Klotz Und Der Unbegabte Moerder
die Sonnenbrille aus dem Gesicht fegte. Klotz fühlte sich, als befände er sich inmitten eines Orkans, der alles mit sich riss, was nicht bombenfest gesichert war. Nicht nur sein lächerliches Hemd wurde durchgeweht. Er spürte, wie der Sturm auch an seiner Haut zerrte. Seinen Hals, seine Backen, selbst Nase und Stirn zu einer grotesken Fratze umpflügte. Er schloss die Augen, presste die Lippen aufeinander, stellte das Atmen ein und hielt sich die Ohren zu, aus Angst, der Hurrikan könnte ihm das Hirn aus dem Schädel blasen. Blind und taub schritt er voran, in der Hoffnung, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben.
Irgendwann war der Küstenwind vorbei. Klotz öffnete die Augen. Zu seinen Füßen lag ein Fahrrad. Wenige Schritte entfernt stand Maxi Rausch. Verzweifelt hämmerte er gegen ein Schiebetor. Neben einer rot leuchtenden Ampel forderte eine Hinweistafel den Waschanlagenbenutzer dazu auf, nicht zu bremsen. Das Tor würde rechtzeitig geöffnet.
Seinen Alkoholpegel und alle anderen Beeinträchtigungen ignorierend, stürzte sich Klotz auf sein Opfer. Nicht gerade sanft drehte er ihm den Arm auf den Rücken. Drückte den Jugendlichen zu Boden. Presste sein Knie in den Rücken, bis der Gepeinigte vor Schmerz aufschrie.
»Maximilian Rausch! Ich nehme Sie fest wegen des dringenden Tatverdachts, Ihre Lehrerin, Frau Linda Cordes, ermordet zu haben! Sie haben das Recht zu schweigen und können froh sein, dass ich Sie nicht auf der Stelle verprügle! Denn glauben Sie mir, nichts würde ich lieber tun.«
Mit festem Griff drehte Klotz den Arm des Festgenommenen ein Stückchen weiter. Als dieser erneut aufschrie, öffnete sich das Tor. Klotz wurde in seinem Rücken von der Stoßstange des Camaro angestupst. Er warf einen Blick auf die malträtierte Front des pinkfarbenen Wagens und empfand zum ersten Mal so etwas Ähnliches wie eine echte innere Zuneigung zu seinem Pussy Wagon.
Er hatte weder Handschellen noch sonst irgendetwas dabei, das er dem Gefangenen hätte anlegen können. Ob er an Maxis gesunden Menschenverstand appellieren und ihm klarmachen sollte, dass Weglaufen nichts brachte? Er stand auf, packte den Jugendlichen beim Schlafittchen und riss ihn in die Höhe.
»Hör zu, Freundchen. Das Spiel ist aus. Ich werde jetzt zu einer etwas ungewöhnlichen Maßnahme greifen, aber da bist du ganz allein selber schuld!«
»Lass mich verdammt noch mal los, du Drecksbulle!«
» Sie Drecksbulle, bitte! So viel Anstand muss sein!«
In seinem Entschluss bestärkt, schleifte er Maxi um den Wagen herum, öffnete den Kofferraum, warf den Pennäler hinein. Setzte einen Schlusspunkt, indem er den Kofferraumdeckel mit einem gewaltigen Rumms zudrosch.
Als er zur Fahrertür ging, sah er einen Gegenstand am Boden liegen. Offensichtlich war Maximilian Rausch das Handy aus der Tasche gefallen. Mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen hob er das Mobiltelefon auf. Er war auf den Parkplatz gegenüber gefahren. Entschlossen, das Lärmen und Toben aus dem Kofferraum nicht zur Kenntnis zu nehmen, tippte er in Ruhe Escherlichs Nummer in das Handy. Plötzlich hörte er hinter sich eine bekannte Stimme.
»Werner! Was ist denn mit dir passiert?«
Klotz drehte sich um.
»Meine Güte, Werner, wie siehst du denn aus?«
»Ich war in der Waschanlage, war eine Art … Versehen.«
»Wie bitte?«
Theo Barkhoff warf einen verstörten Blick in Richtung Kofferraum, aus dem es unvermindert polterte.
»Was ist hier los, Bieringer? Bist du jetzt völlig durchgedreht?«
Der Sportlehrer schritt schnell auf den Kofferraum zu.
»Das würde ich schön bleiben lassen!« Klotz zückte seinen Dienstausweis. »Mein Name ist nämlich nicht Bieringer, sondern Klotz! Hauptkommissar Klotz, Mordkommission Nürnberg.«
Barkhoff bewegte die Hand auf dem Kofferraumdeckel nicht weiter. Sein Mund war weit geöffnet, und sein Blick verriet, dass er sich völlig überrumpelt fühlte.
»Tut mir leid, aber für unsere Ermittlungen war meine Undercover-Tätigkeit unabdingbar.«
Barkhoffs Gesichtsausdruck blieb unverändert. Er schien sprachlos zu sein. Beinahe debil glotzte er auf die zerstörte Erscheinung des Hauptkommissars. Klotz tippte die letzten Ziffern in das Handy und drückte auf die Taste mit dem grünen Telefonhörersymbol.
»Ich bin’s, Werner. Wo bist du denn? … Was ? Beim McDonald’s? Was machst du denn da ? … Wie heißt das Ding? Nürnburger? Was soll das denn sein? … Wie bitte? Da ess ich doch lieber Drei im Weckla! Komm sofort
Weitere Kostenlose Bücher