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Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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wie auf Kommando ihre Akten zu. Betty Kirschtein schaut in die Runde.
    »Bin ich dran?«
    »Gerne«, sage ich, bevor der arme Calabretta was Falsches sagt und sich zum Affen macht. Wenn es geht, sollte man Freunde dringend vor solchen Peinlichkeiten bewahren.
    Unsere Pathologin schlägt ihre weiße Mappe auf, und ich drücke mich ein bisschen tiefer in meinen Stuhl. Ich mag Betty wirklich gerne, aber ihr Spezialgebiet finde ich zum Kotzen. Seit der Faller nicht mehr da ist, war ich noch kein einziges Mal in der Gerichtsmedizin. Ich kann das ohne den Faller nicht. Es geht einfach nicht. Ich hab meinen Vater in der Gerichtsmedizin liegen sehen, nach seinem Selbstmord. Er lag da im Keller der Frankfurter Uni-Klinik, und ich bin mir nicht sicher, was schlimmer war. Die Nacht, als ich ihn mit einer Kugel im Kopf auf seinem Schreibtisch fand, oder der nächste Tag, als er da im Neonlicht auf dieser Pritsche lag wie eine Wachsfigur. Ich kann ohne den Faller einfach nicht in die Pathologie.
    »Der Kopf und die Gliedmaßen beider Opfer wurden äußerst gekonnt abgetrennt«, sagt Betty Kirschtein. »Ich würde sagen, das ist mit einer Art Knochensäge passiert.«
    Okay. Mir ist jetzt offiziell schlecht. Auch wenn mir die Opfer offensichtlich egal sind, was mit ihnen passiert ist, finde ich nicht so toll.
    »Wo liegt denn so was rum«, sagt der Schulle, »eine Knochensäge? Das hört sich aber nach einem ganz bösen Apparat an.«
    »Beim Schlachter«, sagt Betty Kirschtein, »oder in Krankenhäusern.«
    Ich muss mich konzentrieren. Nur nicht unter den Konferenztisch spucken. Die Vorstellung, dass hier eventuell ein Arzt am Sägen ist, finde ich widerlich.
    »Der Tod trat aber nicht infolge der Amputationen ein«, sagt sie. »Die Opfer starben durch einen sehr präzisen Schlag oder Tritt von unten gegen das Nasenbein. Dadurch wird der Knochen ins Gehirn gejagt. Der Rest geht dann relativ schnell.«
    »Wer kann so was?«, frage ich, auch um mich abzulenken. »Ich meine, so einen Tritt muss man erst mal hinkriegen, oder? Ich könnte das nicht.«
    Betty Kirschtein zuckt mit den Schultern.
    »Was sagen denn die Herren in der Runde dazu?«, fragt sie. »Können Sie so was?«
    »Kampfsportausbildung«, sagt der Schulle. »Für so ’n Ding braucht man ’ne astreine Kampfsportausbildung.«
    »Nö«, sagt der oberlangweilige Spurenmann, »ich kann das auch so. Ohne Kampfsportausbildung.«
    Alle, aber ausnahmslos alle schauen ihn irritiert an.
    »Muss man nur zu Hause üben«, sagt er, »mit Schaufensterpuppen oder so was.«
    Niemand sagt was.
    »Wie?«, fragt er. »Keiner von euch Ninja-Fan gewesen?«
    Ich wusste ja schon immer, dass die Typen aus dieser krassen Abteilung nicht ganz knusper sind. Der Schulle schüttelt verächtlich den Kopf, der Calabretta räuspert sich und sieht Betty Kirschtein an.
    »Wann sind die Männer denn gestorben?«, fragt er. »Und wie lange lagen sie schon im Wasser?« Er bemüht sich diesmal sehr, sie nicht so anzustarren.
    »Das«, sagt sie, »ist schwer zu bestimmen. Die Leichenteile waren fast luftdicht verpackt und sind wenig verwest. Ich würde tippen, dass die fast permanent gut gekühlt waren, bevor sie verpackt worden sind.«
    Sie schaut in die Runde und sagt:
    »Ich bin, ehrlich gesagt, ziemlich ratlos.«
    Der Calabretta wendet sich ein bisschen zu schnell an Herrn Borger, wie ich finde.
    »Was fällt Ihnen dazu ein?«, fragt er.
    »Wir haben es mit einem Profi zu tun«, sagt Herr Borger, »so viel ist sicher. Mit jemandem, der sich auskennt. Nicht unbedingt im Töten, aber im Umgang mit seinem Werkzeug. Das wirkt alles sehr ruhig, sachlich und souverän.«
    »Mann oder Frau?«, frage ich.
    »Kann ich nicht sagen. Was die Brutalität der Tat angeht, würde ich sagen: Mann. Die Gründlichkeit und der Blick fürs Detail sprechen eher für eine Frau.«
    Er nimmt seine Brille ab und spielt ein bisschen damit rum.
    »Aber auf jeden Fall ist das jemand«, sagt der Brückner, »der eine ziemliche Störung im Oberstübchen hat, davon können wir doch ausgehen, oder?«
    »Nein«, sagt Herr Borger.
    Na, so was.
    »Ich glaube nicht, dass wir es mit einem kranken Gehirn zu tun haben«, sagt er.
    »Aber warum, bitte schön, tut jemand so was Perverses«, sagt der Brückner, »wenn er nicht durchgeknallt ist?«
    »Vielleicht, weil die Situation, in der er sich befindet, außergewöhnlich ist«, sagt Herr Borger.
    »Und außergewöhnliche Maßnahmen erfordert?«, fragt Betty Kirschtein.
    Herr Borger zieht die

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