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Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)

Titel: Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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Sommerwind heute übrigens nicht. Im Gegenteil. Der Himmel war schwarz geworden, Böen peitschten durch die Dachfenster herein, ein Gewitter kündigte sich an.
    Ich rief mir die Tatortuntersuchung in Erinnerung. Die Speichertür war geöffnet, als ich ankam, Paulina hing herum, sowohl Katrin als auch die Spusi hatten die Selbstmordthese unterstützt. Logo, wenn der Speicher von innen verschlossen war und der Schlüssel noch im Schloss steckte. Die Tür war ziemlich verzogen gewesen, wie ich mich erinnerte, aber sicher nicht so stark, dass jemand die abgeschlossene Tür in den Rahmen hätte drücken können. Oder? Ich flitzte in den Spalt zwischen Tür und Rahmen. Okay, da war reichlich Platz, aber trotzdem hätte dieser Trick nicht funktioniert.
    Ein wildes Klappern riss mich aus meinen Betrachtungen. Die Tür rappelte in ihrem Rahmen, so stark pfiff der Wind durch die zwei geöffneten Speicherfenster und die Luke im Treppenhaus. Die Speicherfenster waren diese ollen, einfach verglasten Fensterchen mit abgerundeten Ecken, die man mit einem perforierten Griff aufstellen konnte. Da käme niemand durch.
    Die Tür rappelte wieder. Irgendetwas an dem Sound machte mich nervös. Es war nicht nur das hölzerne Klappern des Türblatts, sondern auch ein schrilles Klirren dabei, das auf einer unangenehmen Frequenz funkte. Ich flog höher. Die Fensterscheibe mit dem Eisblumenmuster saß so lose im Rahmen, dass ich vor meinem geistigen Augeschon die nächste Tote hier liegen sah, die Halsschlagader von einer herabfallenden Glasscherbe aufgeschlitzt. Und wieder stünden hier die Kripos und die Spusis und die Schlitzer und würden von Selbstmord sabbeln …
    Ich stutzte.
    Gregor und die Spusi und ich, wir alle hatten uns das Schloss der Tür näher angesehen und festgestellt, dass es unmöglich war, das Schloss von innen zu verriegeln und dann die Tür in den Rahmen zu drücken. Aber was wäre, wenn jemand den Glaseinsatz aus dem Türfensterchen herausgenommen hatte? Könnte man dann durch das Fenster greifen und die Tür von innen abschließen?
    Meine Existenzform hat viele Vor-, aber auch einige Nachteile. Im Laufe der Zeit habe ich ein bisschen das Gefühl für Proportionen verloren. Logo, schließlich schwebe ich meist über allem.
    Ich versuchte also, mir vorzustellen, wie hoch das Fenster lag, wie lang der Arm sein müsste, um hindurchzugreifen, mit der Hand nach dem Schlüsselloch zu fummeln, den Schlüssel tatsächlich hineinzustecken und dann noch umzudrehen …
    Keine Chance. Es könnte funktionieren oder auch nicht, ich würde es nicht feststellen. Und wieder benötigte ich Hilfe von einem Irdischen. Zum Kotzen.

FÜNFZEHN
    2. Juli, Tag 5 nach Gregors Verhaftung
    Jenny war spät dran. Ich hatte in ihrem Büro nachgesehen – Fehlanzeige. Cafeteria – nix. Ihr Auto stand auf dem Parkplatz, daher drehte ich eine Runde durch die ganze Abteilung. Bei den Kollegen, beim Chef, keine Jenny. Dann kam mir ein Verdacht. Ich postierte mich am Parkplatz und wartete mit wachsender Wut. Und dann kam er, der Tuntentrabbi von Offermännchen. Und wer saß drin? Jenny!
    Die beiden knutschten wie hormonverseuchte Zwölfjährige, bevor Jenny endlich ausstieg. Sie lief zu ihrem Auto und – fuhr weg!
    Hallo?
    Ich folgte Jenny nach Hause. Sie duschte, was ich unter normalen Umständen durchaus hätte genießen können, föhnte sich die Haare, zog sich an und bitchte sich auf. Die von der letzten Nacht verschmierte Wimperntusche wurde durch neue ersetzt, aber dabei blieb es nicht. Nein, heute musste es die ganze Palette sein mit Smoky Eyes und Rouge Pearls und weiß der Geier, wie der ganze Dekokram heißt. Irgendwann, nach gefühlten zwei Stunden, war Jennymaus dann endlich parat. Sie fuhr ins Büro, ging an Offermännchens Büro vorbei, ohne hineinzuschauen,holte sich einen Kaffee, warf einen Blick in ihren Posteingangskorb und schaltete den Computer ein.
    Ich wartete weiter, was sollte ich auch sonst tun?
    Endlich rief sie ihre Mails ab.
    Meine war die siebzehnte.
    Jenny starrte darauf, blinzelte, schüttelte den Kopf und starrte wieder darauf.
    Himmel, was musste man der Frau Kommissarin noch alles bieten, damit sie kapierte, dass sie eine Akte vorschnell geschlossen hatte?
    Jenny druckte die E-Mail aus und rannte zu Offermännchens Büro. Es war leer. Sie zögerte, seufzte und dackelte zu ihrem Chef.
    »Was soll ich damit anfangen?«, fragte sie ihn.
    Der Chef las meinen Text: Betreff: Paulina Pleve. Der Glaseinsatz der Speichertür,

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