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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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an?«
    »Nein, MAJESTÄT .«
    »Warum hast du es dann getan? Jahrzehntelang?«
    »Ich brauchte Zeit zum Nachdenken.«
    Ein halbes Jahrhundert, dachte Bren. Länger als mein bisheriges Leben.
    Aber ELIEN schien die Erklärung zu akzeptieren. Für Osadroi hatte Zeit eine andere Wertigkeit. »Nun, da du nachgedacht hast – zu welchem Schluss kommst du?«
    » EUER Gesetz ist weise. Es muss befolgt werden. Ich forderte das Leben von Elutan und Goran zurück und bitte für mich selbst um eine Bestrafung, die EUCH angemessen erscheint.«
    »Dafür will ich mehr von dem wissen, was du tatest.« ER wandte sich an Bren. »Was hast du dort gesehen, wohin mein Befehl dich geschickt hat, Bren Stonner?«
    Bren musste sich überwinden, zu sprechen. »Ein Land ewiger Nacht, das Schattenherzogin Lisanne aus ganzem Herzen als seine Göttin verehrte.«
    »Gadior berichtete mir davon. Eine Göttin. Wie seltsam. Fahr fort.«
    »Die Brüder zogen sich Traumlenker heran, um die Essenz von den Schläfern zu ernten. Aber sie sind nicht mehr. Goran verging vor meinen Augen, Elutan enthauptete ich selbst. Sein Kopf ist inzwischen zerfallen. Nur seine Krone ist von ihm geblieben. Das Letzte, was ich von Tamiod sah, war das Sterben seines Volkes und der Aufgang einer nach Rache dürstenden Sonne.«
    »Waren die Menschen in diesem Land betrübt, ihre Göttin zu verlieren?«
    »Ihr Wehklagen war weithin zu hören.«
    ELIEN richtete sich auf. »Sie haben sie geliebt? Alle?«
    Unsicher sah Bren zu Lisanne, doch sie zeigte keine Regung. »Nein, MAJESTÄT . Es gab Rebellen gegen Lisannes Ordnung.«
    »Ernüchternd, nicht wahr? Immer gibt es Unzufriedene. Egal, wie man die Menschen behandelt, ob hart oder sanft, niemals sind sie alle zufrieden. Aufruhr liegt ihnen im Blut. Sie brauchen ihn, um sich zu entwickeln. Das muss man wissen, wenn man sie beherrscht. Sättigung macht sie rebellisch, mehr noch als Not. Aber sage mir, Bren Stonner, diese Brüder, waren wenigstens sie ihrer Göttin treu?«
    »Sie taten, was ihnen aufgetragen wurde.«
    »Aus Liebe?«
    Bren dachte nach. »Ich glaube, dass sie Lisanne liebten und verehrten, ja.«
    »Merkwürdig, diese Liebe. Sie fügten sich also widerspruchslos in das Schicksal, das Lisanne ihnen zuteilte?«
    Zögernd schüttelte Bren den Kopf. »Goran bat mich, seinen Bruder zu beseitigen, auf dass er allein herrsche.«
    ELIEN lachte. Es klang, als könne ER damit alle Lichter der Welt ersticken. »Was soll ich noch mehr hören, Lisanne? Du strebst in allem nach Vollkommenheit, aber wenn es um Menschen geht, ist sie schwierig zu erreichen, noch schwieriger zu erhalten. Ein Bild ist irgendwann fertig. Ein Mensch niemals. Man muss sie ständig hegen. Glaubst du, du bist geschickter darin als ein Schattenkönig?«
    »Natürlich nicht, MAJESTÄT «, hauchte sie.
    Wieder stützte ER sich auf den Sarkophag. »Ich kann weiter zurücksehen als du und auch weiter voraus. Ich weiß, was gut und richtig für dich ist, Lisanne. Das hier«, ER nickte zu dem Sarkophag vor sich, »ist es nicht. Es ist eine Beleidigung deines gesamten Wesens, sich an etwas so Unvollkommenes zu binden.«
    »Wo die Schatten noch nicht gefallen sind, sagt man, unsere bloße Existenz sei eine Beleidigung«, flüsterte Lisanne.
    »Oh, das ist sie. Eine Beleidigung schwacher, vergangener Götter. Ich aber bin weder schwach noch vergangen.«
    »Nein, MAJESTÄT . EUER Wille ist das Maß der Welt.«
    »Und doch willst du dich nicht fügen.«
    »Ich kann nicht, MAJESTÄT . Wenn meine Unfähigkeit EUCH beleidigt, dann vernichtet mich.«
    ELIEN runzelte die Stirn. »All diese Zeit, all die Träume, all die Essenz und du hast nichts erreicht, nicht wahr? Wenn ich dieses Behältnis öffnete, fände ich ihn in Stasis, wie damals, in Ilions Palast im Nachtschattenwald. Dem Verfall entzogen, aber auch der Teilhabe am Leben.«
    »So ist es«, bestätigte sie. »Aber ich habe etwas erreicht. Ich kann ihn fühlen, manchmal, und er spürt meine Gegenwart.«
    »Doch das reicht dir nicht, und deswegen kommst du zu mir gekrochen.«
    » EURE Macht über die Schatten vermag, was mir unmöglich ist.«
    »Doch mein Wille, Lisanne … mein Wille steht dem entgegen.«
    Brens Herz setzte einen Schlag aus, als Lisanne auf die Knie sank und zu ihrem König aufsah. »Ich bitte EUCH , MAJESTÄT . Fordert, was immer IHR begehrt.«
    »Steh auf. Dein Schauspiel ist unwürdig.«
    Sie gehorchte.
    »Ich werde sein Leben nicht zurückrufen, aber ich könnte dir gestatten, ihn in die

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