Klotz, Der Tod Und Das Absurde
ging, über den kleinen Hügel.
Der Mann hatte sich auf den Boden geschmissen und winselte wie ein angefahrener
Hund. Escherlich stand mit gezogener Waffe vor ihm. Aus seiner Nase floss Blut,
das er sich mit dem Ärmel aus dem Gesicht wischte.
»Du Sau, du blöde! Meine Nase! Ich glaub, meine Nase ist gebrochen.«
Klotz hatte seine Dienstwaffe weggesteckt und dafür die Handschellen
hervorgeholt. Escherlich befühlte mit Daumen und Zeigefinger sein
anschwellendes Nasenbein.
»Scheiße, Mann! Der Wichser hat mir meine Nase gebrochen!«
»Ist schon gut. Bleib ruhig, Peter!«
Plötzlich schoss Escherlich. Die Kugel schlug wenige Zentimeter
neben dem winselnden Mann in den erdigen Boden. Klotz sprang zu seinem
Kollegen.
»Bist du noch ganz dicht? Ich hau dir gleich links und rechts eine
rein. Reiß dich zusammen, verdammt!«, brüllte Klotz, der jetzt seinerseits
völlig aus dem Häuschen war.
Er riss Escherlich die Waffe aus der Hand und steckte sie ein. Dann
hob er die Handschellen auf und legte sie dem Gefangenen an, der mit seinem
Gewinsel aufgehört hatte.
Wütend blickte Klotz zu seinem Kollegen, der so aussah, als würde er
jeden Moment anfangen zu heulen. Jetzt öffnete Escherlich seine Jacke.
Anscheinend war ihm warm geworden. Klotz las die Aufschrift auf dem Shirt. Tell
me the meaning of irony .
Eine Stunde später waren sie wieder auf dem Präsidium. Escherlich
ließ sich notfallärztlich untersuchen. Klotz hatte begonnen, den Aufgegriffenen
zu verhören.
»Also, Herr Müller. Ich meine es ja gut mit Ihnen. Bei meinem
Kollegen bin ich mir da allerdings nicht so sicher. Wer weiß, was der mit Ihnen
anstellt, wenn er wieder vom Arzt kommt, und Sie wissen ja, der fackelt nicht
lange. Jetzt reden Sie endlich, oder wollen Sie diesen Part weiterhin nur mir
überlassen?«
Klotz schlug auf den Tisch. In dem Lautsprecher hinter der
Spiegelwand rumpelte es für einen kurzen Moment. Seit etwa einer Stunde
versuchte der Hauptkommissar den Mann zum Reden zu bringen. Ohne Erfolg.
»Also. Helfen wir Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge, zum wiederholten
Male!«
Klotz beugte sich zu dem Gesicht des Mannes, der unentwegt auf die
kratzfeste Kunststoffoberfläche des hellgrauen Tisches starrte.
»Am Montag, dem 18. Dezember, standen Sie um circa elf Uhr morgens
auf dem Jakobsplatz vor dem Polizeipräsidium. Sie observierten die Büroräume
der Kriminalpolizeidirektion.«
Er sah seinem Gegenüber auf die schwitzende Stirn und machte eine
Kunstpause, während derer er sich darauf konzentrierte, mit lauter Stimme
fortzufahren.
»Nur einen Tag später, also gestern, entdecke ich Sie um etwa
dreizehn Uhr hier in Nürnberg in der Fußgängerzone während eines Einsatzes des
Rettungsdienstes. Sie fixieren meinen Blick und geben mir auf diese Weise
eindeutig zu verstehen, dass Sie nicht zufällig an Ort und Stelle sind.«
Klotz nahm seine Ellenbogen vom Tisch. Jetzt galt es, die erreichte
Tonlage beizubehalten. Er drehte sich kurz um und warf seinem Spiegelbild einen
selbstgefälligen Blick zu.
»So. Und heute erwischen mein Kollege und ich Sie direkt an der
Stelle, wo vor wenigen Tagen Thorsten Gummler umgebracht wurde. Sie widersetzen
sich nicht nur der Festnahme, sondern verletzen auf Ihrer Flucht auch noch
meinen Kollegen. Die abgefeuerten Warnschüsse ignorieren Sie einfach. Ganz
ehrlich: Die Chancen für Sie stehen denkbar schlecht. Besser, Sie packen aus.
Das macht die ganze Sache leichter. Für Sie und für uns.«
Während seiner Rede war er immer mehr abgesackt in Tonlage und
Lautstärke. Ganz ruhig und bedächtig hatte er geendet, beinahe einfühlsam waren
seine Worte ausgeklungen. Jetzt wartete er. – Vergeblich!
»Himmel, Arsch und Zwirn! Wenn Sie glauben, uns verarschen zu
können, dann müssen Sie früher aufstehen! Glauben Sie, ich hab meine Zeit im
Lotto gewonnen, oder was? Raus mit der Sprache! Wie haben Sie Thorsten Gummler
umgebracht? Und warum? Los jetzt! Sonst werden Sie eine Seite an mir
kennenlernen, die … Verdammt!«
Klotz war auf hundertachtzig. In seiner Wut schleuderte er einen
Stuhl gegen die Wand.
»Ach! Ich werde einfach meinen Kollegen darum bitten, dass er Sie
erschießt!«
Er warf die Tür ins Schloss und wischte sich über die erhitzte
Stirn. Den letzten Satz hätte er besser nicht sagen sollen, das war klar. Jetzt
würde er sich von der Frau Staatsanwältin wieder was anhören dürfen. Viel
Spaß .
Klotz nahm sich vor, erst mal gar nichts zu sagen. Sobald er den
Raum betreten
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