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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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abgetrennten Beinen noch einen wachen Geist, der sich nicht brechen ließ und sie zu geehrten Scholaren machte. Solche Veteranen wurden gern vom Kult verpflichtet, um den Gläubigen zu zeigen, wie wahre Hingabe aussah.
    Goran hatte sein letztes Opfer gebracht, wenn auch nicht freiwillig. Seine Kleidung war mit dem Klumpen verschmort, zu dem sein Körper geworden war. Nur die Krone hatte der Verformung getrotzt. Alles andere war wie schwarzes Wachs, und es trocknete weiter aus. Bren hätte sich nicht gewundert, wenn Goran binnen kurzer Zeit zu Asche geworden wäre.
    Lisanne und Velon sahen sich stumm an. Kein Lächeln, kein Nicken, kein Blinzeln. Velons Gesicht hatte die gewohnte Neutralität zurückgewonnen, mit jenem Hauch Arroganz, der den Zügen der meisten Unsterblichen eigen war.
    Ohne ein Wort wandten sie sich zur Treppe und begannen, die Stufen hinunterzusteigen, hinab zu der Stadt der verlöschenden Leuchtpflanzen, die in den Geburtswehen des ersten Tages nach einer langen Nacht lag. Sie nahmen die Treppe auf der Ostseite, jene für die Träume und Nachtmahre. Die Sterblichen folgten den Osadroi.
    Einer der Piraten besaß die Kühnheit, Gorans Krone an sich zu nehmen. Kiretta bedachte ihn mit einem strafenden Blick. Er zuckte die Schultern. »Einmal Plünderer, immer Plünderer.« Er probierte die Krone auf, behielt sie dann aber doch lieber in der Hand.
    Bis auf Ribunns Nuscheln brachten sie den Abstieg schweigend hinter sich. Vor der Kutsche verharrten sie. Das Gefährt ragte groß und dunkel auf, wie eine Verheißung der Zukunft. »Begleite uns, General«, sagte Lisanne und öffnete die Tür.
    »Was, wünscht Ihr, soll wegen der Chaque geschehen?«, fragte Bren, als er den Schild vom Rücken nahm, ihn an die Kutsche lehnte und ihr folgte. Hinter ihnen schloss Velon die Tür.
    Lisanne murmelte ein Wort, das an Brens Ohr schmolz wie eine Schneeflocke. Sein Verstand konnte es nicht erfassen, geschweige denn erinnern. Ein grünes Leuchten schien auf, bis es das Innere der Kutsche erfüllte. Helions Sarkophag zwischen den Liegen machte das Gefährt eng. Gadior lag reglos, mit vor der Brust gekreuzten Armen.
    »Die Chaque werden vielleicht zu einer neuen Ordnung finden«, sagte Lisanne. »Vielleicht auch nicht. Das Leben ist seltsam und schwierig ohne Königin.« Sie stellte sich an den Sarkophag, während sich Velon und Bren setzten.
    »Die Sonne geht auf«, sagte sie. »Ich werde so tief schlafen wie lange nicht mehr.«
    »Ich werde persönlich über Euch wachen auf dem Weg zur Küste.«
    »Nein«, sagte Velon fest. »Es gibt noch einen Zweiten, der sterben muss.«
    Lisanne sah Bren an. Die Gefühllosigkeit in ihrem Blick machte Bren von Neuem deutlich, wie fremd sie war. Keine menschliche Mutter hätte so kalt gegen ihre Kinder sein können. Selbst Brens eigene Mutter hatte ihren Schmerz niederkämpfen müssen, bevor sie ihn weggegeben hatte. Lisanne dagegen schien für den zweiten Bruderkönig etwa das Gleiche zu empfinden wie für eine lästige Schmeißfliege.
    »Wenn dies Euer Befehl ist, will ich ihn ausführen«, sagteer. »Aber ich kann Euch nicht schutzlos lassen. Ich werdedie Rebellen mit mir nehmen, die wir gerade befreit haben. Meine Krieger werden Euch schützen, die Piraten das Schiff segeln.«
    »So soll es sein«, beschloss Lisanne.
    Bren erkannte, dass er in den Augen der Osadroi entbehrlich war. In ein paar Jahrzehnten würde er ohnehin sterben, und Menschen gab es viele. Mit Lisanne bei sich würde sie auf dem Heimweg nichts aufhalten. Eine Hybris, die übersah, dassdie Osadroi kaum handlungsfähig waren, wenn die Sonne am Himmel stand. Vielleicht hätte er sie überzeugen können, dass ein fähiger Befehlshaber nicht durch irgendeinen beliebigen anderen Krieger zu ersetzen war. Aber das wollte er nicht. Wenn er Elutan von Nachtstein tötete, wäre das ein Verdienst, das vor dem SCHATTENKÖNIG Erwähnung finden mochte. Zumindest Velon würde es gefallen. Bren brauchte alle Fürsprecher, die er kriegen konnte. In den nächsten Wochen würde er zum Unsterblichen werden. Oder niemals.
    »Auch ein General tötet nicht oft einen Osadro«, sagte Velon.
    Mit Bitterkeit zog Lisanne die Waffe ihres Geliebten aus der Halterung an dem Sarkophag. Die Klinge leuchtete in dunklem Orange. Drei Osadroi waren in ihrer Nähe, und Magie war gewirkt worden. Das weckte auch altes Blut.
    »Helions Mondsilberschwert ist gut dafür«, sagte sie nur.

    Grausamkeit, überlegte Bren, war eine genügsame Bestie. Sie war

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