Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)
Halbwaise. Hätte ich sie auch noch allein lassen sollen?«
Protokoll Lieselotte Berger
»Sie sind sich ganz sicher, dass Sie diesen Mann an dem Tag gesehen haben, als Ihre Nachbarin Frau Hauschild in ihrer Wohnung ermordet wurde?«
(Anmerkung: Frau Berger betrachtet das Foto von Andreas Offermann.)
»Ganz sicher.«
»Warum haben Sie vorher nichts davon gesagt?«
»Sie haben nur nach dem anderen Mann gefragt. Dem, der an Frau Hauschilds Tür geklingelt hat.«
»Und dieser hier? Hat der nicht geklingelt?«
»Nein. Ich dachte, er gehörte zu der jungen Frau, die an dem Tag in die Dachgeschosswohnung eingezogen ist.«
VIERUNDDREISSIG
14. Juli, Tag 1 nach Gregors Freilassung
»Wir sind dir auf ewig zu Dank verpflichtet«, sagte Katrin und umarmte Karpi, der rot anlief wie eine Jungfrau in der Männersauna. Die fette Qualle trug heute hellblau und sah mit den geröteten Bäckchen aus wie die Leuchtreklame eines Schwulenclubs in Miami Beach.
»Wenn du Birgit nicht unterstützt und mich nicht zu Weiz geschickt hättest …«
Karpi räusperte sich und widmete sich seinem bunten Drink, der vor ihm auf der Theke der Clubbar stand. Es war das erste Mal, dass ich ihn oben in seiner Hüpfburg statt im Keller des Bunkers sah, und ich fand, dass er in dieser Umgebung viel weniger kriminell wirkte. »Gern geschehen, Liebelein.«
Die rheinische Koseform klang aus seinem Mund wie ein Kinderlied aus einem Löwenmaul, aber Katrin und Gregor grinsten breit.
»Woher hattest du eigentlich so schnell kapiert, was da lief?«, fragte Katrin.
Karpi saugte sein Glas leer und bestellte mit einem Grunzlaut ein weiteres. Der Barmann, der die blonden Girls und die goldkettenbehängten Möchtegerngangster am anderen Ende der Bar bedient hatte, wuselte heranund goss Karpi nach. Dann schlug er mit seinem Boss die Fingerknöchel aneinander, nickte ihm zu und ging wieder zum Kindergarten zurück.
»Zu viel der Ehre, meine Hübsche. Ich war mir nur absolut sicher, dass Gregor unschuldig war. Damit war klar, dass ihn jemand ziemlich professionell gelinkt hatte. Und dass Gregor schwieg, sagte mir, dass er selbst das auch bemerkt hatte und nicht mehr wusste, wem er noch trauen konnte. Deshalb war ich ganz erfreut, als diese Birgit plötzlich hier auftauchte.«
»Und mich hast du darin bestärkt, so zu tun, als ob ich mich von Gregor lossage«, warf Katrin ein.
»Zu deiner Sicherheit«, bestätigte Karpi nickend.
»Aber als Martin dich anrief, wusstest du doch schon, dass Offermann der Mörder ist, oder?«
»Nach dieser Schießerei im Sauerland habe ich Offermann ein bisschen unter die Lupe genommen. Immerhin kommt es selten vor, dass ein Bulle aus Köln mit einem Toten und einem So-gut-wie-Toten in einer Jagdhütte im Sauerland angetroffen wird. Ich habe herausgefunden, dass er bis zu einer schwerwiegenden Verletzung ein begnadeter Tennisspieler gewesen war, dass er ein erfolgreicher Polizist ist und dass er auf ziemlich großem Fuß lebt. Daraufhin habe ich mir seine Konten angeschaut, auf denen größere Summen von einer Firma namens MelinaMed eingingen. Ich wunderte mich zwar über diese hochlukrativen Anteile an einer Pharmafirma, aber nichts deutete darauf hin, dass er ein Mörder ist.«
»Bis zu dem Tag, an dem er bei Weiz auftauchte, um ihn endgültig zum Schweigen zu bringen …?«
Ich musste grinsen. Gregor hatte die Geschichte schon von Martin und von Katrin gehört, aber er konnte sie einfach nicht glauben. Oder wollte nicht. Oder wollte zumindest die Bestätigung von Karpi, dass Martin einen stadtbekanntenKriminellen angerufen hatte, um die Mutter seines Kindes aus den Fängen der Polizei zu befreien. Und dass der daraufhin eine Geheimwaffe namens Katrin losschickte.
»Dieser Martin rief mich an und sagte, Birgit sei bei einem gewissen Herrn Weiz zuhause und dort in Gefahr. Da klingelte bei mir die Alarmglocke. Ich hatte den Namen im Zusammenhang mit dieser Pharmafirma gelesen, an der Offermann beteiligt war. Außerdem waren die beiden vor vielen Jahren im selben Tennisteam gewesen, aber ich fand nichts Verdächtiges dabei und habe Weiz nicht weiter durchleuchtet. Das habe ich erst getan, als der Anruf von eurem Freund Martin kam. Dabei bin ich auf die Geschichte mit Weiz’ Schwager gestoßen.«
»Der Überfall auf die Apotheke«, sagte Gregor. »Aber der Junkie hat damals gestanden.«
»Klar. Aber er starb vor der Verhandlung an einer Überdosis. Und die Übertragung der Firmenanteile von MelinaMed an Offermann fand
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