Knautschgesicht und Fiedelfranz
verbunden.
Heute war die gelbbraune Weste an der Reihe! Dazu eine leuchtendblaue Fliege und eine ebensolche Mütze mit großen Karos. Der kleine Detektiv trat, fertig angekleidet, vor den Spiegel und begutachtete sich.
„Hehehe, bist schon ein fescher Kerl, Baldi!“ Er strich sich über die prall gespannte Weste und nickte seinem Spiegelbild zu. „Jawohl, nur ein satter Detektiv ist ein guter Detektiv! Und damit wollen wir mal ein bißchen an die Arbeit gehen.“
Nacheinander ließ er seine Lupe, die Kunigunde, zwei Zigarren und die Mundharmonika in den Taschen von Weste und Jacke verschwinden. Und da das Außenthermometer siebzehn Grad anzeigte, beschloß er, auf einen Mantel zu verzichten. Er hing sich seinen Schirm über den Arm und sah sich nach Pinsel um. Der saß bereits neben der Tür. Blöbb-blöbb-blöbb-blöbb hämmerte sein Stummelschwanz auf das farbenfroh gemusterte Linoleum.
„Du bist also schon bereit, wie ich sehe!“ stellte Balduin Pfiff zufrieden fest.
„Wau-wau!“ erwiderte Pinsel.
„Na, dann wollen wir den Bettelmusikanten mal auf die Bude rücken. Hoffentlich sind sie nicht schon auf Konzertreise!“
Um 7 Uhr 44 überquerten Balduin Pfiff und Hund mit strammem Links-zwo-drei-vier den Rathausplatz.
Um 7 Uhr 59 erreichten sie die Mitte der Brücke über den Fluß.
Der kleine Detektiv beugte sich über die steinerne Brüstung und spuckte ins Wasser. Einem alten Aberglauben zufolge brachte das Eierhändlern, Telegrammboten, Handlesern, Bergsteigern, Fallschirmspringern und Detektiven Glück.
Balduin Pfiff sah seiner Spucke nach, bis sie sich zerteilt hatte und in hundert Spritzern in der Strömung verschwunden war.
„Und damit, Pinsel, ist der Fall so gut wie geklärt!“ Obwohl Pinsel natürlich keine Ahnung hatte, worum es sich handelte, bellte er freundlich Zustimmung.
8 Uhr 15 tauchte der Güterbahnhof vor ihnen auf.
Nach etlichem Befragen von Männern in blauen Eisenbahneruniformen entdeckte der kleine Detektiv endlich auf einem nicht mehr genutzten Gleis den ausrangierten Eisenbahnwagen mit der Nummer 17. Mit Staunen sah er die Fernsehantenne auf dem Dach des Wagens, und er zweifelte nicht daran, daß es sich bei der dicken Leitung, die über einen Galgen herangeführt wurde, um elektrischen Strom handelte. Vor den Fenstern hingen Gardinen.
Er sah auf seine Uhr: 8 Uhr 30! Mit dem Knauf des Regenschirms klopfte er gegen die Tür, an der sogar ein Briefkasten hing.
Nichts!
Niemand öffnete!
Er klopfte ein zweites Mal. Diesmal ein wenig kräftiger.
Da... Da war ein Geräusch!
Und dann öffnete sich die Waggontür.
„Was issen los?“
Balduin Pfiff sah einen Meter über sich ein Gesicht, das weder zu Knautsch, dem Bettler, noch zu Fiedelfranz, dessen Bruder, gehörte. Es war ein scharfes, kantiges Gesicht, das in ein rotgepunktetes Kopftuch eingewickelt war.
„Ei der Daus, die Brüder werden doch nicht etwa geheiratet haben?“
„Ich bin die Putzfrau!“ raunzte es giftig von oben. Ein knochiger Arm wedelte mit einem Staubsaugereinzelteil. „Ich wollte gerade saugen!“
Balduin Pfiff, dem es bei dem Wort „Putzfrau“ vier Atemzüge lang die Stimme verschlagen hatte, versuchte nun besonders freundlich auszusehen. Und siehe da, es wirkte. Eine Spur versöhnlicher fragte der Putzteufel:
„Wollten Sie zu den Bäumelbergers?“ Der kleine Detektiv wollte schon mit dem Kopf schütteln, als ihm gerade noch rechtzeitig einfiel, daß Knautschgesicht und Fiedelfranz mit bürgerlichem Namen Bäumelberger hießen.
Voller Eifer nickte er.
„Die beiden Herren sind schon zum Dienst gegangen!“
Am liebsten hätte Balduin Pfiff einen Dreikilometerlacher von sich gegeben, aber es sollte noch lustiger kommen:
„Die beiden Herren musizieren heute Ecke Tischler-/Gartenstraße!“
„Reiß dich zusammen, Baldi!“ rief sich der kleine dicke Detektiv insgeheim zu. Er begann einen zackigen Marsch auf seine Weste zu trommeln und tat, als müßte er überlegen. „Die Gelegenheit ist günstig, Baldi, laß dir was einfallen!“ Und natürlich fiel ihm was ein! Schließlich mußte er als fixer Spurenleser auch mit unerwarteten Situationen fertig werden.
„ls’ noch was?“ fragte es aus dem 1. Stock.
Balduin Pfiff zauberte sich den treuherzigsten Blick in seine Augen. Oder anders ausgedrückt: Er musterte die Frau über sich, als sei sie ein wunderschönes Stück Torte. „Tja“, flötete er dazu, dabei tat ihm schon der Hals weh vom Hochgucken, „wenn ich Sie so
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