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Kloster Northanger

Kloster Northanger

Titel: Kloster Northanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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man auf der einen Seite ein hochgespieltes Geheimnis verbarg, das man auf der anderen ins Blaue hinein zu erraten versuchte, wobei beide Parteien sich gegenseitig an Esprit überboten.
    Catherine verbrachte den nächsten Tag wieder mit ihrer Freundin und versuchte, ihr Mut zu machen und die vielen öden Stunden bis zum Empfang des Briefes zu vertreiben; eine notwendige Anstrengung, denn als die Zeit heranrückte, wo man die Nachricht mit einiger Berechtigung erwarten durfte, wurde Isabella immer niedergeschlagener, und kurz bevor der Brief ankam, hatte sie sich in einen Zustand echter Verzweiflung hineingesteigert. Aber als er tatsächlich eintraf – wo wäre ein Grund zur Verzweiflung gewesen? »Ich habe keinerlei Schwierigkeiten gehabt, die Zustimmung meiner lieben Eltern und das Versprechen zu erhalten, dass sie alles tun werden, um mein Glück zu vervollständigen«, lauteten die ersten drei Zeilen, und im Nu war sie ganz freudige Zuversicht. Isabellas Gesicht strahlte augenblicklich vor Glück, alle Sorge und Angst war verschwunden, ihre Stimmung war fast zu ausgelassen, und sie nannte sich ohne alle Skrupel den glücklichsten Menschen unter der Sonne.
    Mrs. Thorpe umarmte ihre Tochter, ihren Sohn, ihren Gast unter Freudentränen und hätte am liebsten aus Genugtuung halb Bath umarmt. Sie wusste sich vor Zärtlichkeit gar nicht zu lassen. »Lieber John« und »liebe Catherine« hieß es in jedem Satz, und die liebe Anne und die liebe Maria mussten auf der Stelle an ihrem Glück teilnehmen, und zweimal das Wort »lieb« vor dem Namen Isabellas war nicht mehr als recht und billig für ihr geliebtes Kind. John selbst war kein Spielverderber. Er erwies Mr. Morland nicht nur die große Ehre, ihn einen Pfundskerl zu nennen, sondern begleitete die Lobeshymne auf ihn auch mit einer wahren Flut von Flüchen.
    Der Brief, der all diese Begeisterung ausgelöst hatte, war kurz und enthielt wenig mehr als die Versicherung seines Erfolgs, und wegen der Einzelheiten wurden sie auf James’ nächsten Brief vertröstet. Aber auf die Einzelheiten konnte Isabella gut warten. Mr. Morlands Zustimmung war alles, was nötig war. Er hatte sich dazu verpflichtet, ihnen die Wege zu ebnen; und wie sie ihr Einkommen verdienen würden, ob sie Grundbesitz übereignet bekamen oder angelegtes Kapital erhielten, war ihr in ihrer Uninteressiertheit gleichgültig. Sie wusste genug, um die Gewähr für die angemessene und schnelle Einrichtung eines Haushalts zu haben, und malte sich in ihrer blühenden Phantasie gleich die damit verbundenen Annehmlichkeiten aus. Sie sah sich ein paar Wochen später als Gegenstand des Staunens und der Bewunderung aller neuen Bekannten in Fullerton, des Neids aller alten geschätzten Freunde in Putney, eine Kutsche zu ihrer Verfügung, ein neuer Name auf ihren Visitenkarten und eine glanzvolle Sammlung von Diamanten an ihrem Finger.
    Als der Brief mit der guten Nachricht ausführlich diskutiert war, rüstete sich John Thorpe, der nur seine Ankunft erwartet hatte, zum Aufbruch für seine Reise nach London. »Also, Miss Morland«, sagte er, als er sie allein im Wohnzimmer fand, »ich bin gekommen, um mich zu verabschieden.« Catherine wünschte ihm eine gute Reise. Anscheinend ohne sie zu hören, ging er ans Fenster, tat beschäftigt, summte eine Melodie und schien völlig selbstvergessen.
    »Kommen Sie nicht zu spät nach Devizes?« fragte Catherine. Er gab keine Antwort, aber nach einem Schweigen von einer Minute sagte er überstürzt: »Eine tolle Sache, dieser Heiratsplan, Ehrenwort! Kein schlechter Einfall von Morland und Belle! Was meinen Sie, Miss Morland? Also, ich finde es gar nicht so dumm, oder?«
    »Ich finde es ausgezeichnet.«
    »Wirklich? Ein ehrliches Wort, so wahr ich lebe, aber ich bin froh, dass Sie nichts gegen die Ehe haben. Haben Sie schon einmal das alte Lied gehört ›Eine Hochzeit zieht die nächste nach sich‹? Also, Sie kommen doch hoffentlich zu Belles Hochzeit?«
    »Wenn möglich, ja; ich habe es Ihrer Schwester versprochen.«
    »Na ja, und dann«, er druckste verlegen herum und zwang sich zu einem albernen Lächeln, »na ja, und dann könnten wir also ausprobieren, ob das alte Lied stimmt.«
    »Wirklich? Aber ich singe nie. Trotzdem, ich wünsche Ihnen eine gute Reise. Ich bin heute Abend bei Miss Tilney eingeladen und muss jetzt nach Hause.«
    »Nicht doch, warum haben Sie es so verdammt eilig. Wer weiß, wann wir uns wiedersehen. Nicht, dass ich nicht in vierzehn Tagen wahrscheinlich

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