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Klotz, Der Tod Und Das Absurde

Titel: Klotz, Der Tod Und Das Absurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Klier
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Fälschung der Kennzeichen? Hätte man nicht
einfach die Kennzeichen eines anderen Wagens entwenden können?
    2. Warum das Heroin?
    3. Was haben der Abschiedsbrief und das Zeichen auf dem Papier zu
bedeuten? Handelt es sich um die symbolhafte Darstellung einer Pyramide?
Besteht ein Zusammenhang mit der Modell-Pyramide in Gummlers Zimmer? Ein
Hinweis?
    4. Warum diese Inszenierung? Hat sie irgendeine Bedeutung? Was kann
     man aus ihr herauslesen? Kann man überhaupt etwas aus ihr herauslesen?
    Hatte er irgendetwas vergessen? Gab es noch irgendwelche Ansatzpunkte?
Er erinnerte sich an Biro. »Die Welt ist nicht nur ein- oder zweidimensional.
Verliere nie die anderen, vielen Dimensionen aus den Augen.« Was zum Teufel sah
er denn nicht?
    Vielleicht war er ja einfach zu dumm, dachte er resigniert. Nach
noch nicht einmal drei Tagen hatte ihn dieser Fall zur Verzweiflung gebracht.
    Nachdem er sich die Nase geputzt hatte, zündete er eine Zigarette
an. Sein Kopf war vom vielen Nachdenken leer.
    Plötzlich kam ihm ein Gedanke. Ein Fachmann. Nur so einer konnte
rausbekommen, was sich hinter dem Ganzen verbarg. Im Fernsehen nannte man sie
»Profiler«. Der Terminus technicus lautete »Fallanalytiker«. So einen brauchten
sie. Der würde das Kind schon schaukeln. Nur so konnte es jetzt vorangehen.
    Klotz trat heraus auf die belebte Königstraße. Er wollte sich gerade
auf den Rückweg zum Präsidium machen, als er einen alten Mann vor einem
Kaufhaus gegenüber der Mauthalle liegen sah. Zwei Frauen kümmerten sich
aufgeregt um den Alten. Klotz trat hinzu. Er verstand schnell, dass der Mann
eben einen Herzinfarkt erlitten haben musste. Ein Krankenwagen bog um die Ecke
und bahnte sich seinen Weg durch die Menschenmassen. Aus dem Kaufhaus drang
Weihnachtsmusik auf die Straße. We wish you a Merry Christmas and a Happy
New Year .
    Die Rettungskräfte hatten mit der Versorgung begonnen. Klotz wandte
sich ab. Für einen Moment fiel sein Blick auf die Menschentraube, die sich um
den hilflosen Mann gebildet hatte. Klotz war schon viel zu ärgerlich, als dass
ihn diese Schaulustigen noch hätten nerven können. Da sah er ihn plötzlich. Er
trug denselben Strickpullover wie gestern, als er vor Sankt Jakob gestanden
hatte. Der kräftige, dickliche Mann mit den halblangen, rötlichen Haaren, um
dessentwillen Klotz gestern das Bürofenster aufgerissen hatte. Und wieder sah
ihm der Mann direkt in die Augen.
    Klotz schaute schnell zur Seite und machte sich auf die Socken.
    Wenn nichts mehr weiterging, musste man irgendetwas tun, hatte er
sich gedacht und war noch einmal raus zum Tatort gefahren. Der Weg war noch
genauso lehmig wie vor zwei Tagen. Wie dunkel es in einem Gehölz sein konnte,
wenn der Himmel grau und die Dämmerung nicht mehr weit war, dachte Klotz und
warf einen Blick zurück. Durch die Bäume sah er eine sich langsam ausfransende
Rauchsäule aufsteigen, die aus einem der Göringer Schornsteine kommen musste.
    Als er vor den Markierungen stand, die die Umrisse des Lasters und
des Pkws kennzeichneten, blieb er stehen. Blickte zu der Stelle, wo der Golf
gestanden hatte. Erkannte die gerade verlaufenden Schmierer, die von seinem
Sturz stammten.
    Er lauschte in die Stille. Dann schloss er die Augen und versuchte
sich das Lächeln des Dalai Lama vorzustellen. Vor Kurzem hatte er ein Interview
mit dem exilierten Buddhistenführer gesehen, und dieses permanente Lächeln
hatte ihn irgendwie fasziniert. Das Lächeln des Dalai Lama. Ja, das war’s. Das
brachte es wirklich, dachte Klotz.
    Er war bestimmt fünf Minuten so dagestanden, mit geschlossenen
Augen, einem dem Himmel zugewandten Gesicht, als sein Handy klingelte.
    In Bruchteilen von Sekunden machte seine Rechte eine
Klammerbewegung, riss das Mobiltelefon aus der Jackentasche. In seiner Nase
kitzelte es. Das Handy entglitt ihm, überschlug sich in der Luft. Nach dem
Geräusch eines dumpfen Aufschlags sah er zwei, drei verdreckte Grasbüschel vor
sich. Von irgendwoher klingelte es, aber das war jetzt egal. Mit aller Kraft
hielt er den Atem an und blickte auf den Fingernagel, der an einem der
verdreckten Grashalme klebte. Sollte er dem Dalai Lama danken? Vorsichtig
zupfte er den Fingernagel von dem Büschel.
    Hatschi!
    Klotz parkte den Wagen in der Südlichen Stadtmauerstraße gegenüber
dem Schwimmbad. Er dachte, dass es eigentlich nicht fair gewesen war, Zebisch
so zusammenzustauchen. Also, in der Sache hatte er ja schon Recht gehabt, dass
er den Anwärter wegen dieses

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