Klotz Und Der Unbegabte Moerder
Mund!«
Klotz musste ein Lächeln unterdrücken. Er hatte ins Schwarze getroffen.
»Nun gut, Maxi«, Klotz nahm seine Geldbörse vom Tisch und steckte sie wieder ein, »neben Beweisstück A, meinem Geldbeutel, haben wir auch noch anderes zu bieten. So zum Beispiel Beweisstück B: die Rose.«
Klotz warf Escherlich einen auffordernden Blick zu, doch der Kommissar reagierte nicht.
»Peter, würdest du bitte?«
Escherlich sah auf. Nach einer Schrecksekunde hatte er verstanden.
»Ach so, ja.«
Escherlich präsentierte die Rose.
»Maxi! Woher stammt diese Rose?«
»Ich will meinen Anwalt sprechen.«
»Deinen Anwalt!« Klotz lachte gekünstelt auf. »Ist er nicht putzig? Er will seinen Anwalt sprechen! In welcher Vorabendserie hat er denn das aufgeschnappt?«
»Hören Sie! Wenn Sie sich über mich lustig machen wollen, dann sind Sie bei mir an der falschen Adresse! Ich kenne meine Rechte!«
Über so viel Dreistigkeit eines Siebzehnjährigen war Klotz nicht nur erstaunt. Nein, jetzt kochte die pure Wut in ihm hoch.
»Deine Rechte!«, schrie der Hauptkommissar. »Das einzige Recht, das du hier hast, ist, dass du kein Recht hast, du Früchtchen! Ich werde dir deine Frechheiten schon noch austreiben! Im Knast wirst du genug Zeit haben, um dir ordentliches Benehmen anzutrainieren! Du …«
Einige Biergartengäste blickten zu ihnen herüber. Klotz hatte hie und da ein kritisches Raunen vernommen. Er besann sich.
»Gut, Maxi«, fuhr er mit gesenkter Stimme fort, »du willst einen Anwalt, du wirst einen Anwalt bekommen, versprochen. Aber vorher möchte ich dir doch noch ein paar Fragen stellen. Also zurück zum Thema: die Rose. Weißt du, Maxi, ich bin mir ziemlich sicher, dass wir an dieser Rose die DNA von Linda Cordes finden werden.«
»Und wenn schon. Vielleicht hat Linda, also Frau Cordes, mir die Rose ja geschenkt.«
»Aha. Aus welchem Grund sollte dir deine Deutschlehrerin eine Rose schenken? Hattet ihr ein Verhältnis miteinander?«
»Ich möchte darüber nicht reden, bitte!«
Das Gesicht des Jungen war verzerrt, so als ob er einen großen Schmerz, einen Kummer empfand. Klotz, der im Laufe der Zeit ein wenig Menschenkenntnis hatte sammeln dürfen, begriff sofort, um welche Art Kummer es sich hier handelte.
»Gut. Wir werden die Rose nicht nur auf Genmaterial hin untersuchen, wir werden sie auch mit den Blumen des Rosenstraußes vergleichen, der neben der Toten lag, in ihrem Blut. Und dann wollen wir mal sehen. Unter uns, Maxi, es sieht nicht besonders gut für dich aus. Du warst am Tatort. Gib es endlich zu! Wenn du nichts mit dem Tod deiner Lehrerin zu tun hast, dann kannst du doch reden! Dann wird sich doch alles aufklären!«
Maxi Rausch hatte wieder den Kopf gesenkt. Aus seinem Mund drang ein leiser Schluchzer.
»Ich kann nicht reden, Mann! Das verstehen Sie nicht!«
Der Junge weinte. Endlich war das Eis gebrochen. Klotz wollte dennoch den Finger noch etwas tiefer in die Wunde legen. Wenn es schon schmerzte, dann sollte es das auch richtig tun.
»Kommen wir zu Beweisstück C. Wir wissen, dass Linda Cordes, nachdem sie starb, geküsst wurde. – Maxi! Ich bin doch nicht blind! Du bist oder warst in deine Lehrerin über beide Ohren verliebt. Hast du ihr den Kuss gegeben? Wir können das im Labor zweifelsfrei feststellen!«
Dass im unpassendsten Moment jetzt das Essen kommen muss, dachte Klotz ärgerlich. Machte dann aber doch gute Miene zum bösen Spiel, als die nette Bedienung die Teller auf den Tisch stellte und sich schnell wieder entfernte.
Maximilian Rausch liefen die Tränen hinunter. Klotz hielt ihm eine Serviette hin. In der gleichen Sekunde begriff er, dass der Junge ja angekettet war. Klotz legte das Tuch zurück auf den Tisch.
»Warum kannst du nicht reden?«, schaltete sich Escherlich ein.
»Weil, weil … Es geht nicht! Ich darf nichts –«
Ein Schuss hallte in der Luft. Aus dem Hinterkopf von Maximilian Rausch spritzte das Blut in alle Richtungen. Der Junge fiel mit dem Gesicht kopfüber auf den Teller, der vor ihm stand. Eine letzte Träne bahnte sich ihren Weg über die Wange in die Panade des dampfenden Schnitzels hinein.
Es war vorbei. Und zwar alles. Und das ziemlich definitiv. In seinem Kopf herrschte ein unendliches Chaos, und ebenso unendlich war die Erschöpfung, die er verspürte. Hie und da quollen ungefiltert Worte und Satzfetzen in sein Bewusstsein. Bald mit der Stimme der Staatsanwältin, bald mit der des Polizeipräsidenten unterlegt. Vollkommen
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