Kloster Northanger
seine Tochter, was würde ihrer Meinung nach den Wünschen ihrer hübschen Freundin eher entsprechen? Aber er sehe schon, ja, er lese tatsächlich in Miss Morlands Augen den verständigen Wunsch, das augenblicklich verlockende Wetter auszunutzen. Aber wann irre sie sich schon? Das Kloster laufe ihnen ja nicht weg. Ihr Wunsch war ihm Befehl. Er würde seinen Hut holen und sich umgehend zu ihnen gesellen. Er verließ das Zimmer, und Catherine, deren Gesicht Enttäuschung verriet, gab ihrer Besorgnis Ausdruck, dass er sie gegen seinen Willen, in der irrtümlichen Annahme, ihr damit einen Gefallen zu tun, ins Freie begleiten wolle. Aber sie wurde von Miss Tilney unterbrochen, die in leichter Verlegenheit sagte: »Ich glaube, es ist am klügsten, nach draußen zu gehen, solange das Wetter schön ist. Und machen Sie sich um meinen Vater keine Sorgen, er geht um diese Zeit immer spazieren.«
Catherine war sich nicht sicher, wie sie diese Worte zu verstehen hatte. Warum war Miss Tilney peinlich berührt? Hatte der General seine Gründe, warum er ihr das Kloster nicht zeigen wollte? Es war sein eigener Vorschlag. Und war es nicht merkwürdig, dass er seinen Spaziergang immer so früh machte? Weder ihr Vater noch Mr. Allen taten das. Das Ganze gab ihr zu denken. Sie konnte es gar nicht abwarten, das Gebäude zu sehen, und interessierte sich überhaupt nicht für Park und Garten. Ja, wenn Henry dabei gewesen wäre … Aber so würde sie das Pittoreske nicht einmal erkennen, wenn sie es sah. Das waren ihre Gedanken, aber sie behielt sie für sich und setzte in schweigender Ergebenheit ihren Hut auf.
Trotzdem übertraf die Großartigkeit des Klosters, als sie es zum ersten Mal vom Rasen aus vor sich sah, alle ihre Erwartungen. Das ganze Gebäude umschloss einen großen Innenhof, und zwei Seiten des Vierecks, reich an gotischen Verzierungen, forderten besonders zur Bewunderung heraus. Der Rest wurde von alten Baumgruppen und üppigen Bepflanzungen verdeckt, und die steilen, bewaldeten Hügel, die sich schützend dahinter erhoben, boten selbst im kahlen Monat März einen schönen Anblick. Catherine hatte nie etwas Vergleichbares gesehen, und ihr Entzücken war so groß, dass sie, ohne sich auf eine größere Autorität zu berufen, ungehemmt in Bewunderung und Lob ausbrach. Der General hörte mit beifälliger Dankbarkeit zu, und es schien, als sei sein eigenes Urteil über Northanger bis zu dieser Stunde unentschieden gewesen.
Als Nächstes sollte der Küchengarten bewundert werden, und er ging ihnen quer durch den Park voran.
Der Garten war mehr als doppelt so groß wie der von Mr. Allen und ihrem Vater zusammen, Kirchhof und Obstgarten eingeschlossen, und Catherine vernahm die Zahl der Hektar mit Bestürzung. Die Mauern schienen zahlund endlos. Ein ganzes Dorf von Gewächshäusern schien sich zwischen ihnen zu erheben, und die Bewohner einer ganzen Gemeinde in seinen Mauern an der Arbeit zu sein. Der General fühlte sich geschmeichelt durch Catherines bewundernde Blicke, die ihm unverhohlen verrieten, was er sie bald in Worten zu gestehen zwang, dass sie nämlich einen solchen Garten noch nie in ihrem Leben gesehen habe, worauf er in aller Bescheidenheit, und ohne dass er Ehrgeiz oder übertriebenen Eifer in dieser Beziehung hege, zugab, dass es wohl kaum seinesgleichen im Lande hatte. Wenn er ein Hobby habe, dann dies. Er liebe Gärten. Obwohl er auf das Essen im Allgemeinen nicht viel Wert lege, liebe er gutes Obst, oder wenn nicht er, so doch wenigstens seine Freunde und Kinder. Ein solcher Garten bringe allerdings auch erhebliche Unannehmlichkeiten mit sich. Auch die liebevollste Pflege garantiere noch längst nicht die besten Früchte. Die Ananasbäume hätten im letzten Jahr nur hundert Früchte getragen. Mr. Allen wisse davon sicher ein ähnliches Lied zu singen wie er.
»Nein, keineswegs, Mr. Allen interessiert sich überhaupt nicht für seinen Garten und hat ihn noch nie betreten.«
Mit einem selbstgefälligen Lächeln des Triumphs äußerte der General den Wunsch, das auch von sich sagen zu können, denn er betrete seinen Garten nie, ohne sich irgendwie darüber ärgern zu müssen, dass er seinen Ansprüchen nicht genüge.
»Wie unterhält Mr. Allen seine Treibhäuser?«, fragte er, während er seine eigene Methode bei ihrem Eintritt beschrieb.
Mr. Allen habe nur ein einziges Gewächshaus, das Mrs. Allen im Winter für ihre Topfpflanzen benutze, und gelegentlich brenne darin ein Feuer.
»Glücklicher Mann!«,
Weitere Kostenlose Bücher