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Kloster Northanger

Kloster Northanger

Titel: Kloster Northanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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es als Zumutung, wenn sie noch länger blieb. Die Überlegung bedrückte sie, wann immer sie daran dachte. Und um sich von dieser Last zu befreien, beschloss sie, bald mit Eleanor darüber zu sprechen, ihre Abreise vorzuschlagen und ihr Verhalten von Eleanors Reaktion auf diesen Vorschlag abhängig zu machen.
    Wohl wissend, dass ein Aufschub es ihr nur schwerer machen würde, ein so unangenehmes Thema zu berühren, nutzte sie das erste unerwartete Alleinsein mit Eleanor und fing, obwohl Eleanor gerade von etwas ganz anderem sprach, von der Notwendigkeit ihrer baldigen Abreise an. Eleanor gab durch Worte und Blicke ihre Enttäuschung zu erkennen. Sie hatte gehofft, das Vergnügen ihrer Gesellschaft länger genießen zu dürfen, hatte fälschlich (vielleicht weil sie es wünschte) im Glauben gelebt, dass ein viel längerer Besuch zugesagt war, und konnte es sich nicht anders vorstellen, als dass Mr. und Mrs. Morland Catherines Besuch großzügig ausdehnen würden, wenn sie wüssten, welche Freude sie ihr damit machten. Catherine erklärte es ihr. »Oh! Was das betrifft, so haben Papa und Mama gar keine Eile. Solange ich glücklich bin, sind sie immer einverstanden.«
    »Warum haben Sie es dann, wenn ich fragen darf, so eilig, uns zu verlassen?«
    »Weil ich doch schon so lange da bin.«
    »Ja, wenn Sie es so nennen, will ich nicht weiter in Sie dringen. Wenn Sie finden, es war zu lange …«
    »Oh, nein, ganz und gar nicht. Wenn es nach mir ginge, könnte ich noch einmal so lange bleiben.« Und sie beschlossen auf der Stelle, bis dahin keinen weiteren Gedanken an ihre Abreise zu verschwenden. Nachdem Catherine den Anlass der einen Sorge so mühelos beseitigt hatte, lastete auch die andere nicht mehr so bedrückend auf ihr. Die Freundlichkeit, die Ernsthaftigkeit, mit der Eleanor sie zum Bleiben gedrängt hatte, und Henrys dankbarer Blick bei der Nachricht, dass ihr Bleiben beschlossene Sache sei, waren solch schmeichelhafter Beweis dafür, wie viel sie ihnen bedeutete, dass ihr gerade das bisschen Unsicherheit blieb, ohne das der Mensch sich nicht wohl fühlt. Fast immer kam es ihr so vor, als ob Henry sie wirklich liebte, und so gut wie immer, als ob sein Vater und seine Schwester sie liebten und sogar wünschten, dass sie zu ihnen gehörte. Und aufgrund dieser Überzeugung fielen ihre Zweifel und Ängste nicht weiter ins Gewicht.
    Henry konnte der Aufforderung seines Vaters, während seines gesamten Aufenthalts in London den Damen Gesellschaft zu leisten, nicht nachkommen. Seine Amtspflichten in Woodston zwangen ihn, sie am Sonnabend für ein paar Tage zu verlassen. Sein Verlust wog diesmal nicht so schwer wie damals, als der General zu Hause gewesen war; er dämpfte ihre Ausgelassenheit, beeinträchtigte ihre Behaglichkeit aber nicht, und da die beiden Mädchen ihren gemeinsamen Interessen nachgingen und sich dabei sehr viel näher kamen, waren sie so mit sich selbst beschäftigt, dass es am Tag von Henrys Abfahrt schließlich elf Uhr war, eine für das Kloster ziemlich späte Stunde, ehe sie das Esszimmer verließen. Sie hatten gerade das obere Ende der Treppe erreicht, als es, soweit sie das bei der Dicke der Mauern beurteilen konnten, so klang, als ob eine Kutsche vorgefahren käme, und im nächsten Augenblick wurde ihre Vermutung durch das laute Geräusch der Hausklingel bestätigt. Nachdem die erste überraschte Besorgnis sich in einem »Du lieber Himmel! Wer mag das sein?« Luft gemacht hatte, kam Eleanor zu dem schnellen Schluss, dass es nur ihr ältester Bruder sein könne, dessen Ankunft oft so plötzlich, wenn auch nicht so unzeitgemäß stattfand, und so eilte sie hinunter, um ihn zu begrüßen.
    Catherine ging weiter in ihr Zimmer, wappnete sich, so gut es ging, für eine nähere Bekanntschaft mit Hauptmann Tilney und tröstete sich trotz des unangenehmen Eindrucks, den sein Verhalten auf sie gemacht hatte, und der Überzeugung, dass er sich für viel zu vornehm halten würde, sie zu akzeptieren, mit dem Gedanken, dass ihre jetzige Umgebung die Peinlichkeit einer Begegnung in Grenzen halten werde. Sie verließ sich darauf, dass er nie auf Miss Thorpe zu sprechen kommen würde, und da er sich der Rolle, die er dabei gespielt hatte, inzwischen bestimmt schämte, bestand dazu keine Gefahr. Und solange man das Thema Bath vermied, glaubte sie, die Höflichkeit ihm gegenüber wahren zu können. Unter solchen Überlegungen verging die Zeit, und es sprach zweifellos für ihn, dass Eleanor so froh war, ihn zu

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