Klotz Und Der Unbegabte Moerder
irgendwoher hörte man das Pfeifen einer Lokomotive. Klotz’ Wagen segelte in eine Bahnunterführung und demolierte dabei die Graffitis, die ein bisschen Farbe auf den tristen Beton hatten bringen wollen.
Der Weg war voll mit Radfahrern, Inline-Skatern und Spaziergängern. Und keiner von denen machte irgendwelche Anstalten, den Weg für Klotz’ Einsatzfahrzeug frei zu machen. Das Blaulicht, das durch die Frontscheibe blitzte, war wohl nicht beeindruckend genug. Klotz war wütend, weil er bremsen musste. Seine Faust krachte auf die Hupe. Nach und nach sprangen die Leute beiseite. Einige seiner Artgenossen zeigten Klotz den Vogel. Verzweifelt bemerkte der Hauptkommissar, wie gekonnt sich Maxi Rausch mit seinem Bike durch die Menschenmenge schlängelte. Der Abstand zwischen Klotz und dem Teenager wurde zusehends größer. Verdammt! Hätte er doch nur seine Dienstwaffe dabei!
Ein paar Jugendliche, die auf einer Bank saßen, warfen ihre Bierdosen nach seinem Auto. Plötzlich hatte er den Eindruck, als würde ein Muezzin zum Gebet rufen. Dann fiel ihm rechter Hand ein islamisches Zentrum auf, und er begriff, dass er sich nicht geirrt hatte.
An einer Mauer hatte jemand das Wort »Arschloch« schreiben wollen. Leider war dieses Unterfangen nicht von besonderem Erfolg gekrönt gewesen. Da war »Arschschloh« zu lesen. Klotz stellte fest, dass es hier für Deutschlehrer noch viel zu tun geben würde. Doch er war jetzt nicht hier, um großflächig den Rotstift anzusetzen. Vielmehr galt es, diesen Maxi Rausch zur Strecke zu bringen.
Als Klotz am Ende der Alten Allee angekommen war, schoss ein Skateboardfahrer aus einem Seitenweg. Klotz wich so schnell aus, wie er nur konnte. Leider fuhr er dabei ein Parkverbotsschild über den Haufen. Er sah nach vorn. Gerade noch erkannte er Maxis Fahrrad, wie es nach rechts in die Hintere Marktstraße einbog. Klotz gab Gummi.
Links und recht schossen die ausladenden Baumkronen von Alleebäumen vorbei. Über die Delle, die das Parkverbotsschild gerissen hatte, visierte er Maxi Rausch an, der jetzt in schnellem Tempo näher kam. Klotz erinnerte sich an einen alten James Bond. Da hatte es einen Wagen gegeben, in dessen Kotflügel Maschinengewehre eingebaut gewesen waren. Doch das brachte ihn nicht wirklich weiter. Er würde es auf eine bodenständige, äußerst handwerkliche Tour erledigen müssen. Irgendwie missfiel ihm das, aber es ließ sich einfach nicht ändern.
Er kurbelte das Fenster herunter, als er Maxi Rausch schon so gut wie erreicht hatte. Hängte seinen Kopf in den Fahrtwind und brüllte: »Halt sofort an, sonst muss ich dich abknallen!«
In Ermangelung eines Knopfes, der ein lässiges MG -Feuer hätte eröffnen können, ließ er seine Faust immer wieder auf die Hupe sausen.
Die Jugend ist auch nicht mehr das, was sie mal war, stellte Klotz resigniert fest, als er sah, dass Maxi nun noch fester in die Pedale trat. Für einen Moment blickte er nach rechts, wo die Fachwerkfassade des Ristorante »Dal Gatto Rosso« auftauchte. In dem grün gestrichenen Türrahmen des altfränkischen Hauses stand eine Frau im Minirock. Über dem Tablett, das sie trug, zeichneten sich unter einem lila Top zwei überdimensionierte Brüste ab. Instinktiv trat Klotz auf die Bremse und ärgerte sich im gleichen Moment darüber, dass sein Verstand für Sekunden in seine Hose gerutscht war. Was bin ich nur für ein bescheuerter Bulle! Mach gefälligst deinen Job, Werner.
Wie um wieder zur Besinnung zu kommen, wischte er sich mit einer Hand über das schweißnasse Gesicht. Blickte nach vorn und beschleunigte. Beinahe hätte er einen Fußgänger von der Straße geweht. Im Rückspiegel sah er den wütenden Mann, der ihm den Stinkefinger zeigte und »Arschloch« schrie. Schade, dass sein pinkfarbener Pussy Wagon auch keine Maschinengewehre hatte, die nach hinten schossen. Er hatte eigentlich gar nichts, noch nicht mal eine Steinschleuder.
Maxi rauschte nach links in die Lochnerstraße. Als der Verfolgte und sein Verfolger an der Nopitschstraße angekommen waren, zeigte die Ampel natürlich Rot. Während Maxi einfach in die Kreuzung raste und den Gegenverkehr zu einem Hupkonzert erster Güte zwang, fiel Klotz, der scharf abbremsen musste, ein Schild in den Blick, auf dem eine Palme zu sehen war. Flüchtig sah er sich auf einer Liege unter Palmen, und die Bedienung mit dem Mörderausschnitt reichte ihm einen Cocktail, der mit einer saftigen Kirsche dekoriert war.
Sobald die Kreuzung frei wurde, fuhr
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