Knast oder Kühlfach: Roman (German Edition)
der brennendste Wunsch nach Sahnes Laptop nichts, wenn man nicht wusste, wie man das Teil beschaffen sollte.
Wo konnte das wichtigste Arbeitsgerät einer Journalistin sein?
War es überhaupt ihr wichtigstes Arbeitsgerät?
Diktierte Sahne vielleicht jedes Wort in ihr Smartie?
Das glaubte ich nicht, denn ihr Smartie hatten die Kripos gefunden. Es hatte ihnen die Verbindung zu Gregor und zu Karpi offenbart, und wenn es auf dem Teil wichtige Dateien gegeben hätte, dann hätten die KTUler sie gefunden.
Es ging also um ihren Laptop.
Die Kripo hatte Sahnes Wohnung durchsucht.
Ich noch nicht.
Seufzend machte ich mich auf den Weg.
Ich hasse es, in den Wohnungen von Mordopfern herumzustöbern. Meist ist das, was man dort findet, einfach nur voll peino. Tittenheftchen, Dildos, Frauenunterwäsche im Werkzeugkasten des Hausherrn und lauter so Zeug.
Sahnes Wohnung bot in dieser Hinsicht keine Höhepunkte. Möbel aus Naturholz, ein riesiger Schreibtisch im Wohnzimmer, auf dem mehrere Kabel ankamen, die unnütz herumlagen. Hier hätte wohl der Laptop stehen sollen.
An den Wänden hingen Zeichnungen ihres Vaters. Autos, Menschen, Blumen. Eine mittelgroße Flachbildglotze hing an der Wand, auf dem Regal darunter standen DVDs. In der Küche schimmelten Paprika, Salat und Zwiebeln in einer Schüssel.
Nach dem groben Überblick teilte ich die Bude gedanklich in Planquadrate auf und checkte jedes einzelne gründlich. Ich fand lose Parkettbretter, die aber keine Schätze, sondern nur Staub verbargen.
In Kühlschränken ist es dunkel, wenn die Tür zu ist, trotzdem schaltete ich mich hinein und strich vorsichtig um den Inhalt. Flaschen und Saftpackungen in der Tür, Marmeladengläser, vermutlich ein Senfglas, ein kleiner, ungeöffneter Becher wie für Joghurt oder Sahne, eine Plastikpackung mit etwas, das nach Käse roch und eine pelzige Oberfläche besaß, und im Gemüsefach Organodildos in drei Durchmessern: möhrendünn, chiquitamedium und gurkendick. Nichts Aufregendes. Ich schlüpfte wieder aus dem Kühlteil und quetschte mich hinter den Badezimmerspiegel und in die Siphons von Waschbecken und Spülbecken, was mir einen grandiosen Würgereiz bescherte, den ich leider nicht ausleben konnte. Natürlich vermutete ich dort keinen Laptop, aber ein USB-Stick hätte uns ja sicher auch weiterhelfen können.
Teedosen, Zuckerdosen, Müslipackungen, alles wurde von mir durchströmt. Ich zischte durch jede Küchen-, Badezimmer und Schlafzimmerschublade und wollte entnervt aufgeben, als ich plötzlich einen Geistesblitz hatte.
Kaffeetasse. Stein hatte davon gesprochen, dass GregorsFingerabdrücke und DNA auf einer Kaffeetasse gefunden worden waren.
Ich hatte keinen Kaffee gefunden. Ich checkte die Küche noch einmal.
Kein Kaffeepulver. Kein Instantkaffee. Keinerlei Equipment zur Zubereitung von Kaffee. Keine Espressomaschine.
Unter diesen Bedingungen sollte selbst die Soko Sahne die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass die Beweise gegen Gregor hier deponiert worden waren.
Ich überlegte, was ich mit der Kaffeeinfo machen sollte, und kam endlich auf die einzig sinnvolle Idee: Ich schrieb Keller eine Mail. Es wurde Zeit, dass die Soko-Heinis mal von ihrer Fixierung auf Gregor abkamen, damit der wieder auf freien Fuß gesetzt wurde. Ohne ihn lief alles kreuz und quer. Ich war der Einzige, der so eine Art Überblick hatte, aber mir waren meist die Hände gebunden und – viel schlimmer – die Quatschklappe zugetackert.
Ich sah einfach keinen Zusammenhang zwischen Gregor und dem Mord an seiner Ex, aber irgendjemand hatte ihn Gregor in die Schuhe geschoben. Warum ausgerechnet ihm?
Mir fiel nur ein Grund ein, nämlich dass man Gregor gleichzeitig mit ihr ausschalten wollte. Und warum hatte man Gregor ausgeschaltet? Der gemeinsame Nenner, auf dem sich Gregor und seine Ex getroffen hatten, war das Altenheim. Welche Story Sahne im Altenheim recherchiert hatte, wusste ich nicht, aber Gregor hatte dort den Tod von Paulina Pleve untersucht.
Bevor ich diesen einen – den einzigen, um ehrlich zu sein – Ermittlungsstrang aufgab, wollte ich noch einmal sichergehen, dass ich nichts übersehen hatte. Ich begabmich also zurück auf Start. In diesem Fall lag der Startpunkt auf dem Speicher, auf dem Paulinchen sich aufgehängt hatte.
Dort hing dieses Mal Wäsche zum Trocknen. So schnell ging selbst die Schürze zur Tagesordnung über, nachdem vor knapp zwei Wochen noch ihre Nachbarin im lauen Sommerwind geflattert hatte. Lau war der
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