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Knecht – Die Schattenherren II

Knecht – Die Schattenherren II

Titel: Knecht – Die Schattenherren II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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Wesen hier, im Nordschattenland, würde bewahren können. Er ging zu ihr und küsste sie. Durch ihre Position auf dem Schemel war sie etwas größer als er, was ihr sichtlich gefiel. Die Spitze ihres Hakens kitzelte seinen Nacken.
    »Ich insistiere!«, keifte die Schneiderin. »Ihr müsst stillhalten, sonst verderbt Ihr das ganze Kleid!«
    »Ja doch«, seufzte Kiretta und richtete sich wieder gerade auf.
    Missmutig zog die Schneiderin den Stoff zurecht. Sie würdigte Bren keines Blickes. Die Art, wie sie die Nadel führte, hatte Ähnlichkeit mit Dolchstößen.
    Bren fand Kirettas Wandlungsfähigkeit erstaunlich. Als sie sich nähergekommen waren – auf der Reise über das Meer der Erinnerung, durch Flutatem, den Nachtschattenwald der Fayé, dann durch Ondrien –, hatte sie ihm anvertraut, dass sie aus den Beutestücken ihrer Seeräuberzeit immer Kleidung gewählt hatte, wo andere begierig auf Gold und Waffen gewesen waren. Sie trug ungern zweimal das gleiche Hemd. So hatte sie auf dem Ritt nach Norden immer wieder Neues ausprobiert, feste Umhänge, einen Lederharnisch, Pelz. Jetzt eben ein Ballkleid, und auch dieses stand ihr gut, was sicher nicht nur der Kunst der Schneiderin zu verdanken war. Kirettas Muskeln waren auffällig stark für eine Dame, und der wuchtige Haken war natürlich etwas, das man am Hof von Ondrien noch nie gesehen hatte, aber vielleicht mochte beides eine neue Mode setzen.
    »Warum lachst du?«, fragte Kiretta.
    Er schüttelte den Kopf. Die Vorstellung von jungen Damen, die sich mit Gewichten um Kräftigung mühten, wie man es im Süden in den Tempeln des Stiergottes tat, und überlegten, ob sie sich um der Schönheit Willen eine Hand abschneiden und durch einen Haken ersetzen sollten, war nicht leicht zu erklären, vor allem nicht, solange die Schneiderin und ihre Zofen hier waren. Er wandte sich ab und verbarg sein Lächeln, als er sich bei der Überlegung ertappte, wie die Zofen wohl ihre Arbeit täten, mit einer Hakenhand. Vielleicht würden ihre Modelle nicht in einem Dorn auslaufen, sondern in einem Nadelkissen.
    »Könnt Ihr Euch nun doch einmal bewegen?«, bat die Schneiderin. »In den Schultern drehen.« Kritisch beäugte sie ihr Werk, als Kiretta die Arme abwinkelte und sich zur Seite wandte. »In Ordnung, jetzt andersherum, wenn es Euch gefällt.« Sie seufzte. »Nicht perfekt, aber es muss wohl reichen. Die Sonne ist bereits untergegangen.«
    Kirettas Zimmer lag oberirdisch, in einem Seitenflügel des Palasts des SCHATTENKÖNIGS . Durch die Fenster sah man das letzte Leuchten der Abenddämmerung über der schneebedeckten Ebene, die sich hinter der Stadt erstreckte. Bren dagegen war in einer tiefen Kammer untergebracht, neben Lisanne. Als Schildritter musste er seine Herrin schützen.
    »Sehr richtig«, sagte Bren. »Wir werden erwartet.«
    Die Schneiderin funkelte ihn an. »Wer pünktlich ist, kennt seinen Wert nicht.«
    »Vor dem Angesicht des SCHATTENKÖNIGS hat niemand einen Wert«, versetzte Bren.
    Dennoch bestand die Schneiderin darauf, die Borte einer letzten Inspektion zu unterziehen. Erst dann zog sie sich mit ihren Zofen zurück.
    Kiretta stieg vom Schemel. »Nimm mich in die Arme. Hier ist es immer kalt.«
    Der Flammenschild auf seinem Rücken schränkte Brens Bewegungsfreiheit ebenso ein wie der Schuppenpanzer, der erst vor einer Stunde vom Rüstungsmacher zurückgekommen war. Die zuvor notdürftig ausgebesserte Stelle, wo ihm in der Feuerburg die Wunde geschlagen worden war, war nicht mehr vom umliegenden Panzer zu unterscheiden. In Orgait arbeiteten nur die Besten ihres jeweiligen Handwerks. Aber Brens Kleidung war nicht für Zärtlichkeiten geeignet.
    Er küsste Kirettas Nasenspitze. »Bist du sicher, dass du nicht bereust, mit uns gekommen zu sein?«
    »Eine Kapitänin ohne Schiff ist keine Kapitänin«, nuschelte sie in seine Brust. Die Mordkrake hatte man nach der Fahrt unter dem Seelennebel hindurch nicht mehr ein Schiff nennen können. Sie war ein völlig verformtes, notdürftig schwimmendes Etwas gewesen. Sie hatten Holz geschlagen und Flöße daraus gezimmert, um sie überhaupt in den Hafen von Ejabon schleppen zu können, denn die Beiboote waren wie die Masten mit dem Schiff verwachsen und damit unbrauchbar gewesen. Zu ihrem Glück hatten sie noch zwei Piratenschiffe angetroffen, sodass die Gildenmeisterinnen – Birra, Nerate und die neu ernannte Yasinka – nicht auf den Gedanken hatten verfallen können, ihre Schwäche auszunutzen, und überdies die Fahrt

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