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Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Knastpralinen: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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wette, die würden sich in die Hosen scheißen. Vielleicht würden die sogar sterben vor Angst. Gibt’s so was eigentlich? Tod durch Angst?«
    *
    Der Calabretta wartet vor dem alten Hochbunker am Baumwall auf mich. Als er mich kommen sieht, schiebt er seine Sonnenbrille in die Haare. Seine Augen sind winzig. Ich glaube, er hat die Sonnenbrille heute noch keine Minute nicht aufgehabt. Mein neapolitanischer Kollege sieht müde aus.
    »Moin«, sage ich.
    »Moin«, sagt der Calabretta.
    »Alles klar bei Ihnen?«, frage ich.
    Er schiebt sein Kinn vor und zieht die Mundwinkel nach unten. Italienisch für: Weiß nicht. Was soll ich sagen.
    Er setzt sich in Bewegung, schaut andeutungsweise nach links und rechts und marschiert über die rote Ampel. Ich stolpere hinterher. Er ist zackig unterwegs.
    »Was ist los?«, frage ich, wir sind schon fast an der Kehrwiederspitze. »Schlecht geschlafen?«
    »Überhaupt nicht geschlafen«, sagt er.
    »Warum das denn?«, frage ich.
    »Ich hab mir die letzten beiden Nächte um die Ohren gehauen. Auf dem Kiez und in der Sternschanze.«
    Ich wusste nicht, dass der Calabretta noch so exzessiv ausgeht. Ich dachte immer, der ist anders als ich. Ich dachte, der ist erwachsener.
    »Neue Freundin?«, frage ich.
    »Quatsch«, sagt er. »Wann hatte ich denn zum letzten Mal eine Freundin?«
    Stimmt. Mit den Frauen klappt’s nicht beim Calabretta. Dabei ist er ein wirklich attraktiver Typ. Ist wohl die typische Bullenkrankheit. Zu viel Arbeit, zu harte Arbeit, zu unberechenbar. Da hat keine Bock drauf.
    »Da ist so ’ne Art Todesengel unterwegs«, sagt er. »Da rennt vermutlich eine Frau durch die Nacht und killt Männer. Und wir haben immer noch keine Ahnung, wo wir ansetzen sollen. Das macht mich wahnsinnig.«
    »Wie kommen Sie darauf, dass das eine Frau ist?«
    »Wir haben diese Locke, die wir an Dejan Pantelics Kopf gefunden haben«, sagt er. »Und ich hab’s im Gefühl.«
    Irgendwie haben das alle im Gefühl. Ich weiß nicht.
    »Ich bin die Ausgehmeilen rauf und runter getigert«, sagt er, »ich war in jeder beschissenen Kneipe, in jedem Club. Ich hatte gehofft, dass mir irgendwas oder irgendjemand auffällt.«
    »Und?«, frage ich.
    »Nichts«, sagt er. »Es ist zum Kotzen. Ich weiß nicht mehr weiter.«
    Ich hab diesmal auch keinen Schimmer, wo’s langgeht, aber das Merkwürdige ist, dass mir auch das herzlich egal ist. Dass wir keinerlei Ermittlungserfolg vorweisen können, berührt mich genauso wenig wie die Tatsache, dass schon drei Männer gestorben sind.
    Ich kann mir das nicht erklären. Das passt einfach nicht zu mir. Wie auch immer. Ich sollte mich langsam mal am Riemen reißen. Wir müssen demnächst ein paar Ergebnisse präsentieren. Der Oberstaatsanwalt wird langsam zappelig. Die Presse sowieso. Die schlachten das inzwischen seit über einer Woche aus und kommen mit den verwegensten Dingern rüber. Knochensägenmassaker. Körperfresser. Hamburg, Stadt der Wasserleichen.
    Der Calabretta stratzt durch die Speicherstadt, als hätte er einen Dynamo im Arsch. Er will zum Faller.
    »Tut mir leid«, sage ich.
    »Was tut Ihnen leid?«, fragt er.
    »Dass ich keine Hilfe bin.«
    »Ist ja auch nicht Ihr Job, mir zu helfen«, sagt er. »Es reicht, wenn Sie mir Anweisungen geben. Sie sind mein Chef. Sie sind die Herrin des Verfahrens. Oder?«
    Der Calabretta ist nicht nur müde. Der Calabretta ist sauer auf mich. Und das zu Recht.
    »Vielleicht ist es nicht mein Job«, sage ich, »aber ich finde, es ist meine Aufgabe. Das war beim Faller so, und das war bisher auch bei uns beiden so. Können wir mal ein bisschen langsamer gehen?«
    Der Calabretta rennt so, dass ich kaum reden kann.
    »Oh. Ja. Klar.« Er haut die Bremse rein und klingt schon wieder sanfter. Der Calabretta ist so ein netter Typ, der kann nicht mal anständig sauer sein. »Machen Sie sich mal keine Vorwürfe.«
    »Ich mach mir aber Vorwürfe«, sage ich, »ich weiß auch nicht, woran das liegt, dass ich nicht heißlaufe bei dieser Geschichte. Mal ganz ehrlich: Ist doch ein geiler Fall. Ich müsste Tag und Nacht mit Ihnen unterwegs sein.«
    »Aber?«, fragt der Calabretta.
    »Es juckt mich nicht«, sage ich.
    »Warum nicht? Es werden unschuldige Menschen getötet. Sie sind doch hier der Gerechtigkeitsfanatiker von uns beiden.«
    »Eben«, sage ich.
    Der Calabretta bleibt stehen und sieht mich an.
    »Was? Eben?«
    »Ich habe das Gefühl«, sage ich, »dass die nicht unschuldig sind.«
    »Also bitte«, sagt der Calabretta. »Was

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