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Kloster Northanger

Kloster Northanger

Titel: Kloster Northanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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blieb die Peinlichkeit, eine Antwort geben zu müssen, durch den Eintritt des Generals erspart, dessen von Lächeln begleitete Komplimente gute Laune verrieten, dessen zartfühlende Anspielung auf das Vergnügen am gemeinsamen Frühaufstehen aber nicht gerade ihrer Verfassung dienlich war.
    Das geschmackvolle Frühstücksgeschirr verfehlte seine Wirkung auf Catherine nicht, als sie sich an den Tisch gesetzt hatten, und glücklicherweise hatte der General es selbst ausgesucht. Er war entzückt, dass sie seine Wahl billigte, räumte ein, dass das Service schlicht und bescheiden sei, hielt es für richtig, die Industrie des eigenen Landes zu unterstützen, und was ihn betraf, so schmecke seinem unkritischen Gaumen der Tee aus Porzellan von Staffordshire genauso aromatisch wie aus Geschirr von Dresden oder Sèvre. Aber das Service sei ziemlich alt, schon vor zwei Jahren gekauft. Die Industrie habe seitdem große Fortschritte gemacht. Er habe ein paar wunderschöne Tassen gesehen, als er das letzte Mal in London gewesen sei, und wenn ihm in dieser Hinsicht nicht jegliche Eitelkeit abginge, wäre er vielleicht in Versuchung gewesen, ein neues Service zu bestellen. Er sei allerdings überzeugt, dass sich über kurz oder lang eine Gelegenheit ergeben werde, neues Geschirr auszuwählen – wenn auch nicht für ihn selbst. Catherine war vermutlich die Einzige in der Runde, die ihn nicht begriff.
    Kurz nach dem Frühstück brach Henry nach Woodston auf, wo ihn seine Pflichten zwei oder drei Tage festhalten würden. Sie versammelten sich alle in der Halle, um zuzusehen, wie er sein Pferd bestieg, und in der Hoffnung, noch einen Blick von seiner Gestalt zu erhaschen, trat Catherine gleich bei ihrer Rückkehr ins Frühstückszimmer an eins der Fenster. »Da muss dein Bruder seinen ganzen Mut zusammennehmen«, bemerkte der General zu Eleanor. »Woodston wird heute wohl einen traurigen Eindruck auf ihn machen.«
    »Ist es hübsch?«, fragte Catherine.
    »Was meinst du, Eleanor, sag deine Meinung, denn wenn es um Häuser oder Männer geht, wissen Frauen am besten, was Frauen gefällt. Ich glaube, selbst das unvoreingenommenste Auge muss zugeben, dass es durchaus seine Vorzüge hat. Das Haus ist von üppigen Wiesen umgeben und hat die Front nach Südosten, wo auch der ausgezeichnete Küchengarten liegt. Ich selbst habe den Besitz meinem Sohn zuliebe vor ungefähr zehn Jahren einzäunen lassen und den Viehbestand angeschafft. Die Pfarrei ist Familienbesitz, Miss Morland, und da mir auch der größere Teil der Ländereien im Dorf gehört, können Sie sich vorstellen, dass ich alles tue, damit sie etwas abwerfen. Wäre Henry für sein Einkommen lediglich auf die Pfarrei angewiesen, wäre er übel daran. Vielleicht kommt es Ihnen eigenartig vor, dass ich bei nur zwei jüngeren Kindern einen Beruf für ihn notwendig erachte, und es gibt tatsächlich Augenblicke, wo wir ihn von allen beruflichen Pflichten frei wünschten. Aber obwohl es mir nicht gelingen dürfte, euch junge Damen eines Besseren zu belehren, wird mir Ihr Vater, Miss Morland, ganz gewiss darin beipflichten, dass es ratsam ist, jungen Männern wenigstens eine Beschäftigung zu geben. Geld ist nichts, es ist kein Lebensziel, erst Beschäftigung ist das Wahre. Sogar Frederick, mein ältester Sohn, der es wohl eines Tages an ererbtem Grund und Boden mit jedem Gentleman im Land aufnehmen kann, hat ja seinen Beruf.«
    Die eindrucksvolle Wirkung dieses letzten Arguments entsprach ganz seinen Wünschen. Das Schweigen der jungen Dame bewies seine Unwiderlegbarkeit.
    Am Abend vorher war von einem Rundgang durchs Haus gesprochen worden, und der General erbot sich nun als ihr Führer. Und obwohl Catherine gehofft hatte, die Besichtigung nur in Begleitung seiner Tochter zu machen, war der Vorschlag an sich viel zu reizvoll, um nicht mit Vergnügen angenommen zu werden, denn sie war bereits seit achtzehn Stunden im Kloster und hatte erst einige wenige Zimmer gesehen. Das Handarbeitskörbchen, das sie gerade zögernd hervorgeholt hatte, wurde mit freudiger Eile geschlossen, und sie war im Nu bereit, ihn zu begleiten. Und nach der Besichtigung des Hauses wollte er sich darüber hinaus das Vergnügen gönnen, sie in Park und Garten zu begleiten. Catherine knickste zustimmend. Aber vielleicht war es ihr lieber, zuerst dorthin zu gehen. Das Wetter war gerade so freundlich, und zu dieser Jahreszeit bestand wenig Aussicht, dass es so bleiben würde. Was war ihr lieber? Ihm war beides recht. Und

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