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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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Namen«, wiederholte sie flüsternd. Es war das erste Mal, dass sie eine Formel des Kults sprach.
    Velon begrüßte die Getreuen, die sich um ihn sammelten. Bei den meisten hielt er die Hand länger, als nötig gewesen wäre, und wechselte noch einige Worte mit ihnen, die sich für Bren wie Floskeln anhörten, aber in ihrer Bedeutung weit darüber hinausgehen mochten.
    »Das dort drüben ist Xenetor«, flüsterte er Kiretta zu, um ihren Geist beschäftigt zu halten.
    »Wieso hat er Narben im Gesicht? Verheilen nicht alle Verletzungen, wenn man unsterblich wird?«
    »Er trägt sie seit Jahrhunderten. Er ist der Krieger unterden Schattenherzögen, immer bewaffnet und gerüstet. Wie bei jedem Schattenherzog ist alles, was ihn betrifft, von Legenden umrankt. Der Kult behauptet, er habe Narben, weil es ihmso gefalle. Ich glaube eher, dass sie von Mondsilber geschlagen wurden, in einer Nacht dreifachen Vollmonds.«
    »Vielleicht stimmt beides?«, überlegte Kiretta. »Ulrik war der Splitter einer abgebrochenen Pfeilspitze unter die Haut eingewachsen. Er hätte ihn herausschneiden können, aber er wollte ihn als Andenken behalten, damit er nie zu leichtsinnig würde.«
    »Das ist ihm nicht gelungen«, stellte Bren trocken fest.
    Kiretta verbarg ihr Lächeln hinter dem Fächer.
    Als Schattenfürstin Widaja zu ihnen herüberkam, ordnete sich das Gefolge hinter ihr wie ein Keil. Bren vergewisserte sich, dass Velon sie bemerkt hatte, bevor er Kiretta erklärte: »Sie herrscht über die Wetterberge, nördlich von Amdra. Niemand erschlug so viele Fayé wie ihre Truppen. Man nennt sie den Tod der Unsterblichen.«
    An diesem Namen gemessen sah sie harmlos aus. Sie war hochgewachsen und verlängerte ihre schlanke Gestalt noch durch ihre Frisur, indem sie das brünette Haar in der Form einer Lanzenspitze auftürmte. Die Damen unter ihren Anhängern imitierten dies teilweise vollkommen. Zudem schien es ein Bekenntnis der Treue zu Widaja zu sein, helle, beinahe weiße Kleidung zu tragen. Manche Hemden hatten einen Stich ins Grüne, andere waren zartblau oder sandfarben. Alle waren sie deutlich heller als bei den Gefolgsleuten der anderen Schattenherzöge, die der ondrischen Vorliebe für das Schwarz huldigten. Unter diesen war selbst das Dunkelrot von Velons Samt beinahe eine Fackel.
    »Ich wusste es!«, rief Widaja mit Blick auf Brens Flammenschild. »Man durfte ihren Namen wieder aussprechen, kurz nachdem Ihr aufgebrochen seid!«
    »Schattenherzogin!« Velon verbeugte sich leicht. »Welche Freude, Euch zu sehen.«
    »Vergebt, mein guter Velon, dass ich Euren Reisegefährten entführte. Ich musste einfach erfahren, was Ihr erlebt habt.«
    Erst jetzt entdeckte Bren Gadior in Widajas Gefolge. Die helle Kleidung war allzu ungewohnt an dem jugendlich erscheinenden Osadro. Mit einem festen Druck um den Unterarm hielt Bren Kiretta zurück, als sie zu einer Bemerkung ansetzte. Wo Unsterbliche mit Worten fochten, waren Menschen gut beraten, zu schweigen.
    Widaja löste die Augen von Lisannes Wappen. »Zu bedauerlich, dass SEINE MAJESTÄT uns heute nicht mit SEINER Anwesenheit beehren wird.« Sie wartete ab, bis sich Velons Braue lüpfte. »Man trug mir zu, der SCHATTENKÖNIG ziehe es vor, zu ruhen. Von vier Nächten erwacht ER jetzt nur noch in einer. Macht Euch keine Gedanken, mein guter Velon, Ihr wart so lange fort, niemand kann erwarten, dass Ihr vollständig im Bilde seid, was die Verhältnisse in Orgait betrifft. Wenn Ihr es wünscht, werde ich gern für …«
    Der selbstzufriedene Ausdruck floss von ihrem Gesicht, als ein Raunen durch die Menge ging. Alles wandte sich dem Portal zu. Die meisten der wenigen Menschen im Saal knieten nieder, auch Kiretta und Bren. Die Osadroi verbeugten sich, selbst die Schattenherzöge neigten die Häupter.
    Alle Osadroi besaßen eine unnatürliche, ätherische Schönheit, aber Lisanne degradierte sie wie eine schwarze Rose unter Feldblumen, als sie den Saal betrat. Die erstaunten Geräusche verstummten unter ihren lautlos schwebenden Schritten. Als nähme sie eine Gardeformation ab, bewegte sie den Kopf mal ein wenig nach links, dann nach rechts. Sie sah alles, würdigte aber niemanden mit besonderer Aufmerksamkeit. Ihr Kleid zog eine kurze Schleppe hinter sich her, die feinen Spitzen der Elfenbeinkrone wirkten bedrohlich, wie gebogene Stilette. Um ihren Hals lag ein Gespinst aus Platin, in dem schwarze Perlen glänzten.
    »Erhebt euch«, befahl sie, als sie bei Bren ankam.
    Die Worte wirkten wie eine

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