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Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Titel: Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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durch Gregors Festnahme ausgelösten Erwachen nicht in ihre Brutstarre zurückgefallen, sondern nahm wieder Anteil am Leben um sie herum.
    Martin sah sie fassungslos an.
    »Ich kann nicht über Vornamen oder die Farbe der Kinderzimmergardinen nachdenken, wenn ich weiß, dass Gregor in einer Zelle sitzt.«
    Was denn, das Kinderzimmer war immer noch nicht fertig? Jetzt mussten auch noch Gardinen ausgesucht werden? Wo sollte dieser Wahnsinn noch hinführen?
    Martin schaute betreten. »Aber was stellst du dir vor?«, fragte er.
    »Ich habe von Polizeiarbeit keine Ahnung«, sagte Birgit mit einem kleinen Seufzer, der in ein Bäuerchen überging. »Und sicher wird es auch nicht gern gesehen, wenn sich Unbefugte in eine Ermittlung einmischen.«
    Martin nickte nachdrücklich und schleuderte mir gedanklich ein »sehr richtig!« entgegen.
    »Aber ich muss etwas tun, sonst werde ich hier noch verrückt. Vielleicht kann ich mich im Umfeld von dieser Exfrau umhören, wie sie und Gregor zueinander standen.«
    Ich hätte Birgit küssen mögen. Sie war wieder ganz die Alte. Na gut, doppelt so umfangreich, watschelfüßig und ständig hicksend, aber ihr Hirn hatte seinen Dienst wieder aufgenommen.
    »Nun, der Vater von Susanne lebt in einem Altenheim hier in Köln …«, murmelte Martin.
    Aha, jetzt konnte er sich mit den Informationen, die ich ihm serviert hatte, hervortun.
    Birgit stemmte sich schwerfällig aus dem Stuhl hoch. »Worauf warten wir?«
    Es war halb acht, als Martin und Birgit auf dem Parkplatz vor dem Haus Sonnenschein aus der Schunkelbüchse stiegen. Birgit sah sich interessiert um, während Martin Birgits Jacke von der Rückbank fischte und die Blechdose hermetisch verriegelte und abschloss. Bei fünfundzwanzig Grad Außentemperatur würde Birgit ihr Jäckchen nicht brauchen und kein Mensch klaute eine Ente, selbst wenn alle Fenster weit offen standen und der Schlüssel steckte, aber in beiden Fällen war Martin beratungsresistent.
    Ich war zwar schon mit Gregor und Jenny hier gewesen, aber Birgit und Martin musterten das Haus interessiert und zum ersten Mal, also musterte ich quasi mit. Das Haus Sonnenschein machte seinem Namen alle Ehre, denn die Sonne spiegelte sich in den Scheiben des Haupteingangs. Das Gebäude bestand aus drei Teilen, die in einem nach hinten offenen U angeordnet waren. Drei Stockwerke, riesige Fenster, Stuckverzierungen und Türmchen auf dem Dach zeigten, dass der Architekt nicht aus unserer Zeit stammte, aber die Bude war nicht etwa alt und bröselig, sondern vom Sockel bis zur Dachfahne saniert. Auch die Bepflanzung rund um das Pensionärspensionat war deutlich abwechslungsreicher als das Einheitsgrün, das man normalerweise um Krankenhäuser, Altenheime oder Behörden findet. Mehr Details kann ich dazu nichtliefern, weil Botanik nicht gerade mein Steckenpferd ist, aber die Bananenpflanzen neben dem Haupteingang hatte ich schon mal in der Werbung gesehen. Jedem halbwegs aufmerksamen Betrachter musste klar sein, dass hier nicht die Leute wohnten, denen das Sozialamt den Frühstücksbrei zahlte.
    »Ich möchte gern zu Herrn Hauschild«, sagte Martin am Empfang, der mit seiner Marmortheke und der geschniegelten Tussi dahinter auch zu einem Mittelklassehotel gepasst hätte.
    »Er ist sicher im Park. Gehen Sie einfach hier geradeaus …« Ihre manikürten Hände wiesen die Richtung.
    Ich folgte Martin und Birgit durch die Eingangshalle, am Café Sonnenschein und dem Zeitungskiosk vorbei, durch den Wintergarten, in dem es weitere Bananen und anderes exotisches Zeug gab, und nach hinten in den Park. Auch hier viele Bäume, Springbrunnen, Parkbänke, Schachtische und dazwischen Rasen und Blumenbeete.
    »Wer ist es?«, fragte Martin mich.
    »Woher soll ich das wissen? Ich hab den Knaben nie gesehen.«
    Martin seufzte, aber Birgit hatte bereits Freundschaft mit zwei Muppets geschlossen, die sie auf ihren Kugelbauch angesprochen hatten.
    »Nein, ich weiß noch nicht, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird. Ja, der Geburtstermin ist schon in drei Wochen. Ja, es ist mein erstes Kind. Übrigens, wo finde ich Herrn Hauschild?«
    Wie sich herausstellte, war Hauschild der Mann, der an der Staffelei stand und zeichnete.
    Martin stellte Birgit und sich vor. »Wir sind Freunde von Gregor. Ihrem Schwiegersohn.«
    »Gregor, ja. Der Junge mit dem Mokick.«
    Hauschild hatte eisgraue, zottelige Haare, war mindestenseinen Meter fünfundsiebzig groß und dünn. Er schwankte beim Zeichnen hin und her, wodurch er ein

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