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Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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sind Sie okay?«
    Die Köchin hat aufgehört zu lesen und sich Carla zugewendet.
    Carla sieht sie an, zuckt mit den Schultern.
    »Geht so«, sagt sie. Sie nimmt ein Tuch und wischt einmal über die Theke. »Kein Grund, sich Sorgen zu machen.«
    Die Köchin nimmt ihr das nicht ab, das kann ich sehen.
    »Ich freu mich auf jeden Fall, dass Ihr Café wieder auf ist«, sagt sie.
    Carla lächelt nur und antwortet nicht. Die Köchin lächelt zurück und nippt an ihrer Limonade. Sie hat verstanden, dass Carla nicht darüber reden will. Und sie hat bemerkt, dass ich sie unter die Lupe nehme. Sie dreht den Kopf zu mir und sieht mich an.
    »Kann ich Ihnen helfen?«
    Oh. Unangenehm. Aber meine Freundin ist auf Zack. Bevor ich anfangen kann, mich blöde durch die Gegend zu entschuldigen, dass ich die arme Frau so anstarre, greift Carla ein und sagt:
    »Jules, das ist meine Freundin Chastity. Ich hab ihr von Ihnen erzählt. Sie war neulich nämlich so begeistert von dem Essen im Taste. «
    Sie setzt noch ein strahlendes Lächeln drauf, und sofort ist ein dezentes, aber freundliches Band geknüpft, zwischen der Köchin und mir. Sie streckt mir die Hand entgegen.
    »Jules Thomsen. Freut mich.«
    »Hallo«, sage ich. »Chastity Riley.«
    Sie hat einen Händedruck wie ein Zimmermann.
    »Was hatten Sie denn auf dem Teller?«, fragt sie.
    »Fisch«, sage ich, »den mit den vielen Kräutern. Das war eine tolle Sache.«
    »Ah ja«, sagt sie und nickt. »Den macht inzwischen mein Sous-Chef. Ich hab die Fischgerichte fast komplett abgegeben.«
    »Haben Sie keine Lust mehr auf Fisch?«, frage ich und komme mir vor wie Reinhold Beckmann.
    »Doch«, sagt sie, »aber ich finde, man muss sich konzentrieren. Und ich hab mich fürs Fleisch entschieden.«
    »Langweilt Sie das nicht? Immer nur Fleisch?«, frage ich. Oder vielleicht ist es wirklich Reinhold Beckmann, der da fragt. Wenn ich Leute zu ihren Gefühlen befrage, komme ich mir meistens vor wie Reinhold Beckmann.
    »Überhaupt nicht«, sagt sie. »Ich hab allein sieben verschiedene Würste im Programm, und jede einzelne ist ein Abenteuer, die Kräuter, die Gewürze …«
    Gerade noch wirkte sie so streng. Jetzt, wo sie übers Kochen spricht, wird sie richtig weich.
    »Mein Begleiter hatte eine von diesen italienischen Bratwürsten«, sage ich.
    »Die Salsiccia mit gebratenen Kartoffeln?«, fragt sie.
    »Ja«, sage ich, »genau. Der ist fast wahnsinnig geworden. Er hat gesagt, er hätte noch nie im Leben etwas gegessen, das so geschmeckt hat wie diese Wurst.«
    »Sehen Sie«, sagt sie. Sie grinst sich einen. »Was war das für ein Typ, Ihr Begleiter?«
    »Ein Anwalt«, sage ich. »Wieso?«
    »Es interessiert mich, für wen ich koche. Los, tun Sie mir den Gefallen. Beschreiben Sie ihn.«
    »Okay«, sage ich. »Er ist groß, und er ist ziemlich dünn. Er trägt immer Anzüge. Er ist klug, er hat Humor, er hat nicht viel Geld, und er hat ein Herz für die kleinen Leute. Ich glaube, er ist ein guter Mensch.«
    »Hm«, sagt sie. Sie wirkt irritiert. »Okay. Das ist selten.« Sie stochert in ihrem fast leeren Limonadenglas.
    »Was ist selten?«, frage ich.
    »Nette Männer im Taste «, sagt sie.
    Das Gefühl hatte ich allerdings auch.
    »Das Gefühl hatte ich auch«, sage ich.
    »Wollt ihr noch was trinken?« Carla huscht an uns vorbei. Der Laden ist inzwischen doch ganz gut voll geworden.
    Ich schüttele den Kopf.
    »Nein, danke«, sagt Jules Thomsen. Sie fummelt ein Päckchen Zigaretten aus ihrer Tasche.
    »Rauchen Sie?«, fragt sie.
    »Selbstverständlich«, sage ich.
    Wir rutschen von unseren Barhockern, setzen uns an einen Tisch vor der Tür und rauchen. Die Köchin schaut auf ihre Zigarette.
    »Sind Sie gut mit Carla befreundet?«
    »Wir sind so was wie eine Familie«, sage ich.
    »Was ist passiert?«, fragt sie.
    Sie sieht mich an. Sie weiß offensichtlich, dass etwas passiert ist. Sie ist nicht doof, und sie mag Carla. Ich will sie nicht verarschen. Aber ich will auch Carla nicht in den Rücken fallen. Ich antworte nicht.
    »Ist es das, was ich denke?«, fragt sie.
    »Ich weiß nicht, was Sie denken«, sage ich.
    »Dass ihr jemand was getan hat«, sagt sie. »Man kann ihr ansehen, dass jemand brutal war. Als wären da Risse in ihrem Blick.«
    Ich sage nichts dazu. Ich ziehe heftig an meiner Zigarette. Ich finde, das ist auch eine Antwort.
    »Ich wünschte«, sagt sie, »solche Typen würden die Angst, die sie verbreiten, ein einziges Mal selbst erleben. Nur ein einziges verdammtes Mal. Ich

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