Kloster Northanger
Sie, nur, wie es sich bewegt. Das Pferd
kann
gar nicht weniger als zehn Meilen in der Stunde laufen. Sie können ihm die Beine fesseln, es kommt trotzdem vorwärts. Wie finden Sie meine Gig, Miss Morland? Gar nicht so übel, oder? Gute Federung, Londoner Fabrikat. Ich habe sie erst knapp einen Monat. Sie wurde für einen vom Christchurch College 17 gebaut – ein Freund von mir, ganz netter Bursche. Er hat sie nur ein paar Wochen gefahren, dann wollte er sie, glaube ich, wieder loswerden. Ich sah mich damals gerade nach irgendetwas Leichtem in der Art um, obgleich ich mich eigentlich für einen Zweispänner entschieden hatte, aber ich traf ihn zufällig im letzten Semester auf der Magdalen Bridge, als er nach Oxford reinfuhr. ›Ah, Thorpe‹, sagt er, ›brauchst du vielleicht gerade einen fahrbaren Untersatz? Erstklassiger Wagen, aber ich kann ihn nicht mehr ausstehen.‹ ›Ach, verdammt‹, sage ich, ›da bist du an den Richtigen gekommen. Was willst du dafür haben?‹ Und raten Sie mal, was er dafür haben wollte, Miss Morland?«
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung.«
»Gefedert wie ein Zweispänner, oder? Sitz, Chassis, Schwertkasten, Schutzblech, Lampen, Silberbeschläge, komplett mit allem, die Metallteile so gut wie neu, wenn nicht besser. Er wollte fünfzig Guineen haben. Ich willigte sofort ein, zahlte bar auf die Hand, und die Kutsche gehörte mir.«
»Ich muss gestehen«, sagte Catherine, »ich verstehe so wenig von diesen Dingen, dass ich nicht beurteilen kann, ob das billig oder teuer ist.«
»Weder noch, ich hätte sie vermutlich sogar für weniger gekriegt, aber ich kann das Feilschen nicht ausstehen, und der arme Freeman brauchte dringend Geld.«
»Das war aber nett von Ihnen«, sagte Catherine angenehm berührt.
»Ach, verdammt, wenn man die Mittel hat, einem Freund einen Gefallen zu tun, bin ich der Letzte, der knausert.«
Nun erkundigte man sich nach den Plänen der jungen Damen, und als die Herren erfuhren, wohin sie unterwegs waren, war es beschlossene Sache, dass sie sie zu Edgar’s Buildings begleiten würden, um Mrs. Thorpe ihre Aufwartung zu machen. James und Isabella gingen voran, und diese war mit ihrem Schicksal so zufrieden, so darauf bedacht, ihren Begleiter, der sich doppelt empfahl, weil er zugleich der Freund ihres Bruders und der Bruder ihrer Freundin war, einen angenehmen Spaziergang zu bieten – so unschuldig und gar nicht kokett sah es in ihrem Herzen aus, dass sie nicht einmal daran dachte, die Aufmerksamkeit der unverschämten jungen Männer auf sich zu ziehen, obwohl sie diese in der Milton Street überholten, und sie sich nur dreimal nach ihnen umsah.
John Thorpe ging natürlich neben Catherine und brachte nach einigen Minuten Schweigen das Gespräch wieder auf seine Gig: »Sie werden allerdings einige Leute sagen hören, Miss Morland, dass ich ein gutes Geschäft gemacht habe, denn ich hätte sie schon am nächsten Tag für zehn Guineen mehr wieder verkaufen können. Jackson vom Oriel College wollte mir auf der Stelle sechzig geben; Morland war dabei.«
»Ja«, sagte Morland, der zugehört hatte, »aber du vergisst, dass das Pferd mit inbegriffen war.«
»Mein Pferd! Ach, verdammt! Mein Pferd würde ich nicht für hundert verkaufen. Fahren Sie gerne im offenen Wagen, Miss Morland?«
»Ja, sehr gern, ich habe bisher kaum Gelegenheit dazu gehabt, aber ich tu es sehr gern.«
»Das freut mich, ich fahre Sie jeden Tag in meinem spazieren.«
»Vielen Dank«, sagte Catherine in einiger Verlegenheit, weil sie sich nicht darüber klar war, ob es sich gehörte, ein solches Angebot anzunehmen.
»Morgen fahre ich Sie nach Landsdown Hill hinauf.«
»Vielen Dank, aber braucht Ihr Pferd nicht etwas Ruhe?«
»Ruhe! Es ist doch heute nur dreiundzwanzig Meilen gelaufen. Alles Unsinn! Nichts ist schlimmer für Pferde als zu viel Ruhe; nichts gibt ihnen so schnell den Rest. Nein, nein! Ich lasse es täglich mindestens vier Stunden laufen, solange ich hier bin.«
»Wirklich«, sagte Catherine sehr ernst, »das sind am Tag ja vierzig Meilen.«
»Vierzig, ach was, fünfzig, wenn es nach mir geht. Also, morgen fahre ich Sie nach Landsdown hinauf; vergessen Sie unsere Verabredung nicht.«
»Was für ein zauberhafter Plan«, rief Isabella und drehte sich um, »meine liebste Catherine, wie ich dich beneide; aber wie ich dich kenne, Bruder, hast du für eine Dritte bestimmt keinen Platz.«
»Eine Dritte, das fehlte noch! Nein, nein, ich bin doch nicht nach Bath gekommen, um
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