Kloster Northanger
hatte, sich geliebt zu glauben, dann ich. Ich verstehe immer noch nicht, worauf sie eigentlich hinauswollte, denn es war wirklich nicht nötig, mir etwas vorzuspielen, um sich Tilneys zu versichern.
Wir trennten uns schließlich in gegenseitigem Einverständnis. Ich wollte, ich wäre ihr nie begegnet! Eine solche Frau werde ich nie wiederfinden. Liebste Catherine, nimm Dich in acht, wem Du Dein Herz schenkst!
Glaub mir« etc.
Catherine hatte noch keine drei Zeilen gelesen, als die plötzliche Veränderung ihrer Züge und die kurzen, ungläubigen Schreckensschreie verrieten, dass sie unerfreuliche Nachrichten erhielt, und Henry, der sie bei der Lektüre des ganzen Briefes aufmerksam betrachtete, erkannte deutlich, dass das Ende nicht besser war als der Anfang. Aber der Eintritt seines Vaters hinderte ihn sogar daran, seine Überraschung zu zeigen. Sie setzten sich gleich an den Frühstückstisch, aber Catherine konnte kaum etwas essen. Tränen standen ihr in den Augen und liefen ihr sogar die Wangen hinunter, während sie am Tisch saß. Mal hielt sie den Brief in der Hand, mal in ihrem Schoß, mal in ihrer Tasche, und sie sah aus, als wüsste sie gar nicht, was sie tat. Über seinem Kakao und seiner Zeitung hatte der General zum Glück kein Auge für sie. Aber den beiden anderen blieb ihr Kummer nicht verborgen. Sobald sie sich traute, vom Tisch aufzustehen, eilte sie hinauf in ihr eigenes Zimmer. Aber die Mädchen waren darin beschäftigt, und ihr blieb nichts anderes übrig, als wieder hinunterzugehen. Sie ging ins Wohnzimmer, um allein zu sein, aber Henry und Eleanor hatten sich ebenfalls dorthin zurückgezogen und befanden sich in diesem Augenblick tief in einem Gespräch über sie. Sie wandte sich ab und versuchte, sich zu entschuldigen, wurde aber mit liebevoller Gewalt zur Rückkehr bewegt. Und nachdem Eleanor sie zärtlich ihres Beistandes und Trostes versichert hatte, ließen die beiden sie allein.
Eine halbe Stunde ließ Catherine ihrem Schmerz und ihren Überlegungen freien Lauf, dann fühlte sie sich einer Begegnung mit den Freunden gewachsen. Aber ob sie ihnen ihren Kummer anvertrauen sollte, war eine andere Frage. Vielleicht würde sie, wenn man in sie drang, darauf anspielen, nur eine vorsichtige Andeutung machen, nicht mehr. Eine Freundin bloßzustellen, eine Freundin wie Isabella es gewesen war … und dann ihr eigener Bruder so unmittelbar darin verstrickt! Sie fand, sie müsse das Thema ganz und gar vermeiden. Henry und Eleanor waren allein im Frühstückszimmer, und beide sahen sie bei ihrem Eintritt besorgt an. Catherine nahm am Tisch Platz, und nach kurzem Schweigen sagte Eleanor: »Hoffentlich keine schlechten Nachrichten aus Fullerton? Mr. und Mrs. Morland, Ihre Geschwister, hoffentlich ist niemand krank?«
»Nein, vielen Dank.« (Sie seufzte beim Sprechen.) »Es geht ihnen allen gut. Der Brief kommt von meinem Bruder aus Oxford.«
Ein paar Minuten lang wurde nichts weiter gesagt, dann fuhr Catherine unter Tränen fort: »Ich glaube nicht, dass ich je wieder einen Brief bekommen möchte.«
»Es tut mir leid«, sagte Henry und schloss das Buch, das er gerade aufgeschlagen hatte, »aber wenn ich geahnt hätte, dass der Brief Unerfreuliches enthält, hätte ich ihn mit ganz anderen Gefühlen überreicht.«
»Es stand darin etwas Schlimmeres, als man ahnen konnte. Der arme James ist so unglücklich. Sie werden bald erfahren, warum.«
»Eine so mitfühlende, so liebevolle Schwester zu haben«, erwiderte Henry nachdrücklich, »muss bei allem Missgeschick ein Trost für ihn sein.«
»Ich muss Sie um einen Gefallen bitten«, sagte Catherine kurz darauf erregt, »wenn Ihr Bruder kommt, sagen Sie mir bitte Bescheid, damit ich vorher abreisen kann.«
»Unser Bruder! Frederick!«
»Ja, ich bin sicher, es täte mir sehr leid, Sie so bald zu verlassen, aber es ist etwas passiert, was es mir unerträglich machen würde, mit Hauptmann Tilney unter einem Dach zu wohnen.«
Eleanor hielt in ihrer Handarbeit inne und starrte Catherine mit wachsendem Staunen an. Aber Henry begann, die Wahrheit zu ahnen, und murmelte etwas, worin Miss Thorpes Name vorkam.
»Wie schnell Sie sind!« rief Catherine. »Sie haben es tatsächlich erraten. Und doch dachten Sie nicht, als wir in Bath darüber sprachen, dass es so enden würde. Isabella … kein Wunder, dass ich nichts von ihr gehört habe … Isabella hat meinen Bruder verlassen und will Ihren heiraten! Hätten Sie so viel Wankelmut, Unbeständigkeit und
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