Klotz Und Der Unbegabte Moerder
Rose auf, die er vor seiner Schweißwischaktion auf dem Boden abgelegt hatte, und stapfte zu einer Art Marterpfahl hinüber, der durch seine pinkfarbenen Applikationen irgendwie ziemlich tuntig wirkte. Was sich die Telekom wohl bei diesem Design gedacht hat? Er legte die Rose auf den Telefonkasten, nahm den rosa Hörer in die Hand und warf seine schwer erarbeiteten zwanzig Cent in den Einwurfschlitz. Dann wählte er Haevernicks Nummer. Besetzt! Er legte kurz auf, wartete, bis das Amtszeichen ertönte, und versuchte es diesmal mit Escherlichs Nummer. Frei! Wenigstens etwas. Während in regelmäßigen Abständen der Freiton in sein Ohr tutete, drehte er den Kopf Richtung Schule und sondierte das Gelände.
War das nicht das Gesicht von Maximilian Rausch, das da so intensiv zu ihm herüberstarrte? Klotz drückte die Sonnenbrille auf die Nasenwurzel. Der Junge rannte los. Klotz ließ den Telefonhörer fallen, schnappte die Rose und nahm die Verfolgung auf.
Maxi war an einem Fahrradständer stehen geblieben. Hatte einen Schlüssel herausgeholt und öffnete hektisch ein Schloss. Klotz legte noch mal einen Zahn zu. Das war seine Chance.
»Polizei! Stehen bleiben! Sofort!«
Die rechte Hand des Hauptkommissars schnappte nach Maxi, der sich inzwischen auf sein Rad geschwungen hatte. Klotz hatte die Jacke des Jungen fest im Griff.
»Lass mich los, du Scheißbulle!«
Am liebsten hätte er dem Teenager eine heruntergehauen. Aber das ging nicht, er durfte ja die Rose nicht verlieren.
»Gib auf, Maxi! Es hat doch keinen Zweck mehr!«
Blitzschnell hatte sich Maxi aus der Sweatjacke herausgewunden. Und plötzlich sah Klotz ziemlich alt aus, wie er da stand, mit der Jacke in der Hand, und Maxi Rausch nachsah, der sich so schnell wie möglich vom Acker machte.
»Scheiße! Ich krieg dich, du …!«
Klotz rannte zu seinem Wagen. Als er einstieg, musste er rülpsen. Ach ja, das viele Bier. Der V8er brüllte gefährlich auf, Klotz drückte aufs Gas. Er sah Maxi noch, wie er in eine der kleinen Seitenstraßen verschwand.
Der Camaro rauschte über den hellen Splitt des Parkplatzes und wirbelte eine Staubwolke auf, die ihresgleichen suchte. Zu spät begriff Klotz, dass es mit der Michael-Ende-Straße zu Ende gegangen war. Er stieg in die Eisen und rumpelte zwei, drei Stufen einer niedrigen Treppe nach oben, die der Ausfallstraße direkt gegenüberlag. Scheiße! Hatte er es doch beinahe fertiggebracht, in den Leonharder Friedhof zu rasen. Er setzte den Wagen zurück und musste erneut aufstoßen.
Er lenkte den Pussy Wagon in die östliche Webersgasse. Wenn ihn nicht alles täuschte, hatte er Maxi in diese Richtung verschwinden sehen. Sein Fuß presste das Gaspedal durch. Während er die Schwabacher Straße kreuzte, nestelte er mit einer Hand an dem Aldi-Blaulicht herum, stopfte den Stecker in das Loch für den Zigarettenanzünder, warf die Flackerbirne auf die Ablage gegenüber dem Beifahrersitz. Auf der linken Seite bemerkte er ein Geschäft, das Grablichter und Urnen anbot.
Eine Frau mit einem Kinderwagen sprang schnell zurück auf den Gehweg, und irgendwo krachte etwas. Er sah zurück und bemerkte einen Rückspiegel, der auf die Straße kullerte. Zum Glück nicht meiner, stellte er fest, nachdem er die Außenspiegel des Camaro kontrolliert hatte.
Der Hinterreifen von Maxis Fahrrad kam immer näher. Klotz bedauerte, dass er seine Dienstwaffe nicht dabei hatte. So hätte er wenigstens ein paar Warnschüsse abgeben oder vielleicht auf die Reifen schießen und den Tatverdächtigen auf diese Weise zum Aufgeben zwingen können. Aber so würde ihm nichts anderes übrig bleiben, als das Fahrrad mit dem Auto zu touchieren. Nicht, dass ihm so etwas Spaß gemacht hätte, aber dieser Maxi Rausch war einfach völlig irre!
Maxi bog nach rechts in die Hermannstraße. Klotz beschleunigte. Fast hätte die Stoßstange des Camaro das Fahrrad gestreift, doch Maxi lenkte brüsk in eine Straße linker Hand. Klotz schlug das Steuer schroff ein und riss gleichzeitig die Handbremse nach oben. Das waren die Dinge, die man auf der Polizeischule lernen sollte, fuhr es ihm durch den Kopf, als ihm der Geruch von verbranntem Kautschuk in die Nase stieg, nicht diesen Paragraphen-Schwachsinn, der niemanden wirklich weiterbrachte.
Klotz registrierte ein Schild, das ihm anzeigte, dass er im Begriff war, in eine Sackgasse zu fahren. Er beschloss, sich als guter Polizist nicht von lästigen Verkehrszeichen beeinflussen zu lassen, und trat unbeirrt aufs Gas.
Von
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