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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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selbst? So viele Jahre in der Unsterblichkeit, und noch immer seht Ihr nicht hinter den Schein?«
    »Ich bin ein König«, wiederholte Goran ruhiger.
    »Wenn das so ist, dann zeigt mir das Heer, das Eurem Befehl folgt.«
    Goran setzte an, brachte aber kein Wort heraus und schloss den Mund wieder.
    »Schon bevor sie den Verstand verloren, waren die Chaque nicht Euch ergeben. Bren berichtete mir von Eurem Versuch, ihn gegen Nachtstein zu schicken, weil die Chaque Euch nicht gehorchten. Sie hielten Euch bei Laune, das mag sein. Aber in Wirklichkeit kannten sie nur eine Herrin. Die einzige echte Osadra von Tamiod.«
    »Sie waren mir unterstellt!«
    Velon lachte leise. »Nur, damit das Volk seine Aufmerksamkeit auf Euch richtete. Weil die Schattenherzogin geruhte, in der Feuerburg ungestört zu bleiben. Erkennt Ihr denn nicht, dass Euer einziger Daseinszweck darin bestand, die Träume lebendig zu halten? Die Schrecken Eurer Chaque für die Ängste, die Annehmlichkeiten Eurer Edlen für die Sehnsüchte. Alle Untertanen fürchteten das eine und begehrten das andere. Wenn sie träumten, dann fühlten sie, und sie richteten ihre Gefühle auf diejenige, die ihnen alles gab, das Gute und das Böse, die Traumgöttin, Lisanne. Das war die Brücke, über die die Essenz ging.« Er trat einen Schritt näher zu Goran. »Diese Brücke wird nicht länger gebraucht.«
    Goran lachte unsicher. »Ihr werdet mich nicht töten! Das wagt Ihr nicht! Ich bin der Sohn der Traumgöttin!«
    »Ein interessanter Gedanke, aber Osadroi haben keine Kinder. Nicht so wie Menschen. Ihr seht ihr auch nicht ähnlich. Mag sein, dass Ihr Euch nicht an Eure Eltern erinnert, Ihr müsst jung gewesen sein und das bisschen Gedächtnis, was in Eurem Verstand war, ließ sich bestimmt leicht heraustrennen. Das machte Euch noch loyaler.«
    »Loyal! So ist es! Ich war immer loyal! Wenn Ihr Lisanne liebt, dürft Ihr mir nichts antun! Ich werde mit Euch kommen in dieses Land, wo die Sonne scheint!«
    »Einen merkwürdigeren Begriff für Ondrien habe ich noch nie gehört«, sagte Bren. »Und wenn ich mich nicht täusche, wird auch hier bald die Zeit der immerwährenden Nacht enden.«
    Ein Schaudern fuhr über Brens Rücken, als Lisanne sprach. Die Perfektion ihrer Stimme ließ ihn Scham ob der Unvollkommenheit der eigenen empfinden. »O ja, die Sonne wird sich zurückholen, was ihr so lange verwehrt blieb. Der Taktschlag von Tag und Nacht wird wieder einsetzen, und sie wird heißer brennen, als sie es jemals zuvor tat. Tamiod wird eine Wüste werden. Vielleicht wird die Spitze dieser Pyramide noch aus dem Sand ragen, aber niemand wird mehr hier sein, um sie zu sehen.«
    Goran machte einige Schritte auf Lisanne zu, wie ein Hund, der zu seiner Herrin wollte, aber fürchtete, geprügelt zu werden. Sie hatte sich nicht umgewandt, als sie gesprochen hatte, sah noch immer nach Westen.
    Velon trat nun nah an Goran heran. »Ihr seid eine Beleidigung für unsere Art. Wer Euch erblickt, wird über uns lachen. Das wäre ein Ärgernis. Was also sollten wir mit Euch anfangen in Ondrien? Euch in einen Kerker werfen?«
    »Das wagt Ihr nicht!«, rief Goran, machte aber einige Schritte rückwärts, bis er gegen Bren stieß. Bren fasste seine Schultern.
    »Ihr werdet mich nicht anrühren.« Es klang beschwörend, wie Goran das sagte. »Ihr wollt die Traumgöttin nicht beleidigen. Ich dagegen …«
    Goran rammte den Ellbogen mit viel mehr Kraft zurück, als Bren erwartet hatte. Schmerz brannte durch Brens Oberschenkelmuskel. Er löste den Griff. So oder so – er ist ein Osadro. Er besitzt Schnelligkeit und Kraft der Unsterblichen.
    Mit einem unartikulierten Schrei sprang Goran vor.
    Bren rieb seinen Schenkel, um ihn wieder geschmeidig zu machen. Ihm fehlten die Sinne, um die Magie, die Velon und Goran aufeinanderschleuderten, vollständig erfassen zu können. Er nahm sie als finsteres Wabern wahr, dunkler als das Schwarz der Nacht. Wie eine Korona legte es sich erst um Gorans Kopf, dann um Velons, der grausam lächelte, als er die Arme ausbreitete. Wegen des Umhangs wirkte er wie eine riesige Fledermaus, die die Schwingen entfaltete. Der Eindruck verstärkte sich, als sich die Finsternis vom Haupt zu den Händen ausbreitete.
    Goran und er hielten einige Schritt Abstand zueinander, während sie sich umkreisten. Lisanne stand noch immer unbewegt, lediglich wenige Zoll hatte sie den Kopf gedreht, als wolle sie den beiden ihr Ohr leihen.
    Es war ein ungleicher Kampf. Goran hatte nie echte

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