der alarmierenden jungen Männer zu verfolgen.
»Sie kommen uns doch wohl nicht nach, oder? Hoffentlich sind sie nicht so impertinent, uns zu folgen. Sag mir bitte auf jeden Fall, wenn sie kommen. Ich werde sie keines Blickes würdigen.«
Einen Augenblick später versicherte ihr Catherine mit ungekünsteltem Vergnügen, dass sie unbesorgt sein könne, da die Herren gerade die Brunnenhalle verlassen hätten.
»Und wohin sind sie gegangen?«, fragte Isabella und drehte sich hastig um. »Der eine sah sehr gut aus.«
»Sie sind in Richtung Churchyard gegangen.«
»Na schön, ich bin unheimlich froh, sie los zu sein! Und jetzt – wie wär’s, wenn wir zu Edgar’s Buildings gingen und uns den neuen Hut ansähen? Du wolltest ihn doch sehen, oder?«
Catherine war sofort einverstanden. »Nur«, sagte sie, »überholen wir dann womöglich die beiden jungen Männer.«
»Oh! Das macht nichts. Wenn wir uns beeilen, überholen wir sie vielleicht gleich, und ich kann es kaum erwarten, dir den Hut zu zeigen.«
»Aber wenn wir ein paar Minuten warten, besteht doch keine Gefahr, dass wir ihnen überhaupt begegnen.«
»So ein Kompliment werde ich ihnen nicht machen, das kannst du mir glauben. Ich denke gar nicht daran, die Männer mit so viel Rücksicht zu behandeln. Damit verwöhnt man sie nur.«
Solchen Argumenten hatte Catherine nichts entgegenzusetzen; und so folgten sie, um die Unabhängigkeit von Miss Thorpe und ihre Entschlossenheit zu beweisen, das starke Geschlecht zu demütigen, auf der Stelle und so schnell sie konnten, den Spuren der jungen Männer.
Kapitel 7
In einer halben Minute hatten sie die Anlagen der Brunnenhalle bis zum Torbogen gegenüber der Union Passage hinter sich; aber hier mussten sie anhalten. Wer Bath kennt, wird sich daran erinnern, wie schwierig es ist, die Cheap Street an dieser Stelle zu überqueren. Denn sie ist eine so niederträchtige, so unglücklich mit den großen Landstraßen nach London und Oxford und mit dem größten Hotel am Platze verbundene Verkehrsader, dass kein Tag vergeht, an dem nicht ganze Gruppen von Damen, unabhängig von der Dringlichkeit ihres Vorhabens – ob sie nun hinter Back- oder Modewaren oder sogar wie in diesem
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