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Klotz, Der Tod Und Das Absurde

Titel: Klotz, Der Tod Und Das Absurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Klier
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das?
    E: Keine blöden Fragen stellen. Lesen!
    F  (schlägt den Bericht auf): Ich verstehe das nicht. Irgendwelche
Zahlen, Tabellen …
    K: Letzte Seite, letzter Absatz.
    F  (liest): … kann mit einer Wahrscheinlichkeit von neunundneunzig
Komma neun Prozent davon ausgegangen werden, dass die am Tatort in Göring
aufgefundenen Fingernägel von Herrn Patrick Fröhling stammen.
    K: Und?
    F  (schweigt).
    E: Was moderne Ermittlungsarbeit so alles zu leisten imstande ist …
    F: Das ist unmöglich.
    K: Unmöglich, sagen Sie. Wissen Sie, was ich unmöglich finde? (legt
die Phantombilder auf den Tisch, die nach den Angaben von Fröhling und dem
Ehepaar angefertigt wurden).
    F: ?
    K: Schauen Sie sich diese Phantombilder nur ganz in Ruhe an. Wir
haben Zeit.
    F: Ja, gut. Das linke da, das ist das Bild vom Täter. Das hab ich ja
gerade mit Ihren Kollegen gemacht.
    K: Komisch nur, dass das andere Bild ebenfalls den Täter zeigt. Es
wurde mithilfe anderer Zeugen erstellt. Erkennen Sie da vielleicht irgendeine
Ähnlichkeit zwischen dem Phantombild, das Sie uns geliefert haben, und diesem
hier?
    F  (schweigt).
    K: Hiermit ist Ihre Untersuchungshaft beendet, Herr Fröhling. Die
Beweisaufnahme ist abgeschlossen. Ein entsprechender Antrag wurde bereits bei
der Staatsanwaltschaft eingereicht und ist inzwischen auch abgesegnet worden.
Bis zur Verhandlung bleiben Sie selbstverständlich in Haft. Möchten Sie noch
etwas sagen?
    F  (schweigt).
    E  (drückt auf einen Knopf, spricht in ein Mikrofon): Ihr könnt ihn
wieder in seine Zelle bringen. Das war’s. Ende.
    Klotz saß aufrecht im Bett. Er hatte eine Hand auf die Matratze
gelegt. Mit der anderen zündete er sich eine Zigarette an.
    Sein Kopf war leer. Gegenüber an der Wand hing ein Poster, von dem
die müden Augen von Homer Simpson auf ihn herabglotzten. Mit einem seiner
dicken Finger rührte Homer in einem Bierglas herum. Neben dem Glas waren
Pfützen aus gelblichem Bier verteilt. Deep thoughts of Homer Simpson: If
something’s hard to do, then it’s not worth doing .
    »Sag mal, was ist das für ‘ne Musik, die da läuft?«, rief Klotz in
Richtung Badezimmer.
    Keine Antwort. Entweder hatte Melanie ihn nicht gehört, oder sie
hatte keine Lust zu antworten. Kein Wunder. Schließlich hatte er es verpatzt.
Dabei hatte alles so wunderbar begonnen. Das Essen in diesem indischen Lokal
war hervorragend gewesen. Besonders die pikante Soße, die es zu dem Tandoori-Hühnchen gegeben hatte. Hatte genau die richtige Schärfe gehabt. Hatte sie
beide scharf gemacht. Doch als sie dann miteinander geschlafen hatten, hatte er
plötzlich wieder an den Fall denken müssen.
    Hatte abbrechen müssen.
    Sie war, ohne ein Wort zu sagen, im Bad verschwunden. Dieser bescheuerte
Fall, der kein Ende fand. Diese verfluchte Arbeit, die einen nie in Ruhe ließ.
Klotz paffte den Rauch seiner Zigarette hinüber zu Homer Simpson.
    Wahrscheinlich war es der Anfang vom Ende, dachte er weiter, und er
überlegte, ob es sich lohnen würde, zu kämpfen, oder ob er sich in das
unabdingbare Schicksal eines Bullen ergeben sollte, der einfach nicht
abschalten konnte. Das Ende einer Beziehung akzeptieren, die noch nicht mal
begonnen hatte. Eine Affäre, eine Episode also nur.
    »Hed Kandi.«
    Sie stand vor ihm. Hatte den Kopf leicht geneigt. Ihre nassen Haare
glänzten im Licht, und er bemerkte, wie wunderschön sie war, wie zerbrechlich
und zart, wie wahnsinnig verführerisch. Er war ein Esel.
    »Wie bitte?«
    »Hed Kandi. Du wolltest doch wissen, was das für eine Musik ist.«
    »Ach so, ja.«
    Sie ging zurück ins Bad, und er überlegte, was er tun sollte. Er
fühlte sich unwohl. Hatte keine Lust, in eine schräge Melancholie abzugleiten.
Stand schließlich auf, nachdem er fertig geraucht hatte, und zog sich hastig
an.
    »Was ist los?«, fragte ihn Melanie.
    »Ich … ich weiß nicht.«
    »Schon gut.«
    »Es ist nicht so, wie du denkst.«
    »Ich denke nichts. Es ist wirklich nicht schlimm.«
    »Gut, aber …«
    »Wenn du gehen willst, dann geh. Kein Problem.«
    »Ich ruf dich an«, antwortete Klotz resigniert und ging.
    Er konnte nur hoffen, dass sie ihm tatsächlich nicht böse war. Das
würde sich schon wieder einrenken, beruhigte er sich.
    Als er die trockene Winterluft einatmete, fühlte er sich ein wenig
besser, und ihm fiel wieder ein, was er vorhin, im unpassendsten aller Momente,
gedacht hatte: Fröhling musste es
gewesen sein, er konnte es aber
nicht gewesen sein.
    Ein absurder

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