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Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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sehen, und dass ich glaube, dass unsere Geschichte am Ende ist. Das kann ich natürlich auf keinen Fall sagen. Dann müsste ich ja was erklären. Ich sage:
    »Nichts ist los.«
    »Du bist zickig«, sagt er. »Du bist nie zickig.«
    »Ich hab nur gerade keinen Bock auf die Pärchennummer«, sage ich, und ich könnte mich ohrfeigen dafür, dass ich ausgerechnet so was sage.
    »Und ich hab keinen Bock auf blöde Spielchen«, sagt er. »Das passt nicht zu uns. Wir waren immer ehrlich miteinander, falls du dich erinnerst.«
    Ich sehe ihn an und muss jetzt sehr aufpassen, dass mir nicht die Tränen in die Augen schießen. Ich verstehe überhaupt nicht, was hier passiert. Ich kenn mich mit dem Liebesscheiß nicht aus. Ich spüre einen Stich in der Brust. Ich glaub, mein Herz bricht gerade. An einer der wenigen Stellen, die noch einigermaßen intakt sind.
    Klatsche schüttelt wieder den Kopf und sagt:
    »Ach, leck mich doch, Chastity.«
    Dann geht er zurück nach vorne in den Laden. Ich nehme mein Weinglas und gehe mit. Ich weiß nicht, was ich sonst machen soll.
    Kurz hinter der Theke bleibt Klatsche plötzlich stehen, ich renne ihn fast über den Haufen.
    Rocco Malutki ist wieder da. Er sitzt an der Theke, er himmelt Carla an, und die reagiert nicht drauf.
    Es ist, als wäre er nie weg gewesen.
    »Malutki, du alter Spinner!«
    Klatsche nimmt Kurs auf seinen alten Freund. Rocco und er haben sich im Knast kennengelernt. Klatsche hat wegen seiner Einbrüche gesessen, Rocco wegen irgendeiner ausgefuchsten Betrügerei. Rocco Malutki ist ein klassischer Tschabo. So ein Typ, der gut aussieht, aber man weiß eigentlich gar nicht, warum, und der meistens in Begleitung schöner Frauen ist – aber auch hier weiß man nichts Genaues, wer diese Frauen sind, in welchem Verhältnis er zu ihnen steht, was da überhaupt abgeht. Und er ist schlau. Er hatte die Idee, dass Klatsche einen Schlüsseldienst aufmachen muss, so gut wie der an verschlossenen Türen ist. Klatsche sagt, ohne Rocco würde er immer noch einen Bruch nach dem nächsten durchziehen und alle paar Jahre im Bau landen. Rocco rutscht von seinem Barhocker und breitet die Arme aus. Er trägt eine alte Nadelstreifenhose, die ihm ein bisschen über die knochigen Hüften rutscht, ein weißes Unterhemd, weiße Turnschuhe und eine von diesen sizilianischen Schlägermützen, wie sie Robert de Niro als junger Vito Corleone aufhatte. Seine hellbraunen Locken ringeln sich unter der Kappe hervor, sein Bart ist ein bisschen zu fusselig für einen ordentlichen Dreitagebart, und wenn er lacht, sieht man die schmalen Lücken zwischen seinen langen Schneidezähnen, das wirkt extrem verschlagen. Er ist ein Herz von einem Gauner. Und er kann Musik machen wie ein Engel. Er spielt Klavier, Saxophon und Gitarre. Er besitzt kein einziges dieser Instrumente. Offiziell, weil er dagegen ist, Sachen zu besitzen. Die Wahrheit ist, dass er sich nicht mal eine Blockflöte leisten könnte. Rocco Malutki ist arm wie eine Kirchenmaus.
    Seine Mutter war eine Berühmtheit, eine Kiezgröße, die schönste Hure von allen, und sie hat tatsächlich nie einen Zuhälter gehabt. Sie hatte zum Teil spanische Vorfahren, zum Teil argentinische, sie wusste es selbst nicht so genau. Sie war dunkel und wild und ließ sich von niemandem etwas sagen. Als sie mit Mitte dreißig schwanger wurde, gab sie ihren Job auf und eröffnete ein kleines Café auf der Reeperbahn. Den Laden führte sie bis zu ihrem Tod vor ein paar Jahren. Das Café war ein wichtiger Kieztreffpunkt gewesen, und Rocco hätte es übernehmen sollen. Aber leider saß er gerade mal wieder für ein paar Monate im Knast, als seine Mutter starb, und für diesen Fall hatte sie nicht vorgesorgt. Sie hat sich nie eingestanden, dass ihr Sohn leicht in Schwierigkeiten gerät.
    Roccos Vater war ein polnischer Musiker. Er spielte Violine im Orchester der Hamburgischen Staatsoper. Als er eines Tages spurlos verschwand, war Rocco gerade mal ein paar Monate alt. Roccos Mutter ließ sich daraufhin nie wieder mit einem Mann ein, aber sie verlor auch kein böses Wort über den Geiger. Auf Sankt Pauli wird sie heute verehrt wie eine Heilige.
    Wovon Rocco eigentlich lebt, weiß nicht mal er selbst so genau. Ein bisschen vom Ruhm seiner Mutter, ein bisschen von seiner Musik, dann noch hier und da irgendein Deal, und dass das Schlitzohr so schlau ist und so verdammt gut aussieht, schadet sicher auch nicht.
    Irgendwie mochte ich ihn schon immer.
    »Alter«, sagt Klatsche, »wie

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