Knecht – Die Schattenherren II
können. Ich nicht.«
»Aber ELIEN VITAN hat es Euch verweigert?«
»Und mich verbannt, weil ich von Helion nicht lassen konnte.«
»Seit Jahrzehnten schon darf Euer Name in Ondrien nicht mehr ausgesprochen werden. Man gießt Blei in die Münder derer, die es dennoch wagen.«
»Aber jetzt schickt ELIEN nach mir.«
Bren neigte stumm das Haupt.
»Vielleicht gewährt ER jetzt, was ER damals verweigerte«, sagte Lisanne. Sie strich über die Gestalt des Schläfers. »Helion muss mit uns kommen. Dafür gebe ich Tamiod auf.«
»Ich bin sicher, Schattenfürst Velon wird zustimmen.«
»Ja, er würde alles tun, um sich vor ELIENS Zorn zu retten.«
Bren netzte die Lippen. Es stand ihm nicht an, das Verhalten oder die Wünsche der Schattenherzogin zu bewerten. »Wann können wir aufbrechen? Wir sind schon viel länger unterwegs, als wir vorgesehen hatten.« Er würde mit dieser Frau, diesem vollkommenen Wesen, auf einem Schiff sein! Und dann wochenlang mit ihr gemeinsam reisen! Die unermessliche Ehre haben, für ihre Sicherheit zu sorgen! Die größte Verantwortung, die einem denkenden Wesen zuteilwerden konnte.
»Wir können sofort aufbrechen. Aber es wird jemanden geben, die wir von unserem Vorhaben überzeugen müssen.«
»Wer könnte Euch aufhalten?«
»Ich bin so etwas wie der Verstand der Chaque. Aber ich bin nicht ihr Herz. Das ist ihre Königin. Sie dienen mir, erfüllen alle meine Befehle. Der Tod eines der Ihren bedeutet ihnen nichts. Aber das Volk als Ganzes muss überdauern. Wenn ich gehe, wird ihnen der Geist fehlen.«
»Wenn Ihr sie geschaffen habt, könnt Ihr sie dann nicht zerstören?«
»Die Königin und ich sind in besonderer Weise verbunden. Ich gab einen Teil von mir für sie. Wenn sie stirbt, wird das ein Beben in der Magie auslösen.«
»Kann es Euch verletzen?«, fragte Bren erschrocken. Er bewegte sich so heftig, dass sich die Seitenwunde mit beißendem Schmerz bemerkbar machte.
»Mich und jeden, der eine Verbindung zur Welt der Schatten hat.«
»Auch Velon und Gadior? Unmöglich kann ich zulassen, dass einem von Euch etwas zustößt!«
Sie lächelte. »Ein Krieger bis zum Grund deines Herzens, nicht wahr? Aber es gibt einen Weg. Wenn wir ruhen, unser Körper in Stasis liegt und unser Verstand nur schwach mit der greifbaren Welt verbunden ist, wird uns die Erschütterung nicht erreichen. Diese Kammer hier ist die sicherste in der Feuerburg. Hierher können Velon, Gadior und ich uns zurückziehen. Doch wir können nicht gegen die Königin kämpfen.«
Bren nahm den Morgenstern von seiner Schulter. »Dann wird diese Ehre mir gehören.«
Grundsätzlich hätte Alenias dämonische Wesenheiten beschwören können, um Bren im Kampf gegen die Chaque zu unterstützen. Es hätte ihm sogar leichterfallen mögen als an anderen Orten, weil in Tamiod die Grenze zum Nebelland außergewöhnlich brüchig war. Aber dazu hätte der Fayé ein Ritual wirken müssen, das einige Stunden in Anspruch genommen und vor allem menschliche Opfer erfordert hätte. Da mit Ausnahme von Kiretta alle Piraten in Blutstein zurückgeblieben waren, waren Brens Krieger die einzigen Menschen in der Feuerburg, und sie alle hatten sich in den vergangenen Wochen zu sehr verdient gemacht, um ein solches Ende zu finden. Bren bezweifelte, dass die Osadroi ebensolche Skrupel hatten, aber sie wussten, dass man die Krieger auf dem wochenlangen Rückweg noch bräuchte. Jedenfalls hatte Bren den Gedanken verworfen, Alenias um Hilfe zu bitten. Ihm wäre ohnehin nicht wohl dabei gewesen. Der Fayé verjüngte sich nicht mehr so rasch wie unmittelbar hinter dem Seelennebel, aber der Prozess schritt weiter fort. Je vitaler er wurde, desto offensichtlicher wurde für Bren, dass er etwas verbarg. Er war zu klug, um weiterhin ständig von Umkehr zu sprechen, und nun, da sie Lisanne gefunden hatten, konnte er sich ohnehin gewiss sein, dass das Ziel aller in der gleichen Richtung lag, nämlich westlich des Seelennebels. Aber Bren bemerkte, dass Alenias trotz seines Geistes, der wieder regen Anteil an seiner Umgebung nahm, noch immer den Kontakt zu den Ondriern mied. Mit den Seeräubern dagegen hatte er bei ihrem Aufbruch aus Blutstein sogar gescherzt. Er hatte den Seelennebel befahren, auf den er seine Hoffnung gesetzt hatte. Irgendetwas hatte er dort gefunden, vielleicht sogar das Neue, das seinem Leben Sinn gab. Dass dieser Sinn im Nachtschattenwald zu verwirklichen war, leuchtete Bren noch ein. Damit war ihm auch klar, dass den Ondriern, die
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