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Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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Augenbrauen hoch und setzt seine Brille wieder auf.
    »Möglich«, sagt er.
    »Also los«, sage ich, »jetzt mal Butter bei die Fische: Arzt oder Schlachter?«
    »Ist doch das Gleiche«, sagt der Schulle.
    Und Herr Borger sagt:
    »Ich hab keinen blassen Schimmer.«
    *
    »Grimaldi-Braun«, sagt der Calabretta, als wir in seinem Büro einen Kaffee trinken. Er schiebt sich seine Sonnenbrille in die Haare. Die Haare haben heute Morgen offensichtlich eine dicke Portion Frisiercreme abgekriegt. Und sie wirken einen Tick länger als sonst. Das Hemd ist dunkelblau, zwei Knöpfe zu weit offen, und über dem weißen Rippenunterhemd baumelt an einer goldenen Kette ein goldenes Kreuz. Normalerweise trägt der Calabretta seine Haare kurz, seine Hemden zu und niemals eine Sonnenbrille. Da geht maximal eine enge Lederjacke. Als wolle er den Italiener in sich hinter geballter Zurückhaltung verstecken. Bloß nicht gockeln. Als wäre ihm seine Herkunft unangenehm. Es sieht so aus, als hätte die Sonne ihm diesen norddeutschen Teil seiner Persönlichkeit gründlich weggebrannt. Wüsste ich nicht, wen ich da vor mir habe, würde ich sagen: Mafioso. Sofort einbuchten.
    »Grimaldi-Braun also«, sage ich und lasse mich auf einen Stuhl fallen.
    »Yo«, sagt er und rollt auf seinem Stuhl vor und zurück.
    »Schön, dass Sie wieder da sind«, sage ich.
    »Yo«, sagt er noch mal, dabei streckt er die Arme nach oben und den Bauch raus, und ich sehe, dass sein Hemd ein bisschen spannt. Der Calabretta zieht den Bauch ein. Er hat gesehen, dass ich da was gesehen habe.
    »Was soll ich machen«, sagt er und zieht die Schultern und die Augenbrauen nach oben, »zwei Wochen lang zweimal am Tag Pasta von meiner Zia Giuseppina.«
    Er klopft sich mit beiden Händen auf die kleine Pocke über seiner Gürtelschnalle.
    »Die Kollegen Brückner und Schulle kicken jeden Sonntag in Altona. Ich werd mich da mal anmelden. Die haben gesagt, sie könnten noch einen guten Innenverteidiger brauchen.«
    »Genau!«, ruft der Schulle aus dem Nebenzimmer. »Einen guten Innenverteidiger!«
    »Sag ich doch!«, bellt der Calabretta.
    Ich kann den Brückner lachen hören, und der Calabretta sagt: »Schnauze, da hinten.«
    Manchmal hab ich das Gefühl, die arbeiten hier in so einer Art Männerpension.
    »Heute Vormittag war Verhandlungsbeginn im Mädchenhändlerprozess, oder?«
    »Ja«, sage ich, »die Anklage liegt auf dem Tisch. Morgen sind die ersten Frauen mit ihren Aussagen dran. Ich hoffe, dass die nicht einknicken. Aber das kann ich mir nicht vorstellen. Ich denke, das wird alles nach Plan laufen. Sie haben da ja auch astreine Arbeit abgeliefert, Calabretta.«
    »Mit Ihnen zusammen, Riley«, sagt er. Er beugt sich ein Stückchen zu mir. »Und wir kriegen das auch in Zukunft hin, auch ohne den Faller. Machen Sie sich da mal keine Sorgen.«
    »Ich mach mir keine Sorgen«, sage ich.
    »Doch«, sagt der Calabretta. »Machen Sie.«
    Ich stehe auf, gehe zum offenen Fenster und zünde mir eine Zigarette an.
    Der Calabretta rollt wieder auf seinem Stuhl hin und her.
    »Was macht unser alter Freund eigentlich? Sitzt er noch an seinem Leuchtturm?«
    »Er sitzt da noch«, sage ich. »Er sitzt da und angelt.«
    Ich blase Rauch zum Fenster raus.
    »Wieso angelt der denn jetzt plötzlich?«
    »Tut ihm gut«, sage ich.
    »Vaffanculo«, sagt der Calabretta und lässt seinen Kopf auf die Tischplatte fallen.
    Ich ziehe an meiner Zigarette. Vaffanculo.
    »Was heißt das?«, frage ich.
    »Geh und mach’s in deinem Arsch.«
    Ich finde, das ist ein sehr gutes Schimpfwort. Der Calabretta hat absolut recht damit, das oft und gerne zu benutzen. Schnell, billig, und macht satt.
    »Wie geht’s Carla?«, fragt er.
    Ich hab’s dem Brückner erzählt. Und der Brückner hat’s dann wohl dem Calabretta erzählt.
    Ich schmeiße meine Kippe aus dem Fenster.
    »Das«, sage ich, »ist vaffanculo hoch drei.«
    *
    Carla lehnt im Eingang und raucht. Sie hat ihr Café tatsächlich wieder aufgemacht. Ich hab kein gutes Gefühl dabei. Irgendwas an ihrer Tapferkeit ist nicht richtig.
    Sie trägt eine schwarze, strenggeschnittene Hose und ein schwarzes T-Shirt. Ihre Haare hat sie mit einem schwarzen Kopftuch zurückgebunden, ihre Augen extrem dunkel geschminkt. Sie sieht aus wie die Stadtguerilla. Als sie mich kommen sieht, winkt sie, und sie lächelt auch ein bisschen, aber ihr Blick bleibt düster.
    »Hey«, sage ich.
    »Hey«, sagt sie und umarmt mich. Sie ist dünn geworden. Ihr Rücken ist ganz

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