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Kloster Northanger

Kloster Northanger

Titel: Kloster Northanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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ausstehende Zustimmung von Fullerton erlaubte, als beschlossene Sache gelten.
    Durch die Ereignisse des Vormittags hatte Catherine die ganze Skala von Ungewissheit, Zuversicht und Enttäuschung durchlaufen, aber sie alle lösten sich nun unwiderruflich in vollkommene Seligkeit auf, und in ekstatischer Begeisterung, mit Henry im Herzen und Kloster Northanger auf den Lippen, eilte sie nach Hause, um ihren Brief zu schreiben. Da Mr. und Mrs. Morland sich auf das richtige Urteil der Freunde verlassen konnten, denen sie ihre Tochter anvertraut hatten, zweifelten sie nicht an der Schicklichkeit einer Bekanntschaft, die unter ihren Augen entstanden war, und schickten daher postwendend ihre bereitwillige Zustimmung zu Catherines Besuch in Gloucestershire. Diese von Catherine allerdings erwartete Erfüllung ihres Wunsches bestätigte sie in der Überzeugung, dass sie mehr als jedes andere menschliche Wesen durch Freunde und Glück, Umstände und Zufälle begünstigt war. Alles wendete sich anscheinend zu ihren Gunsten. Durch die Freundlichkeit ihrer ersten Freunde, der Allens, war sie in eine Gesellschaft eingeführt worden, wo sie alle möglichen Vergnügungen kennengelernt hatte. Alle ihre Hoffnungen, alle ihre Wünsche hatten sich aufs schönste erfüllt. Wer ihre Sympathie gefunden hatte, der hatte sie auch erwidert. Isabellas Zuneigung blieb ihr für immer als die einer Schwägerin erhalten. Die Tilneys, an deren guter Meinung ihr vor allem lag, übertrafen sogar ihre eigenen Wünsche durch die schmeichelhafte Einladung, durch die ihre Freundschaft fortgesetzt werden sollte. Sie sollte ihr erwählter Gast sein, sie sollte Wochen mit dem Menschen unter einem Dach verbringen, dessen Gesellschaft sie am meisten schätzte, und obendrein sollte dieses Dach auch noch das eines alten Klosters sein! Ihre Leidenschaft für alte Bauten stand nur ihrer Leidenschaft für Henry Tilney nach, und wenn ihre Träumereien nicht von seinem Bild erfüllt waren, dann aufs angenehmste von Burgen und Klöstern. Die Wälle und Verliese der einen oder die Kreuzgänge der anderen zu besichtigen und zu erkunden war schon viele Wochen lang ihr Lieblingswunsch, obwohl schon ein kurzer Besuch anscheinend in immer unerreichbarere Ferne gerückt war. Und doch sollte er nun Wirklichkeit werden. Northanger hätte ebenso gut Haus oder Hof, Palast oder Park, Stadt oder Stall sein können, aber es stellte sich gegen alle Wahrscheinlichkeit ausgerechnet als Kloster heraus, und sie sollte darin wohnen. Seine langen, feuchten Gänge, seine engen Zellen und seine verfallene Kapelle sollten etwas für sie Alltägliches werden, und sie konnte die Hoffnung auf irgendwelche alten Familiensagen, irgendwelche furchtbaren Andenken an eine von Menschen und vom Schicksal verfolgte unglückselige Nonne nicht aufgeben.
    Es war kaum zu glauben, dass ihre Freunde von dem Besitz eines solchen Zuhauses so wenig begeistert waren, dass sie das Bewusstsein davon so gleichgültig ließ. Nur durch die Macht früher Gewohnheit ließ es sich erklären. Eine durch Geburt erworbene Auszeichnung erschien ihnen nicht als etwas Besonderes. Ein privilegiertes Zuhause bedeutete ihnen nicht mehr als ihre sozialen Privilegien.
    Viele Fragen hatte sie Miss Tilney zu stellen, aber ihre Phantasie war so beschäftigt, dass sie nach der Beantwortung ihrer Fragen kaum genauer wusste, dass Northanger zur Zeit der Reformation ein reiches Kloster gewesen und bei seiner Auflösung den Vorfahren der Tilneys zugefallen war; dass ein großer Teil des alten Baues noch bewohnt, obwohl das Übrige verfallen war; oder dass es tief im Tal stand und nach Norden und Osten durch ansteigende Eichenwälder geschützt wurde.

Kapitel 18
    So von ihrem Glück erfüllt, merkte Catherine kaum, dass zwei oder drei Tage vergangen waren, ohne dass sie Isabella insgesamt mehr als ein paar Minuten gesehen hatte. Sie wurde sich dessen erst langsam bewusst und sehnte sich nach ihrer Unterhaltung, als sie eines Vormittags an Mrs. Allens Seite durch die Brunnenhalle wanderte, ohne irgendetwas zu sagen oder zu hören, und kaum hatte sie fünf Minuten lang Sehnsucht nach Freundschaft empfunden, da tauchte das Ziel ihrer Wünsche auf und führte sie in dem Bedürfnis nach einer geheimen Beratung zu einem Sitzplatz. »Dies ist mein Lieblingsplatz«, sagte Isabella, als sie sich auf die Bank zwischen den Türen niederließen, von der man einen recht guten Blick auf alle durch die beiden Türen Eintretenden hatte, »er ist so

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